Von der Putzfrau zur Operndiva

Als junges Mädchen hat Natalia Ushakova von einer Karriere als Opernsängerin geträumt. Um der Oper nahe zu kommen, bewarb sie sich als Putzfrau in der Oper St. Petersburg. Mittlerweile sind die Bühnen auf der ganzen Welt ihr Arbeitsplatz.

Mit Rene Kollo tritt Ushakova am Dienstag um 20.00 Uhr auf der Burgruine Finkenstein auf. Sie sei enorm stolz darauf, mit einer Bühnen-Legende wie Kollo gemeinsam aufzutreten: „Er war der beste Wagner-Tenor aller Zeiten. Er liebt verschiedene Operetten-Arien - von ‚Dein ist mein ganzes Herz‘ bis hin zu ‚Schenkt man sich Rosen in Tirol‘. Das trifft auch ganz genau meinen Geschmack, weil ich Operetten über alles liebe“, sagt Natalia Ushakova.

Nicht nur schwierige, dramatische klassische Arien ziehen sie an, sondern auch lustige Stücke. Sie liebe die Operette wegen der Lebenslust, die sie verströme, erklärt die Künstlerin: „In den Opern stirbt man oft. Ich kann schon relativ gut sterben. Dann weinen alle. In den Operetten hingegen sind alle lustig, alle verlieben sich und Paare kommen zusammen“, so die Sopranistin.

Natalia Ushakova

Petra Benovsky

Natalia Ushakova

„Kollo gibt mir das Gefühl er singt nur für mich“

Ihr Bühnenpartner, Rene Kollo, lege enorm viel Gefühl in die Darstellung seiner Rollen und er habe eine ganz besondere Art, wenn er gemeinsam mit Frauen auf der Bühne stehe, sagt die Sopranistin: „Wenn er mit mir singt habe ich das Gefühl, dass er in mich verliebt ist. Er schaut mir ganz tief in die Augen, nimmt meine Hand und eigentlich habe ich das Gefühl, als würde er das, was er singt, nur für mich singen. Das ist wunderschön. Er ist nicht nur attraktiv, sondern auch eine großartige Person und ein großartiger Künstler“, schwärmt Ushakova.

Ihr Mann sei ob ihrer Begeisterung für den 80-Jährigen mitunter auch eifersüchtig: „Wir sind so alt, wie wir uns fühlen und ich glaube, Rene fühlt sich sehr jung. Ich bin sehr glücklich, dass ich immer so tolle Partner habe wie Placido Domingo, Jose Carreras oder Jonas Kaufmann. Aber die Frauenherzen schlagen trotzdem für Tenöre. Das sind immer die Liebhaber und voller Leidenschaft. Da schmilzt das Herz der Frauen sofort dahin und wir liegen ihnen zu Füßen.“

Schon als kleines Mädchen zog es sie auf die Bühne

Das Singen sei schon immer ihre Leidenschaft gewesen. Schon mit vier Jahren habe sie das Bedürfnis verspürt, auf der Bühne zu stehen, sagt sie: „Ich bin in Russland aufgewachsen. Damals, mit vier, hatte ich noch keine langen Haare. Deshalb wurde ich angezogen wie ein Bub. Ich machte mir nichts daraus und war immer fröhlich. Ich habe wohl gemerkt, dass meine Stimme sehr laut ist. Ich habe mit Freude gesungen und dazu getanzt und dann auch mir selbst applaudiert. Die Leute lachten und sagten: ‚So ein toller Bub‘. Manche schenkten mir ein Eis oder andere Sachen und ich dachte mir, das wäre ein toller Beruf für mich.“

Sie habe dann die Musikschule besucht und im Chor gesungen, sagt Ushakova: „Sie sagten dann immer, ich muss das Solo singen. Als ich in St. Petersburg die Hochschule besuchte lernte ich Cherubino, denn ich wollte die Cherubino-Rolle in ‚Die Hochzeit des Figaro‘ singen. Das ist ja eine sogenannte ‚Hosen-Rolle‘. Als ich zum Dirigenten kam sagte er: ‚Schau dich doch einmal an - mit so einem großen Busen, welcher Bub bist du? Studiere die Rolle der Gräfin ein und komm zurück.‘ Das war dann im ersten Studienjahr die erste Rolle, mit der ich auf der Bühne stand. Anna Netrebko sang die Susanna.“

Natalia Ushakova

ORF

Wenn Natalia Ushakova auf der Bühne steht, vergisst sie alles um sich herum

Ausbildung in Russland war hart, aber effektiv

Mit dem Weltstar verbinde sie eine langjährige Freundschaft. Russische Sängerinnen seien ihrer Theorie nach deshalb erfolgreich, weil sie eine sehr harte, aber gute Schule durchlaufen würden: „Ich habe dann in Mailand studiert. Dort hatte man zwei Mal pro Woche Gesangsunterricht und das jeweils für 40 Minuten. In Russland hatten wir fast jeden Tag Gesangsunterricht mit tollen Professoren. Dann hatten wir Kammermusik-, Balett- und Fechtunterricht. Am Stundenplan standen auch das Opernstudium und Schauspielunterricht. Es war unheimlich intensiv. Manchmal sangen wir auch zwei Mal pro Tag.“ Die Stimme habe sich binnen kurzer Zeit enorm weiterentwickelt. Es habe aber auch viel Willenskraft und Antrieb gebraucht, sagt die Sängerin.

Als Putzfrau im Mariinski-Theater

Um der Oper näher zu kommen, bewarb sie sich im Mariinksi-Theater von St. Petersburg als Putzfrau. „Ich wollte jede Vorstellung kostenlos anschauen. Das gelang mir dann auch tatsächlich. Das war eine lustige und interessante Zeit“, so die Künstlerin. Sie sei wegen ihres Traumberufs von vielen Weggefährten belächelt worden, sagt sie: „Ich hatte keine Verbindungen und keine Unterstützung, nur meinen Willen und meine unglaubliche Liebe zur Musik.“

Als Placido Domingo mit Deborah Voigt „Parsifal“ sang, habe er sie gesehen und sie entdeckt: „Er hat mich zum Vorsingen in Salzburg eingeladen. Er hat gesagt: Du hast eine wunderschöne Stimme, wir werden viel zusammen singen. Dann ist es auch tatsächlich dazu gekommen. Das ist in allen Sachen so: Wenn du hartnäckig bist und du dir selbst hilfst, dann wird dir auch Gott helfen. Das geht wie eine Kettenreaktion. Wenn du ein guter Mensch bist ziehst du mehr gute Menschen an.“

Natalia Ushakova

ORF

Natalia Ushakova im Interview mit dem ORF bei einem ihrer letzten Auftritte in Kärnten

„Stimmfarbe gibt Aufschluss über Charakter“

Auch das Publikum spüre immer, wer vor ihnen auf der Bühne stehe: „Wir sind alle nackt auf der Bühne. Wenn du singst, singt deine Seele. Anhand der Stimmfarbe kannst du beurteilen, was das für ein Mensch ist: ein lieber oder ein böser Mensch.“

Natalja Ushakova spricht fließend Deutsch. Das sei aber nicht in allen Sprachen so, in denen sie auch singe, sagt sie: „Weil du nicht alles verstehst, was du singst, versteht dich das Publikum auch nicht und spürt überhaupt nicht, was du sagen willst. Ich spreche Gott sei Dank viele Sprachen - Italienisch, Deutsch, Englisch, Französisch, Spanisch.“

Burgruine Finkenstein

ORF

Die Burgruine Finkenstein gilt als einer der faszinierendsten Konzertschauplätze Kärntens

„Bin immer gerne in Kärnten“

Das Kärntner Publikum empfinde sie immer als sehr herzlich: "Ich bin sehr gerne in Kärnten. Die Menschen sind so lebensfroh, wahrscheinlich weil die Natur hier so schön ist. Ihre Schwiegermutter stamme aus Kärnten und so habe sie seit 20 Jahren eine enge Beziehung zu der Region. Sie habe ihr auch die Kärntner Käsnudeln schmackhaft gemacht: „Das sind die besten Käsnudel, die ich je gegessen habe. Inzwischen kann ich sie auch schon selber machen.“

Burgruine Finkenstein

ORF

Publikum auf der Burgruine Finkenstein

Das Kochen sei eine weitere ihrer Leidenschaften: „Eigentlich koche ich alles gerne, denn ich liebe es zu essen. Das ist eine wahre Plage, denn ich muss auf meine Figur achten. Ich habe viele wunderschöne Kleider, aber wenn der Reißverschluss nicht mehr zu geht ist das auch nicht gut. Ich muss wirklich immer aufpassen.“

Link: