Gewalt an Frauen: Männerberatung gefordert

Durch die letzten Fälle von Frauenmorden in Österreich ist wieder eine Diskussion um Gewalt in der Familie entbrannt. Eine Forderung lautet, dass die Polizei bei einer Wegweisung die Daten der Täter sofort an eine Gewaltberatungsstelle weiterleitet.

482 Mal ist es im vergangenen Jahr zu Wegweisungen durch die Polizei gekommen. Mehr als einmal täglich spricht die Kärntner Polizei damit statistisch gesehen ein Betretungsverbot aus. Der Gewalttäter darf sich damit seinem zu Hause vorerst zwei Wochen nicht nähern. Männer die sich danach freiwillig in eine Beratung begeben, setzen sich oft erstmals mit dem Geschehenen auseinander.

Gewalt an Frauen

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Mehr als einmal täglich spricht die Kärntner Polizei Betretungsverbote aus

Wegweisung: Kritische Phase als Chance

Rainer Tripolt ist seit mehr als 30 Jahren bei der Polizei und befasst sich seit langem mit der Täterarbeit. Neben seiner Arbeit als Polizist ist er auch Obmann der Man(n)agement - Beratungsstelle gegen Gewalt, einer Beratungsstelle für Männer. Wenn der Gefährder aus der Wohnung weggewiesen wird, sagte Tripolt, befinde er sich in einer neuen, ihm unbekannten Situation. „Es ist eine kritischen Phase. Möglicherweise gibt es dadurch Potential für mehr Gewalttaten. Gleichzeitig wissen wir aber auch, dass Männer genau in dieser Phase - sehr nahe an der Gewalttat - dann erschrecken und aufwachen und quasi abholbereit für Beratung sind.“

Die Polizei, die die Gewalttäter von zu Hause wegweist, fordert schon lange, dass deren Daten automatisch an Gewaltberatungsstellen weitergegeben werden dürfen. Landespolizeidirektorin Michaela Kohlweiß sagte, dass dieses Anliegen bereits im vorigen Jahr an die Bundesregierung herangetragen worden sei. Diese Forderung müsste ins Sicherheitspolizeigesetz aufgenommen werden. „Wir brauchen einen umfassenden Gewaltschutz und daher brauchen wir auch eine Täterarbeit im Sinne des Opferschutzes und die kann nur gelingen, wenn die Gewaltberatungsstellen auch die Daten der Täter zur Verfügung haben“, sagte Kohlweiß.

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Gewaltschutz: Entschiedenheit bei Opfern wichtig

Bei der Beratung der Opfer gibt es bereits eine automatische Weitergabe der Daten. Binnen 24 Stunden nach einer Wegweisung nimmt das Gewaltschutzzentrum Kontakt mit dem Opfer auf. Eine Ausweitung dieses Systems auf die Täter wird hier aber nicht nur positiv gesehen.

Roswitha Bucher vom Gewaltschutzzentrum sagte, es gebe durch die Beratung der Täter auch Risiken, etwa, dass Frauen nicht entschieden genug Schritte setzen, um aus einer Gewaltbeziehungen auszusteigen. „Unsere Erfahrung ist, dass die Opfer dann sagen, ich möchte ja nur, dass die Gewalt beendet ist und er tut jetzt eh etwas, er ist eh in Beratung. Die Verlockung ist dann bei den Opfern sehr groß, zu sagen, ich warte jetzt einmal ab.“ Die Lösung für alle Beteiligten kann wohl nur ein intensiver Austausch zwischen Gewaltberatungsstellen und Opferschutz sein.