Unterwegs mit dem Lawinenwarndienst

Redakteur Peter Matha ist Ende Jänner eine Woche mit dem Lawinenwarndienst zu einem Lokalaugenschein auf dem Ankogel unterwegs gewesen. Die Mitarbeiter schätzen durch Messungen und viel Erfahrung die Lawinengefahr ein und verfassen Berichte als Information für Wintersportler.

Dieter Mörtl und Wilfried Ertl sind Profis: Mörtl ist seit zwei Jahren beim Lawinenwarndienst, Ertl seit 16 Jahren. Zur Vorbereitung für die Tour gehören Rucksack, Piepsgerät, Schneebesteck, Schaufel und Sonde. Auf dem Berg herrschte beim Lokalaugeschein Lawinenwarnstufe 3. Damit war klar, dass die Lawinenwarner nicht überall hingehen können, es wäre zu gefährlich. Schon aus der Gondel war die Gefahr abseits der Pisten sichtbar. Lawinen gehen in den steilen Hängen von selbst ab. Die Schneemassen vermehren sich auf dem Weg nach unten, bis hin zu 250 Meter Breite.

Oft muss gesprengt werden

Bis auf 2.600 Meter Seehöhe fährt die Gondel. Die Lawinenwarner trafen bei der Bergstation Hans Rosskopf. Er ist Mitglied der örtlichen Lawinenkommission. Schon in der Früh sprengten die Experten der Bahn die gefährlichsten Stellen ab, so Rosskopf: „Wenn es Nordströmung gibt, haben wir wahnsinnig viele Verfrachtungen. Wir haben heute acht Sprengungen im gesamten Gebiet gemacht.“

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Wochenend’, 1. Februar 2015

Ertl und Mörtl waren mit Skiern im Tiefschnee unterwegs. Sie wollen bei ihren Touren wissen, wie fest oder lose die Schneedecke ist. Um das feststellen zu können, müssen sie sich immer ein gutes Stück von der sicheren Piste weg wagen. Und das bei immer noch heftigen Windböen, die über den Kamm wehten. Im 50 Zentimeter tiefen Schnee ging es nur langsam voran. Die Profis suchten sich für ihr Messungen einen Hang aus, der oberhalb ihres Standortes Felsen aufweist. Das bietet Schutz vor Lawinen.

Lawinenwarndienst Reportage

ORF/Peter Matha

Kleines Labor im Hochgebirge

An einer halbwegs sicheren Stelle wurde gegraben. Eine senkrechte, zwei Meter hohe Schneewand entsteht. Wie ein Geologe aus Erdschichten erkennen die Experten Details zu Kornform, Feuchtigkeit, Durchmesser der Kristalle und Härte. Härte eins, wie in diesem Fall, könne man locker mit der Faust in die Schneedecke drücken.

Die Männer haben immer ein kleines Labor im Hochgebirge bei sich und messen auch die Temperatur. Außen hat es minus 12 Grad, der Schnee selbst ist deutlich wärmer, mit minus 6,2 Grad. Jedes Jahr entstehen Hunderte solcher Profile. Sie werden nicht nur von den Kärntner Lawinenwarnern erstellt. Auch Bergführer oder Alpinpolizisten schicken ihnen immer wieder Protokolle. Auch nach Lawinen-Abgängen wie auf dem Mölltaler Gletscher, sagte Ertl: „Wenn man mehrere solcher Messungen und Schneeprofile hat, kann man sagen, dass z.B. ein ganzer Hang so aufgebaut ist und es dann, wenn es noch mehr schneit, eine Lawine geben könnte.“

Messstationen instand setzen

An andere Stellen wagten sich Ertl und Mörtl an diesem Tag nicht mehr, es war zu gefährlich. Sie mussten aber noch eine defekt Messstation überprüfen. Der empfindlichste Teil dieser Wetterstationen ist unter der Schneedecke. Schneehöhe, Temperatur, Strahlung und Feuchte werden gemessen. Im alpinen Gelände gebe es keinen Strom, sondern nur ein Solarpaneel, das eine Batterie mit Strom versorge. Vor allem der Wind macht den sechs Meter hohen Masten immer wieder schwer zu schaffen, das Solarpaneel oder ein Sensor kann abgerissen werden, das komme öfter vor.

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Schon früh im Herbst, noch vor dem ersten Schnee, werden die Messstationen überprüft und ggf. Teile ausgetauscht. Das ist die Sommerarbeit der Lawinenexperten. Die Daten der Messtationen sind so wichtig wie die persönlichen Einschätzungen von lawinenkundigen Alpinisten im ganzen Land. Diese Informationen fließen dann in den tägliche Lagebericht ein, so Ertl.

„Alles verbieten bringt nichts“

Runter ging es mit den Skiern durch 40 Zentimeter Schnee. Sie trafen noch den Betriebsleiter der Bahn, Thomas Posautz. Er sagte, dass viele Tourengeher durch das orangefarbene Drehlicht gewarnt seien. Sie würden sich auch hüten, zu weit ins Gelände zu fahren. Wenn aber der erste die Warnungen ignoriert, folgen andere nach, so Posautz: „Wenn er erste drin ist, halten sie sich nicht mehr wirklich dran. Wenn eine Spur drin ist, ist bald alles zusammengefahren.“

Für die Experten vom Lawinenwarndienst ist Skitourengehen oder Freeriden schön. Man sollte nicht alles verbieten, eine gewisse Freiheit brauche jeder, auch wenn etwas passieren könne - auch bei günstigen Verhältnissen.