Neue Hoffnung für Borreliose-Patienten

Die von Zecken und anderen Insekten übertragene Borreliose hat für Patienten oft schlimme Folgen. Dank neuer Forschungsergebnisse, vorangetrieben von einem Klagenfurter Arzt, gibt es für die Betroffenen jetzt neue Hoffnung.

Anders als für FSME gibt es bislang keine Impfung gegen Borreliose. Jedes Jahr kommt es in Österreich zu rund 70.000 Neuerkrankungen, in Kärnten sind es rund 7.000. Die Dunkelziffer dürfte weit höher liegen.

Was ist Borreliose?

Borreliose ist eine von Zecken und anderen Insekten übertragene bakterielle Erkrankung. Eine Impfung gibt es nicht. Borrelien sind Spirochäten, die nur ganz kurz im Blut verbleiben und sich schnell ins Nervensystem und ins Bindegewebe ausbreiten und dort schwere Schäden hervorrufen können.

Mindestens jede fünfte Zecke trägt Borrelien in sich. Die Wanderröte ist ein sicheres Zeichen einer Infektion mit von Zecken und anderen Insekten übertragener Borrelien. Doch sie tritt nur bei rund einem Drittel der Patienten auf: Wird die bakterielle Infektion nicht erkannt, kann sie zu schweren Gelenks- und Muskelentzündungen bis hin zu Lähmungen und Gedächtnisverlust führen. Das schubweise Auftreten der Beschwerden sollte den Arzt unbedingt dazu veranlassen, einen Test machen zu lassen, sagt der international anerkannte Experte für Borrelieninfektionen, der Internist Armin Schwarzbach.

Borrelien

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Borrelien unter dem Mikroskop

Langwierige Diagnostik

Doch allzu oft wird die Infektion nicht erkannt. „Borreliose ist nicht Teil des Lehrplans über Infektionen an Universitäten, vor allem nicht als chronische Erkrankungsform. Das Wissen darüber ist viel zu wenig in der Ärzteschaft verbreitet, um eine gescheite Diagnostik zu betreiben", so Schwarzbach.

In Klagenfurt wurde vor einem Jahr die erste Borreliose-Selbsthilfegruppe gegründet. Auch deren Leiterin, Anita Mitterdorfer, hört von den Patienten immer dasselbe: „Das Hauptproblem ist die Diagnostik. Es dauert mitunter zwei oder in Extremfällen bis zu zehn Jahren, bis die Krankheit diagnostiziert wird. Es ist oft die fehlende Akzeptanz oder Ignoranz der Ärzte. Es kommt auch oft zu Falschbehandlungen.“

Erst vor wenigen Monaten habe auch Schwarzbach eine Patientin behandelt, der Neurologen eine Multiple Sklerose attestiert hatten, also eine unheilbare Erkrankung des zentralen Nervensystems. Dies sei kein Einzelfall, so Schwarzbach: „Ich selbst hatte eine Patientin, die blind war und nicht mehr laufen konnte. Bei ihr wurde fälschlicherweise Multiple Sklerose diagnostiziert. Ich hatte dann eine Borreliose herausgefunden und nach mehreren Wochen Behandlung mit einem Antibiotikum war sie komplett wieder geheilt und ist bis heute gesund.“

Bluttest

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Laut Schwarzbach werden 90 Prozent der Diagnose über die Symptome gestellt und nicht über das Labor. "Wenn ich viel darüber Bescheid weiß, welche Symptome möglich sind bei der Borreliose kann ich sie auch über die Symptome diagnostizieren.“

Bluttests noch recht fehleranfällig

Borreliose-Bluttests werden vor allem von Neurologen und Internisten oft als reine Antikörpertests abgetan, obwohl Patienten neben schweren Gelenksabnützungen immer wieder auch an schubartigen, extrem starken Schmerzen, Lähmungen, Blindheit oder schweren Erschöpfungssyndromen leiden. Für solche Symptome haben die Ärzte dann oft keine Erklärung. Tatsächlich sind die Bluttests noch fehleranfällig. An noch zuverlässigeren Tests wird mit Unterstützung der Europäischen Union gearbeitet. Sie stellte dafür 1,4 Millionen Euro zur Verfügung.

Bei einer Reihe von Beschwerdebildern müsse eine Infektion mit Borrelien in Betracht gezogen werden, betonte Armin Schwarzbach: „Hierzu gehören insbesondere die chronische Muskelentzündung, rheumatoide Arthritis, Demenz, Alzheimer, Parkinson oder Autismus bei Kindern. Wichtig ist, dass man nach einem Zeckenstich die Frage nach einer Wanderröte stellt.“

Borreliose Versammlung Klagenfurt

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Am Donnerstag fand im Elisabethinenkrankenhaus Klagenfurt eine Informationsveranstaltung statt, die großes Besucherinteresse hervorrief.

Obiltschnig: Gewebe-Test als „Direktbeweis“

An der Universitätsklinik Innsbruck ist nun etwas gelungen, das Patientinnen hoffen lässt und die Pathologen zu weiterer Forschungsarbeit inspiriert. Borrelien wurden direkt im Gewebe von Patienten mit Rheuma, mit Nervenverängungen an Händen und Füßen und bei einer Sehnenerkrankung nachgewiesen, bei der sich die Finger krallenartig zusammenziehen.

Die Tests wurden vom Klagenfurter Unfallchirurgen Albin Obiltschnig nach Innsbruck geschickt: „Es ist dies eigentlich ein Direktbeweis. Die Keime sind direkt im Gewebe festgestellt worden. Es wurden Vergleichsgruppen bei anderen Geweben untersucht. Kritiker werden vielleicht sagen, dass Borrelien überall enthalten sind, aber ich habe Proben, wo ich im Gewebe nichts gefunden habe. Das ist schon ein großer Hinweis, wenn man das mit den Blutlabors vergleicht.“

Sendungshinweis:

„Radio Kärnten“, 14.2.14

Ärzte oft mangelhaft ausgebildet

Der Leiter des Borreliose Centrums Augsburg ist zunehmend ein gern gesehener Gast bei Regierungen auf der ganzen Welt: „Ich bin aktuell Berater des australischen Gesundheitsministeriums, sowie in Irland, Frankreich und in Kanada. Diese Länder haben starke Bestrebungen, dass man nach der Borreliose schaut. In allen Ländern sind es zunehmend Probleme mit Zeckenstichen.“

Auch der Klimawandel spiele laut Schwarzbach eine Rolle. Zudem habe sich das Freizeitverhalten der Menschen verändert. „Wir haben sehr viele Kranke und die Länder suchen Rat – auch bei uns und bei mir im Speziellen, weil sich in diesen Ländern bis jetzt nur so wenige damit auskennen.“ Diese weit verbreitete Krankheit zu negieren, sei eine medizinische Todsünde und würde vielen Patienten ein lebenslanges Leid bescheren, obwohl die Krankheit mit Antibiotika oft in Kombination mit immunstärkenden Mitteln - auch aus der Naturheilkunde - gut behandelbar wäre, meint Schwarzbach.

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