Tablettenmissbrauch: Lücken bei Kontrollen

3.000 Stück morphinhältige Tabletten hat sich ein 30-jähriger süchtiger Kärntner binnen fünf Monaten durch „Ärztehopping“ verschreiben lassen, die Tabletten kaufte er in verschiedensten Apotheken. Der Fall zeigt auch die Lücken in den Kontrollsystemen auf.

Die 3.000 Tabletten des Medikaments Oxygerolan ließ sich der Mann von August bis Dezember 2017 von zumindest 15 Allgemeinmedizinern in Kärnten, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und der Steiermark verschreiben – mehr dazu in Medikamentensucht: 3.000 Tabletten ergaunert. Nach einer Operation war der 30-Jährige nach dem Medikament süchtig geworden.

Eigene Suchtgiftkennung der Rezepte

Der Fall zeigt, dass es möglich ist, mit Rezepten verschiedener Ärzte starke Suchtmittel in den Apotheken zu beziehen. Ein Sicherheitssystem gebe es aber in den Apotheken sehr wohl, sagt der Präsident der Kärntner Apothekerkammer, Paul Hauser: „Diese Rezepte haben eine eigene Suchtgift-Kennzeichnung, sie werden gesondert aufbewahrt, nummeriert und monatlich mit den Krankenkassen abgerechnet.“ Sollte ein Patient in einer Apotheke immer wieder starke Schmerzmittel kaufen, „dann fällt das natürlich schon auf“, so Hauser.

Dann würde auch der Arzt, der das Medikament verschrieben habe, befragt. Wenn, wie im aktuellen Fall, ganz unterschiedliche Ärzte das Medikament verschreiben, „dann ist das natürlich noch auffälliger.“ Auch in solchen Fällen würden die Ärzte kontaktiert.

Keine zentrale Vernetzung der Apotheken

Allerdings kaufte der 30-Jährige seine Tabletten in verschiedensten Apotheken ein und schlüpfte so durch das Kontrollnetz. Zwar würden sich die Apotheken laut Hauser „austauschen“, kleinere Überschreitungen würden aber kaum auffallen. Eine bundesweite, zentrale Online-Vernetzung der Apotheken sei aber wegen des Datenschutzes nicht möglich.

Erschwerend komme das „Ärztehopping“ hinzu, das der 30-Jährige betrieben habe: „Die Süchtigen nutzen dazu oft Wochenend- und Notfalldienste, weil die diensthabenden Ärzte den Patienten und seine Vorgeschichte nicht kennen.“

Hoffen auf E-Medikation

Bessere Kontrollmöglichkeiten erhofft sich Hauser durch die E-Medikation auf den E-Cards, verschriebene Medikamente sollten ein Jahr lang auf den Karten gespeichert werden. Bislang sei das Projekt aber noch in den „Kinderschuhen.“ Vorarlberg führte mit Jänner als erstes Bundesland die E-Medikation ein. Allerdings müssen die Patienten zustimmen - mehr dazu in Vorarlberg führt E-Medikation ein.

Welle von Opiatverschreibungen vor 20 Jahren

Christa Rados, Vorständin der Psychiatrie am LKH Klagenfurt sagte auf die Frage, ob zu leichtfertig verschrieben werde, dass Ärzte zunächst einmal ihren Patienten glauben. Es gehe darum, Schmerzfreiheit herzustellen, wenn jemand sagt, er leide unter Schmerzen. Opiate seien natürlich mit Vorsicht zu genießen. „Vor 20 Jahren gab es eine Welle, dass Österreich bei der Verschreibung von Opiaten hinterherhinken würde. Da wurde der Slogan geprägt ‚Jeder Mensch hat das Recht auf Schmerzfreiheit‘. Das ist ziemlich unsinnig, denn es hat auch nicht jeder Mensch ein Recht auf Gesundheit.“

Das sei wünschenswert, aber man könne kein Recht daraus ableiten. "Ich glaube, der Höhepunkt ist überschrittem, die Botschaft wurde damals Ernst genommen, weil man sich nicht nachsagen lassen wollen, dass man den Patienten etwas vorenthalten wollte. Man dachte damals vor allem an Krebspatienten, aber habe gesehen, dass diese Weg nicht allein selig machend ist, diese Opiate haben auch Nachteile, so Rados.