Praxis und Wünsche bei Drogenprävention

Barbara Drobesch-Binter von der Landesstelle für Suchtprävention und Gottlieb Türk, Leiter des Landeskriminalamtes, geben Einblick in die Arbeit der Drogenermittler und Therapeuten. Ein wichtiges Element bei der Vorbeuung seien aufmerksame Angehörige und Lehrer.

Herbert Rogl vom Landeskriminalamt sagt: „Das ist wie eine Hydra, bei der sie einen Kopf abschlagen, sobald sie ein, zwei Dealer aus unserem Verkehr ziehen, kommen sofort junge Männer nach, die den Job übernehmen. Speziell in den von uns bekannten Problemfeldern in Klagenfurt und in Villach.“

Drogen sind fast überall und leicht erhältlich, ein Süchtiger über den einfachen Zugang: „Ich schau einfach, dass ich mich in Richtung St. Ruprecht, Südpark oder auch zum Bahnhof bewege. Da steigen die Afrikaner herum in der Gegend. Ich brauch nur rübergehen. Wenn der eine Dealer das nicht hat, dann weiß er sofort einen anderen und vermittelt mich weiter und das geht halt sehr schnell. Oft einmal brauchst du gar nicht suchen, sondern die finden einen. Die scheuen vor nichts zurück, ob das jetzt ein Jugendlicher ist oder nicht. Die haben billige Preise für diesen Ramsch. Das ist ein Dreck was die da haben.“

Symbolbild Sucht leere Flasche Mediamentenverpackung

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Drogen in Kombination mit Alkohol und Medikamenten stellen einen gefährlichen Mix dar.

Suchtmittel-Anzeigen um 30 Prozent gestiegen

Aus dem Suchtmittelbericht des Jahres 2017 geht hervor, dass in Kärnten die Anzeigen nach dem Suchtmittelgesetz über 30 Prozent gestiegen sind. In Kärnten gab es im letzten Jahr 2.210 Anzeigen. Der Anstieg könnte mit der erhöhten Ermittlungsarbeit der Polizei zu tun.

Gottlieb Türk, der Leiter des Landeskriminalamtes, erklärt: „Suchtmitteldelikte sind sogenannte Kontrolldelikte. Im Vergleich zu anderen Delikten sind Suchtmitteldelikte welche, die von der Polizei durch aktives Tun, durch die Ermittlungsarbeit, aufgedeckt wurden. Sonst würden wir von diesen nie erfahren. Das heißt wir haben uns bei der Polizei Kärnten die Suchtmittelkriminalitätsbekämpfung zum Schwerpunkt gemacht."

Weltweit so viele Drogen im Umlauf wie noch nie

Österreichweit verdoppelte sich in den letzten zehn Jahren die Zahl der Anzeigen nach Suchtmitteldelikten, so Türk. Das sei eine internationale Entwicklung, weil weltweit so viele Drogen am Markt sind wie noch nie. Das habe mit den steigenden Anbauflächen, mit dem möglichen Preisfall, aber auch mit der steigenden Qualität der Suchtgifte zu tun. Dazu käme laut Türk noch die Möglichkeit über das Internet, besonders über das „Dark Net“, anonym und somit leichter Drogen zu bestellen.

Expertin warnt vor Drogencocktails als Gefahr

Nach Barbara Drobesch-Binter von der Landesstelle für Suchtprävention gäbe es vom Land Kärnten eine Arbeitsgruppe, die versuche, die Gründe für den erhöhten Konsum festzustellen: „Es gibt aber keinen roten Faden oder die Ursache. Es ist aber eine Tatsache, dass es in fast allen Fällen einen Mischkonsum gegeben hat“, sagt Drobesch-Binter. Bei diesen sogenannten Drogencocktails werden Suchtmittel mit Medikamenten wie Tranquilizern, also Beruhigungsmitteln oder Schlaftabletten in Kombination mit Alkohol konsumiert. Diese Mischung sei für einen Körper, der schon über Jahre mit Suchtgift vollgepumpt wird, eine sehr gefährliche Mischung, die tödlich enden könne.

Im Drogenbericht 2017 kommen auch viele junge Menschen vor, die noch nicht so lange Kontakt mit Drogen haben, sagt Drobesch-Binter: „Gerade bei ihnen kommt es vor, dass sie die Gefahr vollkommen unterschätzen. Die haben keine Erfahrung mit dem Umgang, mit den diversen Substanzen, nehmen querbeet alles, was sie bekommen und fallen leicht in eine Überdosis."

Lehrer und Eltern sollen Augen offen halten

Prävention sei das Stichwort. Seitens des Landes gibt es die Drogenprävention. Ihr Ansatz wäre laut Drobesch-Binter, mit Pädagogen zu arbeiten die tagtäglich mit jungen Menschen zu tun haben. Die Pädagogen sollen in ihrem täglichen Umgang die jungen Menschen sensibilisieren und aufklären: „Das beginnt schon in der Volksschule und auch in der Unterstufe und der Neuen Mittelschule. Aber die Schule alleine kann keine Wunder wirken, gefordert sind auch die Eltern in ihrer täglichen Erziehungsarbeit und nicht nur in der Pubertät sondern je früher man hinschaut desto besser.“

Ängste, Sorgen und Anzeichen ernst nehmen

Es gäbe Anzeichen auf die man als Elternteil reagieren könne. Ist das Kind auf einmal ruhiger oder ändert es seinen Freundeskreis oder hat es oft rote Augen? Eltern müssten genau hinschauen und vor allem die Ängste und Sorgen ihrer Kinder ernst nehmen. Auch selbst informieren würde helfe. „Auf jeden Fall nichts schönreden oder totschweigen. Das Schlimmste, was das Umfeld machen kann, ist Nichtstun. Das Vorleben ist auch ein wichtiges Thema. Ich kann meinem Kind nicht verbieten nicht zu rauchen, wenn ich selbst rauche“, sagt Drobesch-Binter.

Experte: Themen offen ansprechen

Primarius Wolfgang Wladika von der Abteilung für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters am Klinikum Klagenfurt, sagt, es müsse von frühster Kindheit und Jugend an offen mit dem Thema umgegangen werden. Auch der Medienkonsum spiele eine wesentliche Rolle: „Auch die Eltern sollten offen damit umgehen, was sie mit ihren süchtigen Anteilen tun - wenn die Eltern zum Beispiel permanent am Handy sind oder das Tablet in der Hand haben dann ist es schwierig, darüber zu diskutieren.“

Das Vorleben würde auch schon mit kleinen Dingen anfangen, sagt Drobesch-Binter: „Vorleben bedeutet auch, den Kindern nicht immer gleich Baldrian zur Beruhigung zu geben. Das ist die falsche Botschaft. Das Kind lernt so von klein auf, dass man mit unangenehmen Gefühlen nicht selbst umgehen muss sondern einfach etwas schlucken kann und vorrübergehend sind die Probleme weg.“

Primarius Wolfgang Wladika Angela Ellersdorfer Truntschnig

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Primarius Wolfgang Wladika im Studiogespräch mit Moderatorin Angela Ellersdorfer-Truntschnig

Polizei setzt auf internationale Zusammenarbeit

Mit ihren Projekten zur Drogenprävention seien letztes Jahr in etwa 12.000 Jugendliche erreicht worden. Entscheidend sei die grenzübergreifende Kooperation mit Ländern entlang der Balkanroute: "Wir arbeiten mit der slowenischen Polizei zusammen. Ohne internationale Zusammenarbeit geht es nicht mehr.“ Da das Internet eine große Verkaufsplattform für Drogen wurde, die Drogen aber immer noch per Post geliefert werden müssen, arbeite die Polizei auch mit dem Zoll und etwa Flughäfen oder Bahnhöfen zusammen.

Viele nicht zur Therapie bereit

Drogensüchtig zu sein ist eine schwere psychiatrische Erkrankung. Zwei Drittel der Süchtigen sind Männer im Alter zwischen 20 und 30 Jahren. „Es wird niemand von heute auf morgen süchtig und es wird auch niemand absichtlich süchtig, sondern je nach Substanz entwickelt sich das. Das ist das Heimtückische: Sich vorzureden dass man alles im Griff hat und dass man noch nicht süchtig sei, obwohl man es schon ist“, sagt Dobresch-Binter. In den meisten Fällen würden sich Süchtige ihre Krankheit nicht eingestehen. „Da muss man einfach schauen, wie man die Leute noch früher und noch besser in eine Therapie bekommt. Man kann niemanden zwingen, Hilfe anzunehmen.“

Wenige Therapieplätze als großes Problem

Kärntenweit werden rund 1.500 Klienten in diversen Einrichtungen betreut. Abhängig sind landesweit rund 5.000 Menschen. Die meisten Suchtkranken würden eine ambulante Therapie machen wollen, weil eine stationäre Therapie einige Monate dauert. Auf eine Therapie würde man aber oft drei bis vier Monate warten. Viele Drogensüchtige würden sich in dieser Zeit umentscheiden und doch keine Therapie mehr machen wollen.

„Es gilt, diese Zeit der wenigen Betten jetzt noch zu überbrücken. Es wird mit der neuen Psychiatrie in Klagenfurt eine eigene Drogenstation geben“, sagt die Expertin. Die langen Wartezeiten kämen auch davon, dass man zuerst einen Antrag stellen müsse. Den Antrag brauche das Land Kärnten, um zu überprüfen, ob es einen Strafantrag bei der betreffenden Person gäbe. Nur wenn es keinen Strafantrag gibt, übernimmt das Land die Therapiekosten.