EU sagt „Nein“ zu Kärntner Glyphosatverbot

Die EU-Kommission will das Kärntner Glyphosatverbot in der aktuellen Form nicht akzeptieren. Das Verbot des Unkrautvernichters sei „zu wenig begründet“. Kärnten will weiter an dem Verbot arbeiten.

Kärnten beschloss das Verbot des umstrittenen Unkrautvernichtungsmittels Glyphosat im Jänner. Ein Produkt, das EU-weit zugelassen ist, regional zu verbieten, erwies sich allerdings als rechtlich schwierig. Am Mittwoch wurde bekannt, dass es von der EU vorerst ein Nein zum regionalen Verbot gibt. Die EU habe in einem Schreiben von Mitte März „ernsthafte Bedenken“ gegen das Kärntner Verbot geäußert, informierte der grüne EU-Abgeordnete Thomas Waitz.

EU: „Glyphosatverbot nicht ausreichend begründet“

Die Abfuhr aus Brüssel kommt wenig überraschend, zumindest für Juristen. Ein vollständiges Verbot von Glyphosat würde den grundlegenden Vorschriften über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln widersprechen, teilte die Kommission mit. Die EU-Mitgliedsstaaten müssten sämtliche Pflanzenschutzmittel individuell prüfen, erst dann könnten sie Zulassungen verweigern.

Die Kommission vermisst im Kärntner Gesetzesentwurf außerdem Angaben dazu, warum die Zulassung von Glyphosat aufgrund „spezifischer ökologischer oder landwirtschaftlicher Bedingungen“ verweigert wird. Auch das angeführte Argument, dass das Glyphosatverbot zum Schutz der Gewässer und der Trinkwasserversorgung notwendig ist, wird laut EU nicht ausreichend begründet.

Waitz: EU und Umweltministerium in der Pflicht

EU-Abgeordneter Waitz fordert von der EU-Kommission, „einen gangbaren Weg aufzuzeigen, wie nationale Verbote von Glyphosat möglich wären - vergleichbar mit den bereits möglichen nationalen Gentechnikverboten“.

Außerdem forderte er Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) auf, selbstständig tätig zu werden. Die Ressortchefin solle national jegliche Maßnahmen ergreifen, die rechtlich möglich sind. Die Zulassungen der meisten Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Glyphosat laufen demnach heuer aus. Österreich müsse die Verlängerungen verweigern, so der Wunsch des grünen EU-Abgeordneten.

Kärntner Verordnung bleibt aufrecht

Österreich hatte bei einer Abstimmung Ende November in Brüssel über eine EU-weite Neuzulassung des Pflanzengifts mit „Nein“ gestimmt. Das Land Kärnten untersagte daraufhin Ende Jänner mit einer Verordnung die Verwendung von Glyphosat und ähnlichen Pestiziden auf „sensiblen öffentlichen Flächen“. Dazu gehören Krankenanstalten und Pflegeeinrichtungen, Schulen, Kindergärten, Horte, Kinderspielplätze, öffentliche Park- und Gartenanlagen sowie Sport- und Freizeitplätze. Der damalige Umweltlandesrat Rolf Holub (Grüne) sprach von einem „umweltpolitischen Meilenstein“. Diese Verordnung bleibt laut Holub aufrecht und vom EU-Nein unberührt.

Kärnten hält an Verbot fest

Von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) hieß es am Mittwoch, man werde sich weiter für ein Kärntner Glyphosatverbot einsetzen: „Wir nehmen die Entscheidung zur Kenntnis und werden jetzt gemeinsam mit der Europäischen Kommission andere Möglichkeiten suchen, um dieses Unkrautgift weitestmöglich zu verbannen.“ Laut Kaiser laufen bereits Gespräche mit Vertretern der EU-Kommission, um andere Wege zu finden und ein europaweites „Best practice-Beispiel“ zu erarbeiten.

Trotz wenig überraschender EU-Ablehnung sei das Kärntner Verbot wichtig, sagte Kaiser: „Es geht ja auch darum, Bewusstsein dafür zu schaffen, dass man mit gefährlichen Stoffen nicht leichtfertig umgehen kann und nicht alles der Produktionsmaximierung unterwerfen kann.“ Jedenfalls erwarte er sich auch seitens der österreichischen Bundesregierung und dem Umweltministerium deutlich mehr an Unterstützung. Umweltministerin Köstinger müsse „einmal ganz deutlich artikulieren, ob sie für ein Glyphosat-Verbot ist, oder nicht“.

Greenpeace: EU muss Versprechen einhalten

Greenpeace werde die Kommission befragen, wie ein solches österreichisches Glyphosatverbot umgesetzt werden kann, kündigte die Umweltschutzorganisation Greenpeace in einer Aussendung an. „Die EU-Kommission muss den Weg für ein glyphosatfreies Österreich ebnen. Schließlich hatte sie den Mitgliedsstaaten versprochen, dass die Staaten das Pflanzengift im eigenen Land verbieten können“, betonte Sebastian Theissing-Matei, Landwirtschaftssprecher von Greenpeace Österreich. Er forderte Umweltministerin Köstinger ebenfalls dazu auf, glyphosathaltigen Produkten keine weiteren Zulassungen zu erteilen.

Global 2000: Präzedenzfall droht

Die Umweltschutzorganisation Global 2000 übte am Mittwoch Kritik an der EU-Entscheidung. Im August 2016 habe der für die Wiederzulassung von Glyphosat verantwortliche Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis argumentiert, dass „die Mitgliedsstaaten Pflanzenschutzmittel in ihrem Hoheitsgebiet zulassen können, aber nicht dazu verpflichtet sind“.

Ein wesentliches Argument für das Kärntner Verbot sei eine Einschätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gewesen. Diese stufte Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend für den Menschen“ ein. Mit der kritischen Stellungnahme aus Brüssel drohe nun ein Präzedenzfall, sagte Umweltchemiker Helmut Burtscher-Schaden. Global 2000 appelliert deswegen an die Kärntner Politik, am Glyphosatverbot festzuhalten.

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