„Ferngesteuerter“ Gemüsegarten für Städter

Ein Kärntner hat eine App erfunden, mit der auch Stadtmenschen in den Genuss eines eigenen Gartens bzw. vor allem der Köstlichkeiten, die dort wachsen, kommen sollen. Man gestaltet und pflanzt virtuell, die Wünsche werden dann in echt umgesetzt.

„MyAcker.com“ heißt die Plattform mit der Christoph Raunig aus Dellach im Drautal gemeinsam mit seinem Geschäftspartner durchstarten möchte. Die Idee der beiden knapp unter 30-Jährigen entstand vor gut eineinhalb Jahren. Seither wird in jeder freien Minute - die beiden gehen unter Tags einem Vollzeitjob nach - daran gefeilt. Das verlange den beiden Kreativköpfen nicht nur viel Eigeninitiative ab, sondern auch jede Menge Verständnis ihrer Partnerinnen.

Raunig: „Wir sind zu viert mit vollem Eifer dabei und verbringen den Großteil unserer Freizeit am Feld. Es macht großen Spaß. Man kann es sich vom Prinzip her vorstellen wie einen ferngesteuerten Gemüsegarten“, erklärt der Erfinder: „Wenn man irgendwo in einer Stadt wohnt, im fünften Stock eines Hochhauses, kann man sich auf unserer Plattform bzw. in Kürze auch in einer App einen eigenen Garten anlegen. Den kann man dann bepflanzen wie man will.“

Kunterbuntes Angebot für jeden Geschmack

Zur Auswahl stehen alle gängigen Gemüsesorten - vom Eissalat bis hin zu Karotten. „Man kann am Bildschirm anklicken, was man wo anpflanzen möchte und in welchem Ausmaß. Der Online-Garten wird dann 1:1 bei uns in Kärnten, am Lurnfeld, angelegt“, so Raunig. Besonders gefragt seien momentan Salat und Kartoffel.

Auch Kräuter, zum Beispiel Basilikum, würden sich großer Beliebtheit erfreuen. Denn welcher „Balkonianer“ kennt das nicht - auch wenn man sich noch so bemüht: Ob die zarten Pflänzchen - trotz hingebungsvoller Pflege - tatsächlich gedeihen, hängt nicht immer nur vom „grünen Daumen“ ab, den man haben kann oder nicht.

Er selbst sei keineswegs familiär „vorbelastet“, was sein gärtnerisches Wissen angehe, räumt Raunig ein. Er habe neben der Arbeit studiert und sei es gewohnt, sich fehlendes Wissen zu unterschiedlichen Themen selbst anzueignen. Da die Gemüsepflanzen von einem Gärtner aus Oberkärnten bezogen werden, habe er den Vorteil, auch vom Fachwissen seines Lieferanten profitieren zu können: „Er steht uns immer mit wertvollen Tipps zur Seite und sagt uns, worauf wir besonders achten sollen. So sammeln wir Erfahrungen“.

Nicht zuletzt für die Kunden, auch für ihn selbst sei es jedes Mal aufs Neue besonders schön zu sehen, wenn die Saat dann irgendwann Früchte trage.

Karotten

Pixabay

Frisches Gemüse ist immer gefragter

Gartenarbeit per Mausklick

Bei dem Projekt gehe es darum, den Leuten, die Gemüse oft zu Billigpreisen im Supermarkt beziehen, wieder ins Bewusstsein zu rufen, wie viel Arbeit dahinter steckt, bis die Produkte erntefrisch im Einkaufskorb landen.

Der virtuelle Garten-Besitzer erhält regelmäßig Informationen über den Garten, zum Beispiel wie feucht der Boden gerade ist, ob Schädlinge bekämpft werden müssen oder ob Unkraut zu jäten ist. „In der App kann ich dann auf ‚gießen‘ klicken. Wir erledigen das dann für den Kunden“, so Raunig.

Dabei werden wirklich nur jene Arbeitsschritte durchgeführt, die dieser vorgibt. Auch wenn es nicht um nicht unbedingt logische Schritte handelt. „Es sollte ja schließlich eine Simulation von einem richtigen Garten sein. Nur haben viele Leute einfach nicht die Möglichkeit dazu, einen ‚echten Garten‘ zu haben.“

Die App dokumentiert auch digital den Reifefortschritt der angepflanzten Gemüsesorten, der auf einem Balken digital angezeigt wird. „Wenn zum Beispiel die Karotten reif sind, kann ich sie in meinen Erntekorb ziehen. Das ist für uns das Signal, sie zu ernten und zu verpacken. Wir schicken sie dann Co2-neutral dem Kunden zu“, so Raunig. Es gibt auch eine Webcam-Funktion, über die sich der Gartenbesitzer 24-Stunden am Tag ein Bild davon machen kann, was gerade in der Grünoase vor sich geht.

Auf Facebook dokumentiert Christoph Raunig in humoristischen Kurzvideos, wie die Gartenarbeit verläuft.

Bezahlt wird mit virtueller Währung

Für den Garten muss der Nutzer Miete bezahlen. Die unterschiedlichen Tätigkeiten, die im Garten verrichtet werden, werden mit virtuellen Geldeinheiten, sogenannten „Credits“, bezahlt. Man lädt sie - so wie bei einem Computerspiel - einmal auf und kann dann frei darüber verfügen und Arbeiten verrichten lassen. Ein Kilogramm Karotten kommt im Durchschnitt auf 2,50 Euro.

„Wir machen das nicht, um groß zu verdienen, sondern dass sich auch die Personen, die nicht die Möglichkeit haben, einen eigenen Garten zu betreiben, mit der Natur auseinander setzen können wie wir am Land. Sie sollen erfahren, wie viel dahinter steckt, bis die Produkte reif sind. Damit soll das Bewusstsein geschärft werden“, so der Drautaler.

„Anschauungsunterricht“ am Feld für Schüler geplant

2.500 Stunden brauchte Christoph Raunig und sein Team bis jetzt für das Programmieren, weitere 500 Stunden sind noch nötig, bis die App dann im Sommer oder spätestens im Frühjahr auf den Markt kommt. „Es ist eine sehr komplexe Sache, weil viele Datenbanken im Hintergrund laufen“, so Raunig. Die Plattform, auf der virtuell „geackert“ werden kann, ist schon online.

Ein weiteres Ziel der beiden Oberkärntner ist es, auch Schulen zum Mitmachen zu motivieren: „Die Kinder könnten vormittags in der Theorie lernen, worauf es beim Bestellen eines Ackers ankommt und dann am Nachmittag bei uns mit ihren eigenen Händen ausprobieren, wie die Feldarbeit in der Praxis so ist.“

Als bestes Startup Kärntens ausgezeichnet

Die junge Wirtschaft Kärtnen wählte myAcker.com im Rahmen des 90-Sekunden-Awards zum besten Startup Kärtnens, es wurde auch mit dem ersten Platz in der Kategorie Entrepreneur und mit dem Publikumspreis ausgezeichnet.

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