Auf den Spuren von Romeo und Julia im Friaul

Die Liebesgeschichte von „Romeo und Julia“ gilt als eine der bekanntesten weltweit. Die „wahre“ Geschichte der beiden, die Shakespear als Vorlage diente, soll in Friaul Julisch Venetien ihren Ursprung gehabt haben.

In Verona wandeln das ganze Jahr über Touristenscharen auf den Spuren von Romeo und Julia, dem Liebespaar, dessen tragisches Schicksal - nicht zuletzt dank der literarischen Aufbereitung durch Shakespeare - unzählige Romantiker zum Seufzen bringt.

Sendungshinweis:

Servus Srecno Ciao, 27. Mai 2017

In Friaul Julisch Venetien werden Luigi und Lucina als wahre Protagonisten dieser Liebesgeschichte verehrt. Nicht nur die Mitglieder des Vereins „Giulietta e Romeo in Friuli“, auch einige namhafte Historiker sind felsenfest überzeugt: den beiden und ihrer von der Gesellschaft und ihren Familien nicht akzeptierten und daher letztendlich unerfüllten Liebe hat es Shakespeare den Stoff für sein „Romeo und Julia“ zu verdanken.

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Aber schön der Reihe nach: 1511 war es, als sich die beiden auf einem Maskenball im Palazzo Savorgnan in Udine kennenlernten. Heute markieren auf der Piazza Venerio im Herzen der Stadt, neben der Kirche San Francesco, nur noch Linien, wo einst das Gebäude stand. Gegenüber - im Bereich eines Durchgangs - wird der Sarg von Luigina vermutet, erklärt Historiker Gilberto Ganzer.

Kirche San Francesco Udine

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Kirche San Francesco auf der Piazza Venerio in Udine

Geschichte einer kurzen, heimlichen Liebe

Das Adelsgeschlecht der Savorgnan war über mehrere hundert Jahre eines der bedeutendsten in ganz Friaul. Es war stark verzweigt und - wie so oft in Adelskreisen - standen nicht alle Teile der Familie einander wohlwollend gegenüber. Das wurde auch Luigi und Lucina zum Verhängnis.

Sie durften sich ihrer jungen Liebe nicht frei und ungezwungen hingeben, schildert Laura Zanelli, Präsidentin des Vereins „Giulietta e Romeo in Friuli“: „Sie waren gezwungen, sich heimlich treffen. Sie mussten sehr aufpassen, weil sie Cousin und Cousine waren und ihre Familie Rivalen waren.“

Dennoch versprachen sie einander die Ehe und trafen sich heimlich, wie in der Villa Savorgnan Ottelio in Ariis di Rivignano. Dort soll Lucina nach dem frühen Tod ihres Vaters einige Jahre mit ihrer Mutter gelebt haben.

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Villa Savorgnan Ottelio in Ariis di Rivignano

Trennungsschmerz in Novelle „Giulietta“ verarbeitet

Während Luigi, ein Kavallerie-Hauptmann, bei einem Kampf schwer verwundet wurde und nach dem Krieg in seine Heimat Vicenza zurückkehrte wurde Lucina zur Schachfigur im Bemühen Venedigs, Friaul zu kontrollieren. Sie wurde mit Francesco Savorgnan, ein Della Torre wie Luigi, verheiratet.

Als Luigi von der Hochzeit erfuhr, soll er schwer getroffen gewesen sein. Insgeheim war er überzeugt, dass Lucina wegen seiner Lähmung das geheime Versprechen gebrochen hatte, ihn zu heiraten. Er verarbeitet seinen Schmerz in einer Novelle, die er „Giulietta“ nennt und in der er die Qual der Liebe beschreibt. Aus Vorsicht siedelt er das Geschehen in Verona an und setzt es ins 14. Jahrhundert. Die Heldin Giulietta hält allerdings - anders als Lucina - ihrem Geliebten bis in den Tod die Treue.

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Castello di Brazzà in Moruzzo

Shakespeare wurde auf Übersetzung aufmerksam

Doch wie kam es dann, dass Shakespeare auf den Stoff aufmerksam wurde? Dazu gibt es laut Ganzer mehrere Theorien. Sie wahrscheinlichste sei, dass sich die Novelle von Luigi rasch in ganz Europa verbreitete und zu einem echten Beststeller wurde: „Mitte des 16. Jahrhunderts wurde Shakespeare in einer englischen Übersetzung auf die Geschichte aufmerksam und davon inspiriert. In Anlehnung daran entsteht sein ‚Romeo und Julia‘.“

Wehrburg bald für Besucher zugänglich

Auch der Vater von Roberto Pirzio Biroli, einem Nachfahren von Luigi, begab sich schon vor langer Zeit auf Spurensuche. Er arbeitete eng mit Cecil Clap aus England zusammen, um die echte Geschichte von Romeo und Julia zu erforschen. Er selbst ist als weltweit engagierter Architekt gleichzeitig auch an den sichtbaren Relikten aus der Zeit von Lucina und Luigi interessiert. In seinem Familienbesitz befindet sich das Schloss Brazzà in Moruzzo bei Udine, das den beiden Liebenden ebenfalls als heimlicher Zufluchtsort und Treffpunkt diente.

Roberto Pirzio Biroli: „Von der römischen Zeit an, als die Republik gegründet wurde, war die Familie Savorgnan Verteidiger von Friaul für Venedig. Hier ist natürlich viel passiert, weil hier immer Militär gewesen ist. Das war kein Schloss für schöne Hochzeiten oder Feste mit Fresken und Bildern. Das habe ich erhalten.“ Er hat die unter Denkmalschutz stehende Anlage restauriert und will sie künftig auch Besuchern zugänglich machen.

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Schloss Brazzà in Moruzzo

Veranstaltungen zu Ehren von Lucina und Luigi

Mit Veranstaltungen, Wettbewerben und Publikationen will auch der Verein „Giulietta e Romeo in Friuli“ dazu beitragen, dass den historischen Wurzeln der Liebesgeschichte von Lucina und Luigi genauso viel Platz eingeräumt wird wie jener von Romeo und Julia in Verona. Am 21. Juni findet ab 20.45 Uhr im Veranstaltungssaal „Palamostre“ bei freiem Eintritt eine Vorführung unter dem Titel „La Giulietta“ statt, bei der der friulanische Ursprung der Geschichte von Romeo und Julia im Mittelpunkt steht.

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