Betrug: Angeklagter sieht sich als Opfer

Ein Betrugsprozess am Landesgericht Klagenfurt um fingierte Bauprojekte in der Slowakei ist am Donnerstag mit der Befragung der zwei Kärntner Angeklagten weitergegangen. Beide hätten dem Erstangeklagten vertraut, sie plädierten auf nicht schuldig.

Bei dem Prozess geht es um über acht Millionen Euro, die den Österreichische Firmen von drei Männern - mit Blick auf äußerst lukrative Bauaufträge in der Slowakei - herausgelockt worden sein sollen. Als Haupttäter wird ein Ungar geführt, der mit zwei Kärntnern die Geschäfte eingefädelt haben soll. Der Ungar gestand seine Schuld bereits, er soll die Firmen um neun Mio. Euro betrogen haben - mehr dazu in Geständnis bei Millionenbetrugsprozess.

Mitangeklagte „vertrauten“ Ungarn

Die beiden Kärntner Angeklagten, ein Baunternehmer und ein Bauleiter, bekannten sich schon zu Beginn des Prozesses nicht schuldig. Sie seien selbst auf den Ungarn hineingefallen. Bei der Befragung durch das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Gernot Kugi sagte der 39 Jahre alte Bauunternehmer, er habe dem Ungarn voll vertraut. Er habe die Kontakte zu den Ministerien in der Slowakei hergestellt und alles übersetzt. Der Staatsanwalt wirft ihm gewerbsmäßig schweren Betrug in Höhe von 4,9 Mio. Euro vor.

Sanierung von Plattenbauten

Der Kärntner erklärte in seiner Einvernahme, er sei 2009 über einen anderen „bodenständigen Kärntner Unternehmer mit gutem Ruf“, dem er vertraut habe, zu dem Projekt in der slowakischen Stadt Senica gekommen. Dort hätten Plattenbauten mit EU-Förderungen saniert werden sollen. Bei dieser Gelegenheit habe er den Erstangeklagten kennengelernt, der sich ihm als Übersetzer und Angestellter der Stadt, beauftragt für Bauprojekte, vorgestellt habe. Ob er sich nicht gewundert habe, dass ein Übersetzer für die Abwicklung von Millionenprojekten zuständig sein sollte, fragte ihn der beisitzende Richter des Schöffensenats, Christian Liebhauser-Karl. Das habe er nicht hinterfragt, er sei davon ausgegangen, dass es stimme, sagte der Angeklagte.

300.000 Euro Gebühren bezahlt

Er habe dem Erstangeklagten für dieses erste Projekt unter anderem 300.000 Euro für „Auftragserrichtungsgebühren und Auftragsänderungsgebühren“ in die Hand gedrückt und dieser habe sie dann eingezahlt. „Was genau soll das sein?“ fragte Liebhauser-Karl. „Für die Errichtung des Vertrags“, lautete die Antwort. „Haben Sie eine Rechnung dafür gesehen?“ Diese Frage verneinte der Angeklagte. Erst im März 2012 habe er dann festgestellt, dass er betrogen worden sei.

„Sie erzählen mir, Sie haben als Bauunternehmer drei Jahre gebraucht um draufzukommen, dass das Projekt ein Fake ist“, meinte der Vorsitzende des Schöffensenats, Richter Gernot Kugi. Der Erstangeklagte habe ihm immer wieder erklärte, dass sich das Projekt verzögerte, sagte der Angeklagte. Anzeige habe er keine erstattet, als sich alles als Betrug herausgestellt habe. Dazu sei er „zu fertig“ gewesen.

Gelder dem „Übersetzer“ ausgehändigt

Der angeklagte Kärntner Bauunternehmer, der laut eigenen Angaben seit 2006 selbstständig war, stieg bei weiteren slowakischen Sanierungsprojekten ein. Das sei auf Empfehlung des Ungarn und unter anderem auch eines slowakischen Kommunalpolitikers geschehen, sagte er. Dazu holte er in Folge „Subunternehmer“, von denen er immer wieder Geldbeträge erhielt, die er dem „Übersetzer“ in der Slowakei übergab.

„Sie bringen jedes Geld, das Sie bekommen, in die Slowakei, ist das so ein Automatismus bei Ihnen? Wofür?“, fragte Kugi. „Für irgendwelche Gebühren“, antwortete der Angeklagte. Für welche, konnte er nicht spezifizieren. Bestätigung habe er nie eine verlangt oder bekommen. Er habe dem Ungarn vertraut. Mehrere Jahre lang erhielt dieser für „Gebühren“ hohe Geldbeträge. „Haben Sie das jemals überprüft?“, fragte Kugi. „Nein, habe ich nicht“, antwortete der Kärntner.

Ungar verwendete falschen Namen

Der Angeklagte gründete in Bratislava die „Green Building“. Der Ungar, den er zu diesem Zeitpunkt laut eigenen Angaben unter einem anderem Namen als dem amtlichen kannte und von dem er auch nicht gewusst habe, dass er entmündigt war, wickelte ohne handelsrechtliche Befugnis die Geschäfte ab. Er selbst hätte das aufgrund fehlender Kenntnisse der slowakischen Sprache und der slowakischen Gesetzeslage nicht gekonnt, sagte der Kärntner. Die Arbeiter, etwa 30 bis 40, die bei diesem Unternehmen angestellt waren, seien in Österreich eingesetzt, die Abgaben in der Slowakei entrichtet worden, erzählte er.

Im Laufe des Engagements in der Slowakei unterzeichnete der Angeklagte auch verschiedene Darlehensverträge und Zahlungsbestätigungen, bei denen aber nie Geld geflossen ist. „Juristisch nennt man das Lugurkunden“, sagte Liebhauser-Karl.

Auch zweiter Angeklagter „nicht schuldig“

Dem dritten Angeklagten, einem Bauleiter, wirft der Staatsanwalt gewerbsmäßig schweren Betrug in Höhe von mehr als 165.000 Euro vor. Der Angeklagte bekannte sich wie schon der Kärntner Bauunternehmer am Vormittag nicht schuldig. Der Angeklagte erzählte, er sei bei dem Zweitangeklagten, dem Kärntner Bauunternehmer, angestellt gewesen, als dessen Baufirma 2009 bei dem Sanierungsprojekt in der slowakischen Stadt Senica eingestiegen sei. Als dann jener Bauunternehmer, der sie zu diesem Projekt dazu geholt hatte, in Konkurs ging, übernahmen er und sein Chef als Geschäftsführer dessen Unternehmen, um die Fassadensanierung in der Slowakei fortführen zu können.

Projekte „plausibel“ erschienen

Ihm seien die Projekte plausibel erschienen, meinte der Kärntner. Denn man habe unter anderem auch mit den Bürgermeistern der Städte, in denen die Projekte hätten verwirklicht werden sollen, zu tun gehabt. Von einem Architekten gezeichnete Pläne habe er ebenfalls gesehen. Weiters habe er unter anderem auch Bargeld in die Slowakei mitgenommen. Wofür das Geld gewesen sei, habe er nicht gewusst.

In Folge gründeten er und der mitangeklagte Bauunternehmer die „Green Building“ in Bratislava, sie seien beide Geschäftsführer gewesen. Der Vorschlag zu dieser Firmengründung sei vom Ungarn gekommen. Dieser habe ihnen erklärt, die dort beschäftigten Arbeiter würden mit EU-Geldern gefördert. Das sei ein „Ausbildungsprogramm“. Er selbst habe „manchmal etwas unterschrieben“, aber sich sonst um nichts gekümmert. Wie sein Co-Geschäftsführer habe auch er erst 2012 erfahren, dass das ganze Konstrukt auf Betrug beruhte, sagte er. Er fühlte sich sowohl vom Erstangeklagten als auch von den involvierten Politikern getäuscht.

„Irgendein Projekt“ in Griechenland

„Sie haben bei einem Projekt auch eine Vereinbarung unterschrieben, in der ein Baubeginn für spätestens Juni 2010 vorgesehen war. Haben Sie nie nachgefragt, was mit dem Baubeginn ist?“, fragte der beisitzende Richter des Schöffensenats, Christian Liebhauser-Karl. Ja, aber da sei irgendwas mit Griechenland gewesen, das Projekt sei nachgestellt worden, antwortete der Angeklagte. Die Hauptverhandlung wurde für Zeugenbefragungen auf 13. Juni vertagt.