Duftende Frühlingsboten aus dem Kanaltal
Die Tradition der Duftsträußen reicht weit zurück. Marina Gioitti hat sie vor etwas mehr als 30 Jahren kennengelernt und sich von den älteren Damen aus dem Kanaltal zeigen lassen, wie man sie bindet. Von ihnen hat sie auch erfahren, welche Bestandteile es braucht, damit die Duftsträuße - dem Volksglauben nach - auch tatsächlich Glück bringen.
„Es ist ein Geschenk, mit dem man Personen, die man gerne hat, zeigt, dass man sie schätzt und respektiert. Ich verziere sie mit Perlen und selbstgebundenen Blüten. Früher formte man sie auch aus Stoffresten oder Wachs - was gerade zur Verfügung stand. Ich habe im Laufe der Zeit immer wieder ihren Stil verändert. Aber im Endeffekt geht es mir darum, diese Tradition zu bewahren“, sagt die Künstlerin.
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Bastelstunde bei Jung und Alt beliebt
Sie gibt ihr Wissen gerne an Interessierte weiter. So lädt sie in der Casa Oberrichter in Malborghetto regelmäßig zur „Bastelstunde“ und zeigt ihren Schülern unterschiedlicher Altersgruppen, wie „mazzolini“ richtig zusammengesetzt werden.
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Maria Stefani: „Mir gefällt das Basteln, ich bin ja in Pension und habe Zeit. Man kann immer etwas Neues lernen. Als Kind haben mir die Klosterschwestern im Kindergarten beigebracht, wie man mit Nadel und Faden umgeht. Jetzt sind meine Hände zwar nicht mehr so geübt, aber es macht mir Spaß.“
„Es dauert zwar ein bisschen aber am Ende kommt etwas Schönes dabei heraus. Der Lavendel gefällt mir am besten, weil er so gut riecht. Ich mache den Strauß für meinen Bruder, der gestern Geburtstag hatte“, sagt Federica Garufi.
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Jedes Gewürz steht für eine besondere Gabe
Die verwendeten Gewürze sollen zusammen einen harmonischen Gesamteindruck ergeben.
Sendungshinweis:
Servus, Srečno, Ciao, 3.3.2018
Auf Nummer sicher geht man, wenn man Marinas Spruch folgt, den sie ursprünglich als „Anleitung“ für sich selbst niedergeschrieben hat, um ja nichts zu vergessen, wie sie sagt: „Der Zimt bringt Süße und die Perlen Schönheit. Anis sorgt für Harmonie - Lavendel reinigt. Die Maiskörner stehen für Fruchtbarkeit; der Apfel bringt Gesundheit. Vanille vereint die Familie; die Malve ist der Weisheits Tochter. Muskatnuss verleiht dem Leben Aroma; Gold veredelt es. Mohn lässt träumen; der Zucker lässt einen lieben und die pikante Wurzel ‚beflügelt‘ die Liebhaber. Gewürznelken sorgen für Reichtum und die Blumen bringen Fröhlichkeit.“
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Eine von Marinas Lieblings-Bestandteilen ist der Spiegel. Er ist auch in unseren Breiten noch heute oft auf den Kirchtagsherzen aus Lebkuchenteig wiederzufinden. Für ihn gilt das Motto: „Wenn der Blick des Beschenkten direkt auf den Spiegel fällt heißt das, dass er nichts zu verbergen hat. Sonst sollte man vielleicht nochmal nachdenken, ob er tatsächlich der oder die Richtige ist. Ich finde das amüsant. Nur die alten Frauen aus dem Dorf konnten sich sowas ausdenken.“
Lo specchietto viene inserito nel mazzolino. E se la persona che lo riceve - come ad esempio una fidanzata - che riesce a colpo d’occhio a vedersi la pupilla vuol dire che non ha niente da nascondere. Quindi è sincera. Se invece non ci riesce c’è qualcosa da nascondere e c’è da pensarci su i- è divertente questa cosa. Solo delle vecchie signore potevano averla pensata così.
Österlicher Schmuck mit herrlichem Duft
Auch Eier, die den Osterstrauß schmücken, können mit Gewürzen verschönert werden, erklärt Marina Gioitti: „Sie sind meist kleiner, enthalten aber alles, was man braucht.“
Von der Farbgestaltung her sind eher rosa- oder hellblau gefragt, aber auch orange, rot und leuchtendes Gelb verwendet die Künstlerin gerne: „Es sind alles freundliche Farben. Braun, Schwarz und Grau haben dabei nichts verloren.“
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Auch Kanaltaler Palmbuschen bringt Glück
Im Kanaltal ist es auch Tradition, dass die Kinder einen Palmbuschen binden, den „Praitl“. "Der religiösen Überlieferung nach müsste er eigentlich aus Palmzweigen bestehen, aber diese wachsen hier bei uns ja nicht“, sagt Giotitti. So werden Äste aus Weiden oder Buchenholz zu einem Strauß zusammengebunden. Sie alle haben eine eigene Symbolik, sie erinnern zum Beispiel an die Dornenkrone Jesu Christi. Diese Palmbuschen werden mit bunten Bändern und Keksen geschmückt. „Nach der Fleischweihe, wo auch diese Palmbuschen geweiht werden, dürfen die Kinder die Köstlichkeiten auf ihrem Palmbuschen essen - viele von ihnen können es kaum erwarten“, sagt die Künstlerin.
Jene, die ihn lieber aufbewahren, können sich fast das ganze Jahr über daran erfreuen, denn er gilt als äußerst haltbar. Auch im Kanaltal ist der Spruch „die Rute ins Fenster stellen“ weit verbreitet - nur wird das Wort Rute mit Praitl ersetzt. Sagt jemand diesen Satz, will er damit zum Beispiel sein Gegenüber dazu ermutigen, ihn öfter besuchen zu kommen. Am Dachboden aufbewahrt sorge der Prallt früher dafür, dass das Haus von Unwettern verschont blieb. Im Winter wurde er oft auch im Kaminfeuer verbrannt - eine Geste, die ebenfalls Glück bringen sollte, bevor es im neuen Jahr zur Osterzeit einen neuen Praitl gab - mehr dazu in „Praitl“ - Palmbuschen aus dem Kanaltal.
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