Hypo-Prozess: Sechs Freisprüche erfolgt

Am letzten Verhandlungstag des Hypo-Prozesses zu den Immobilienfällen „Hilltop“ und „Blok 67“ sind die sechs Angeklagten freigesprochen worden. Die Staatsanwaltschaft kündigte Nichtigkeitsbeschwerde an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Angeklagt wegen des Vorwurfs der Untreue waren in den Fällen „Hilltop“ und „Blok 67“ insgesamt sechs Personen - die ehemaligen Hypo-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger, der Steuerberater Hermann Gabriel sowie drei kroatische Geschäftsleute. Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Lisa Kuschinsky fand in beiden Fällen keine Hinweise für objektiv oder subjektiv strafrechtlich relevantes Verhalten und entschuldigte sich für die Anklagebehörde.

Es sei unerfindlich, warum die Angeklagten sich so viele Jahre als Beschuldigte verantworten mussten, erklärte Richterin Lisa Kuschinsky. Sie habe den Objektivitätsgrundsatz durch eine Anklagebehörde noch nie so verletzt gesehen wie in diesem Fall, wofür sie sich nur mit Bedauern und Unverständnis entschuldigen könne, sagte die Richterin.

Urteil nicht rechtskräftig

In beiden Fällen sei die Kreditvergabe wirtschaftlich vertretbar gewesen, das habe das Beweisverfahren ergeben, führte sie aus. Die Angeklagten hätten auch nicht ohne Befassung der übergeordneten Gremien gehandelt, was eine unmittelbare Täterschaft darstellen würde. Alle Beschlüsse seien einstimmig gefallen. Es gebe keine Anzeichen dafür, dass Kulterer oder Striedinger die übergeordneten Gremien getäuscht und so zur Bewilligung der Kredite veranlasst hätte.

Die Aufbereitung der Kreditfälle sei darüber hinaus lege artis erfolgt. Das habe auch der Gutachter festgestellt, und es seien keine unrichtigen Zahlen und Fakten in den Kreditantrag eingeflossen. Auch wurden Expertisen von anerkannten Gutachtern eingeholt, auf die sich die Angeklagten selbstverständlich hatten verlassen dürfen, ebenso wie auf die von untergeordneten Bankmitarbeitern lege artis aufbereiteten Unterlagen. Staatsanwalt Andreas Höbl kündigte Nichtigkeitsbeschwerde an. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig.

Mehrere Millionen Euro Schaden geortet

„Hilltop“ war eine Gesellschaft in Liechtenstein, die 2003 ein Grundstück auf der kroatischen Insel Pag um 4,4 Mio. Euro erwarb und an die Hypo Consultants um 37 Mio. Euro verkaufte. Mit dem Erlös sollen auch notleidende Hypo-Kredite dreier kroatischer Unternehmen saniert worden sein. Der Untreueschaden soll laut Anklage 14 Mio. Euro betragen. „Blok 67“ ist ein Wohnungs- und Geschäftskomplex in Serbien (Belgrad), für dessen Planung und Errichtung die Hypo 2006 einen Kredit von drei Mio. Euro und Haftungskredite von 54 Mio. Euro gewährte. Die Anklage ortete Untreue mit einem Schaden von insgesamt neun Mio. Euro.

Für Staatsanwalt Höbl bestand nach der Hauptverhandlung kein Zweifel, dass die sechs Angeklagten Untreue begangen hätten, die Vorstände als unmittelbare Täter und die anderen als Bestimmungstäter. Auch bei „Blok 67“ verwies Höbl auf die Zeugenaussagen, dass es von Anfang an ein Risikoprojekt gewesen sei, das Haftungsrisiko habe bei der Hypo gelegen und damit sei auch der Kredit unvertretbar gewesen.

Scharfe Kritik am Staatsanwalt

Kulterers Verteidiger Josef Weixelbaum replizierte, er müsste eigentlich sprachlos sein, wie von der Staatsanwaltschaft „an den Ergebnissen dieser Hauptverhandlung vorbei“ argumentiert worden sei. Er bezeichnete die Anklage als „weiteren Tiefpunkt der österreichischen Justizgeschichte“. Striedingers Anwalt Sebastian Lesigang schloss sich dem an, für ihn war die Argumentation der Anklage „völliger Unsinn“.

Roland Grilc, Verteidiger eines der kroatischen Unternehmer, erklärte, es gebe nirgends einen Hinweis darauf, dass sein Mandant die Vorstände zu irgendwas aufgefordert oder gezwungen hätte. Der Verteidiger Gabriels, Alexander Todor-Kostic, verwies darauf, dass die Kreditvergabe bei Projekten und damit auch die Sicherheiten ganz anders zu beurteilen seien als andere Finanzierungen. Nicht das Eigenkapital, sondern die zu erwartende Cashflow-Entwicklung müsse beurteilt werden.

Staatsanwaltschaft: Verurteilung erschien naheliegend

Zum Urteil hieß es am Freitag in einer Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Klagenfurt: „Der gegenständlichen Anklage lagen Beweisergebnisse zu Grunde, die eine Verurteilung jedenfalls naheliegend erschienen ließen.“ Eben aus diesem Grund habe auch das Oberlandesgericht Graz die Einsprüche der Angeklagten gegen die Anklageschrift verworfen. Ein Verstoß gegen den Objektivitätsgrundsatz könne der Staatsanwaltschaft jedenfalls nicht angelastet werden. In Abwägung der Beweisergebnisse obliege eine Entscheidung dann dem Gericht.

Kulterer kommt im Februar frei

Ex-Hypo-Vorstand Kulterer hat zwei Drittel seiner Strafe verbüßt und wird bedingt entlassen, entschied das Landesgericht Klagenfurt. „Den genauen Termin im Februar geben wir nicht bekannt“, sagte Harald Streicher, Sprecher der Justizanstalt Klagenfurt, am Donnerstag auf APA-Anfrage. In drei Verfahren war Kulterer zu sechs Jahren Haft verurteilt worden, vier Jahre davon verbüßte er.

Ausgestanden ist die Causa Hypo für Kulterer damit aber nicht. Es gibt noch mehrere offene Verfahren gegen ihn. So wurde er im November 2016 am Landesgericht Klagenfurt in der Causa „Skiper“ - nicht rechtskräftig - zu vier Jahren und einem Monat Haft verurteilt. Über diesen Fall entscheidet der Oberste Gerichtshof.

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