„ID-Coop“ will Minderheitensprache erhalten

Die friulanische Sprache und Kultur zu erhalten, ist eines der Ziele des von der EU geförderten Projekts „ID-Coop“, an dem neben Südtirol auch die Regionen Belluno, Friaul Julisch Venetien, Kärnten und Slowenien beteiligt sind.

Die Projektpartner waren zu Besuch bei dem Radiosender „Radio Onde Furlane“ in Udine, der rund um die Uhr in friulanischer Sprache sendet und lokale Bands fördert, die ebenfalls in dieser Sprache musizieren. Eine davon ist die Band „luna e un quarto“ aus Muzzana del Turgano, die aus sieben Mitgliedern besteht. Für ihre künstlerische Aktivität, die sie als Mix aus Etno, Folk und Blues bezeichnen, in der Minderheitensprache wurden sie bereits mehrfach mit Musikpreisen in ganz Italien ausgezeichnet.

SSC Coop ID Band

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vlnr: Davide Sciacchitano, Jacopo Casadio und „Balute“ Alessio Turco von „luna e un quarto“ bei einem Auftritt in einer typisch friulanischen Osteria „Da Pozzo“ in Udine. Zu einem gemütlichen Beisammensein am „Fogolar“, der offenen Feuerstelle, gehört - neben guter Musik und netter Gesellschaft - ein Gläschen Wein, auch „Taj“ genannt, und ein Stück „Gubana“, die dem Kärntner Reindling sehr ähnlich ist. Am Schluss wird beim „Resentin“ fein säuberlich die Kaffeeschale mit Grappa ausgespült.

„Luna e un quarto“ musizieren auf Friulano

Alessio, Jacopo und Davide sind das kreative Herz von „luna e un quarto“. Ihre gemeinsame Mission ist es, mit ihren Liedern gute Stimmung zu verbreiten, aber auch kritisch das Leben in Friaul unter die Lupe zu nehmen.

Jacopo Casadio von „luna e un quarto“: „Für uns war es natürlich, auch auf Friulano zu singen. Unsere Lieder handeln von sozialen Themen, vom Alltag, aber auch von unseren Reisen. All diese Eindrücke und Erfahrungen werden zu Musik.“

Sendungshinweis:

„Servus, Srečno, Ciao“, 14.3.14

„Balute“ Alessio Turco von „luna e quarto“: „In unserem Lied ‚La stagjon de rosade‘ geht es um Arbeit, familiäre Verpflichtungen und das Wetter. Leider ist es hier ja oft nebelig und alles erscheint grau in grau. Für uns hat diese Stimmung trotz aller Melancholie aber auch etwas Poetisches.“

Oft schwieriges Leben in Friaul

Den Gegebenheiten etwas Positives abzugewinnen müssen die jungen Musiker auch oft in ihrer Heimat. Viele ihrer Freunde und Altersgenossen sehen sich mit Arbeitslosigkeit oder unsicheren (Über-)Lebensbedingungen konfrontiert. Dennoch ist für die Mitglieder von „luna e un quarto“ klar, dass sie ihrer Heimat Friaul Julisch-Venetien nicht den Rücken kehren.

SSC ID Coop

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Besuch beim Radiosender.

„Man sagt, Friaul ist ein kleines ‚Kompendium des Universums‘. Innerhalb von hundert Kilometern gibt es so Vieles zu entdecken. Man kann einen Tag am Meer verbringen und am nächsten Tag Skifahren gehen. Man kann Städte besuchen oder die Landschaft von einem Hügel aus betrachten. Mit all diesen Möglichkeiten lebt man gut - außer wenn es regnet. Aber das ist ja überall so“, sagt Davide Sciacchitano mit einem Augenzwinkern.

600.000 Menschen sprechen „Furlan“

Furlàn, die friulanische Sprache, wird in der Region von etwa 600.000 Menschen gesprochen und ist als Amts- und Schulsprache anerkannt. 70 Prozent der Schüler lernen es heute. Das war allerdings nicht immer so, denn ein Gesetz, das verankert, dass in den Schulen durchschnittlich eine Stunde pro Woche auch Friulano am Stundenplan steht, ist erst seit 2007 in Kraft. Die Lehrer dabei zu unterstützen, das Friulano in den Unterricht zu integrieren ist eine der Aufgaben von ARLeF.

SSC Coop ID William Cisilino

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William Cisilino.

William Cisilino, Direktor von ARLeF, der Regionalagentur für die friulanische Sprache: „Wir müssen die kulturelle Kluft zwischen den Generationen schließen. In den letzten 40, 50 Jahren hat sich viel getan. Wir versuchen mit unseren Initiativen Jugendliche und auch junge Eltern davon zu überzeugen, wie wichtig Mehrsprachigkeit ist.“ Wichtig sei zudem, dass der friulano-sprachigen Bevölkerung die Möglichkeit geboten wird, zum Beispiel Behördenwege in Friulano abzuwickeln.

Damit das Furlàn auch im Alltag ein ständiger Begleiter ist, dafür sorgt seit mehr als 30 Jahren das Team von „Radio Onde Furlane“.

SSC ID Coop Radiosprecher

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Mauro Missana von „Radio Onde Furlane“ am Mikrofon.

Ziel: Bürger zu Eigeninitiative motivieren

Die Regionen im Alpen-Adria-Raum haben gemeinsam, dass staatliche Infrastrukturen und Unterstützungen vielfach fehlen. So seien die Bürger gefragt, selbst wieder aktiv zu werden, sagt Minderheiten-Berater Günther Rautz. Eine vielversprechende Möglichkeit biete das Genossenschaftswesen, sind die Projektpartner überzeugt.

Welche Unterschiede es zwischen jenem in Österreich und jenem in Italien gibt wurde im Zuge des Projekts „ID-Coop“ untersucht. Konkret wurden die Bedingungen in den Minderheitengebieten der einzelnen Regionen verglichen: jene der Ladiner in Südtirol, der Ladiner in Belluno, der Friulaner in Friaul-Julisch Venetien und jene der Kärntner Slowenen.

„Prinzipiell muss man sagen: Ein Verein sollte ehrenamtlich tätig sein und eine Genossenschaft ist ein Unternehmen. Mit einer Genossenschaft möchte man Geld verdienen, Arbeitsplätze schaffen und dem ländlichen Raum etwas mehr Stärke geben.“

Konkret wurden die Bedingungen in den Minderheitengebieten der einzelnen Regionen verglichen: jene der Ladiner in Südtirol, der Ladiner in Belluno, der Friulaner in Friaul-Julisch Venetien und jene der Kärntner Slowenen.

Band "Luna e un quarto" Iris Hofmeister Udine

ORF/Iris Hofmeister

Die Band „luna e un quarto“ und Iris Hofmeister bei einem Spaziergang durch Udine

Ländlicher Raum soll wieder attraktiver werden

Mit dem EU-Projekt „ID-Coop“ soll dazu beigetragen werden, der Abwanderung gerade im ländlichen Raum entgegenzuwirken und Arbeitsplätze zu schaffen. Dabei kann es für alle nur ein Vorteil sein, wenn sich die Minderheiten vernetzen - denn die Probleme sind diesseits und jenseits der Grenze meist sehr ähnlich.

Günther Rautz Minderheitenberater SSC

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Günther Rautz.

„ID-Coop ist ein EU-finanziertes INTERREG-Projekt zwischen Österreich und Italien. Mit dabei sind Regionen Südtirol, Friaul Julisch Venetien, Belluno und Kärnten. Im Mittelpunkt stehen vor allem Abwanderungsgemeinden und Randgemeinden, in denen es häufig passiert, dass junge Leute wegziehen, weil die Infrastruktur abstirbt, der Laden zusperrt oder dass die Busverbindungen nicht mehr aufrechterhalten werden können und dass die Schulen schließen.“ Gemeinsam nach Lösungen zu suchen, wie dies künftig verhindert werden kann, ist das Ziel von ID-Coop.

Auch europäische Genossenschaften möglich

Günther Rautz: „Es könnte zum Beispiel eine Genossenschaft zwischen Kärnten und Friaul-Julisch Venetien entstehen. Das wäre natürlich sehr interessant, weil das wäre die erste europäische Genossenschaft in Österreich."

Der nächste Schritt im Rahmen des Projektes „ID-Coop“ sind, dass auf Gemeindeebene Treffen mit den Bürgermeistern und mit der Bevölkerung stattfinden. Dabei soll nicht nur das Genossenschaftswesen erklärt werden, sondern auch die Vorteile, die es mit sich bringt. Ferner soll das Projekt dazu beitragen, dass die Solidarität zwischen den Gemeindebürgern stärker wird und dass sie gemeinsam nach neuen Wegen suchen, wie die kulturelle Identität in ihren Regionen gestärkt wird.

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