Zwei Schuldsprüche in Bootsunfall-Prozess

Im Prozess am Landesgericht Klagenfurt um den tödlichen Bootsunfall am Wörthersee im Juni 2017 sind am Mittwochabend beide Angeklagten wegen grob fahrlässiger bzw. fahrlässiger Tötung zu zehn Monaten unbedingter bzw. drei Monaten bedingter Haft verurteilt worden.

Am Abend wurden nach stundenlanger Verhandlung die Urteile im Prozess um den tödlichen Bootsunfall gesprochen. Der Hauptangeklagte, ein 45 Jahre alter Niederösterreicher, wurde zu zehn Monaten unbedingter Haft verurteilt. Der zweite Angeklagte, ein Bootsführer aus Kärnten, wurde zu drei Monaten bedingter Haft verurteilt.

Erstangeklagter legte Berufung ein

Der Anwalt des Hauptangeklagten, Alexander Todor-Kostic, kündigte noch am Abend Berufung an, der Anwalt des Zweitangeklagten, Georg Schuchlenz, gab keine Erklärung ab. Er bat um drei Tage Bedenkzeit für seinen Mandanten. Der Staatsanwalt kündigte ebenfalls Berufung gegen das Strafausmaß des Erstangeklagten an. Die Urteile sind damit nicht rechtskräftig.

Der Unfall

Im Juni 2017 fuhren vier Männer aus Niederösterreich und der Bootsführer aus Kärnten mit einem Boot auf den Wörthersee. Ein 45-Jähriger übernahm dann das Steuer, dabei war er alkoholisiert. Bei einem Fahrmanöver ging ein 44-Jähriger über Bord. Er starb an massivsten Kopfverletzungen durch die Schiffsschraube, wie sich später herausstellte. Seine Leiche wurde erst am nächsten Tag nach einer Suchaktion gefunden. Der Bootsführer und der spätere Lenker standen nun vor Gericht.

Angeklagter möchte sich um Opferfamilie kümmern

Zuvor hielten die beiden Verteidiger sowie der Staatsanwalt Christian Pirker ihre Schlussplädoyers. Das letzte Wort hatten die beiden Angeklagten. Der Hauptangeklagte sagte, er sei erschüttert über die Aussagen des Gutachters. Diese seien abstrus, „es fehlen mir die Worte“. Er, so der Hauptangeklagte, möchte sich aber um die Familie des Opfers kümmern. Der Zweitangeklagte sagte in seinem Schlusswort, dass ihm der Unfall unendlich leid tue, er sei aber unschuldig.

Gutachter stundenlang befragt

Die Verhandlung hatte den ganzen Mittwoch gedauert. Im Mittelpunkt des letzten Verhandlungstages stand das Gutachten des Gerichtssachverständigen, eines Experten für Bootssport und Unfallanalyse der Technischen Universität Graz, Hermann Steffan - mehr dazu auch in Tödlicher Bootsunfall: Urteil erwartet. Im Gutachten belastete er den Angeklagten, dem grob fahrlässige Tötung vorgeworfen wird, schwer. Denn alle Messungen und Berechnungen würden ergeben, dass der Angeklagte nicht vom Fahrersitz aus dem Boot geschleudert worden sein konnte, so wie er es vor Gericht angegeben hatte.

Motorboot tödlicher Unfall Wörthersee

ORF

Gerichtsgutachter Hermann Steffan

Gutachter mit Fragen bombardiert

Stundenlang wurde der Gutachter dann von der Verteidigung des Hauptangeklagten und zwei anwesenden Privatgutachtern mit Fragen bombardiert und heftig kritisiert. Diese warfen ihm vor, fachlich unfähig zu sein. Zuvor hatte die Verteidigung auch die Bestellung eines neuen Gerichtsgutachters beantragt. Unter anderem legte der Verteidiger des angeklagten Niederösterreichers, Todor-Kostic, Fotos vor, mit denen bewiesen werden sollte, dass der Angeklagte im Boot erhöht gesessen sei und daher ein Hinausschleudern aus dem Boot plausibel sei.

Bootsunfall Wörthersee Prozess 16. Mai

ORF/Marco Mursteiner

Nicht die Angeklagten, der Gutachter stand am Mittwoch im Mittelpunkt

Angeklagter soll erhöht gesessen sein

Todor-Kostic zog angesichts seiner Fotos die gesamten Berechnungen des Gutachters in Zweifel. Allerdings hatte es auf den Fotos, welche die Polizei vom Boot gemacht hatte, keine aufgeklappte Sitzerhöhung gegeben, daher habe er diese Variante auch nicht berechnet. Der Sachverständige betonte, er wisse aber nicht, wann die Fotos gemacht worden seien. Schon davor hatte es Scharmützel gegeben. So meinte Todor-Kostic einmal: „Der Sachverständige ersetzt zwar den Sachverstand, aber nicht den Hausverstand.“ Richter Matthias Polak konterte: „Wenn der Hausverstand ausreichend wäre, bräuchten wir keine Sachverständigen.“

„Es hat niemand gefragt“

Aus den nun vorgelegten Fotos geht aus Sicht von Todor-Kostic eindeutig hervor, dass sich die Schulter des Bootslenkers nicht unter der Bordkante befinde und es sich auch nicht um einen „Schalensitz“ handle. Daher sei das Über-Bord-Gehen des Lenkers ab einer bestimmten Neigung des Bootes durchaus wahrscheinlich. Der Angeklagte erklärte zudem, seine Sitzposition sei erhöht gewesen. Auf Vorhalt des Richters, dass davon im Ermittlungsakt nie die Rede gewesen sei, antwortete der Niederösterreicher: „Es hat niemand gefragt.“

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