Stadtwerkevorstand Karre wirft Handtuch

Der Vorstandsdirektor der Klagenfurter Stadtwerke, Romed Karre, hat am Montag seinen Rücktritt bekanntgegeben. Er erhebt schwere Vorwürfe gegen die Stadt und spricht von einer „andauernden politischen Hetze“ gegen die Stadtwerke.

Die Stadtwerke kommen nicht zur Ruhe: Im Februar dieses Jahres wurde der zweite Stadtwerke-Vorstand Christian Peham abberufen. Die Rede war von der Weitergabe vertraulicher Unterlagen und Vertrauensverlust von Seiten der Stadt - mehr dazu in Peham will Entlassung gerichtlich anfechten. Ende Februar wurde der Finanzvorstand mit Sabrina Schütz-Oberländer neu besetzt - mehr dazu in Klagenfurt: Wirbel um Stadtwerke. Schon damals kritisiert Karre den Stadtsenat, sprach von Vertragsbruch und politischer Willkür.

Zweiter und dritter Vorstand bestellt

Im Mai wurde schließlich vom Stadtwerke-Aufsichtsrat mit Clemens Aigner einen dritten Vorstand bestellt. Begründet wird dies von den Stadtwerken mit der „Fülle betriebswirtschaftlicher Aufgaben" - mehr dazu in Dritter Stadtwerke-Vorstand bestellt. Er soll seinen Posten am 1. Juni antreten. Am Montag zog Romed Karre die Konsequenzen und erklärte seinen sofortigen Rücktritt nach elf Jahren im Vorstand: „Nachdem es in Richtung Kreditschädigung, Verleumdung und üble Nachrede geht, ist es notwendig, etwas zu tun.“

„Zumutung für Kunden und Mitarbeiter“

Karre sagte, die „seit Monaten andauernde, rein politisch motivierte Hetze gegen die Stadtwerke Gruppe sei eine Zumutung für alle Mitarbeiter, für die Kunden und für den Vorstand“. Sie hätte bei den Stadtwerken bereits einen Schaden in Millionenhöhe verursacht. Die Stadtwerke Klagenfurt AG sei in den letzten Jahren erfolgreich saniert worden und das Unternehmen habe im Jahr 2015 das beste Betriebsergebnis seiner Geschichte erwirtschaftet.

Trotzdem würden fast täglich von Seite des Eigentümers medial Unwahrheiten über das Unternehmen verbreitet, völlig unprofessionell und äußerst ruf- und kreditschädigend, sowohl für das Unternehmen als auch für ihn selbst, so Karre. Außerdem werde laufend versucht, auf Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes Einfluss zu nehmen, was in einer AG völlig inakzeptabel und gesetzwidrig sei und vom persönlich dafür haftenden Vorstand nicht akzeptiert werden könne.

„Wie in Nordkorea“

Seine Vorwürfe richten sich gegen Bürgermeisterin Maria-Luise Mathiaschitz (SPÖ) als Eigentümervertreterin und Teile des Aufsichtsrates. Die Beratungskosten für den Aufsichtsrat hätten sich binnen eines Jahres verzwanzigfacht, es hätte mehrfach unzumutbare Eingriffe in die Geschäftsführung gegeben wie beim Hallenbad oder dem Fernwärme-Liefervertrag mit der Riegler-Zechmeister-Gruppe. Karres Erklärung dafür: „Parteipolitische Umfärbung der übelsten Art, ich habe das nur in Nordkorea oder Kuba für möglich gehalten.“

Karre zu Leyroutz: Vorwürfe unrichtig

Das umstrittene 130.000-Euro-Honorar an FPÖ-Klubobmann Christian Leyroutz für seine Tätigkeiten beim Rückkauf der Energie Klagenfurt, verteidigte Karre. Er habe mit Leyroutz als damaligem Aufsichtsratsvorsitzenden einen mündlichen Werkvertrag vereinbart, da Leyroutz dank seiner Kontakte für das „sensationelle“ Geschäft entscheidend gewesen sei: „Einen Werkvertrag abzuschließen schuldet das Werk und nicht die Stunden.“ Die Diskussion um das Honorar nannte er lächerlich und unfair.

Das Gutachten, wonach Leyroutz um 100.000 Euro zu viel kassiert haben soll, nennt Karre eine Ferndiagnose eines Grazer Rechtsanwaltes, die nun selbst knapp 14.000 Euro koste - mehr dazu in Gutachter prüft Leyroutz-Honorar. Mathiaschitz sagte zu den Vorwürfen der Ruf- und Kreditschädigung, das sei „vollkommen absurd“. Der Aufsichtsrat entscheide, die Stadt spreche sich mit ihm ab, aber sie verlasse sich auf den Aufsichtsratsvorsitzenden. Bei soviel Steuergeld müsse man manchen Personen auf die Finger klopfen, „das muss man aushalten.“

„Rücktritt Erleichterung“

Die Stadtwerke Klagenfurt als „Selbstbedienungsladen“ zu beschimpfen sei nicht nur unwahr, sondern grob bösartig, so Karre. Er habe vielmehr das Gefühl, dass die Verantwortlichen gerade jetzt dabei seien, einen solchen aus dem stadteigenen Unternehmen zu machen. Daher sei sein Rücktritt eine „richtige Erleichterung“ für ihn, schloss Karre.

Aufsichtsrat: Flucht nach vorne angetreten

Bürgermeisterin Mathiaschitz wies die Vorwürfe des zurückgetretenen Stadtwerke-Vorstands Romed Karre zurück. Sie habe gemeinsam mit Aufsichtsratschef Walter Groier in den Stadtwerken einen „Selbstbedienungsladen einiger weniger“ aufgedeckt, man sei seit Monaten mit dem Aufräumen von Altlasten beschäftigt, sagte Mathiaschitz in einer Aussendung. Der Rücktritt Karres sei seine persönliche Entscheidung, die sie zur Kenntnis nehme, an oberster Stelle stehe für sie die Sicherstellung der Handlungsfähigkeit des Unternehmens.

Aufsichtsratschef Groier erklärte, Karre trete offenbar „die Flucht nach vorne“ an: „Ein mir vorliegendes Rechtsgutachten wirft Karre im Zusammenhang mit der Causa Leyroutz eine grobe Pflichtverletzung vor und stellt damit einen Abberufungsgrund in den Raum.“ Dabei gehe es um das Honorar an FPÖ-Klubobmann Leyroutz. Karre habe im Wissen um dieses Gutachten bereits im Vorfeld das Handtuch geworfen, sagte Groier in der Aussendung.

Neuer Rechtsstreit zu erwarten

Karres Aufgaben in den Stadtwerken soll nun die erst seit April im Unternehmen tätige Vorständin Schütz-Oberländer mit übernehmen. Der neu bestellte dritte Vorstand Clemens Aigner werde rasch seine Arbeit aufnehmen, so Mathiaschitz. Stadt und Stadtwerke müssen sich nun aber voraussichtlich auf einen zweiten Arbeitsgerichtsprozess neben dem gegen Ex-Vorstand Christian Peham einstellen. Dieser fordert ja auf dem Klagsweg mehr als 1,1 Millionen Euro Gehaltsfortzahlung. Karres Vertrag wäre noch fast drei Jahre gelaufen, er wolle, was ihm zustehe.

Germ: Stadtwerke im Chaos

Der freiheitliche Stadtparteiobmann Wolfgang Germ sagte am Montag in einer Aussendung, Mathiaschitz stürze die Stadtwerke ins Chaos. Karres Rücktritt sei der GAU, das größte anzunehmende Unglück. Es sei davon auszugehen, dass Karres Vorwürfe von der Staatsanwaltschaft geprüft werden. Auch FPÖ-Vizebürgermeister Christian Scheider sagte, das fahrlässige Vorgehen der Bürgermeisterin werde noch eine finanzielle Katastrophe für die Stadt und die Stadtwerke bedeuten.

ÖVP: Bedauern

Der geschäftsführende ÖVP-Stadtparteiobmann Markus Geiger sagte zum Rücktritt Karre, man bedaure dies, Karre sei der technische Kopf der Stadtwerke. Der ausgezeichneten Umsatzentwicklung bei den STW stehen diverse Unruhen in den letzten Jahren gegenüber. Die Forderungen beim Rücktritt könne er aber nicht nachvollziehen, so Geiger. Warum sollte es eine finanzielle Abgeltung geben, wenn jemand zurücktrete.

Der parteilose Gemeinderat Klaus-Jürgen Jandl sagte in einer Reaktion, Karres Rücktritt sei teils verständlich und nachvollziehbar, damit werde das „never ending Chaos“ fortgesetzt. Er werde in der nächsten Sitzung des Gemeinderates einen Antrag einbringen, die Stadtwerke von einer AG in eine GmbH umzuwandeln. Damit wären die Gemeinderäte als Aufsichtsorgan zuständig.

Für das BZÖ meldete sich Gemeinderat Klaus Kotschnig zu Wort. Die Stadtwerke entwickeln sich immer mehr zur Großbaustelle und zum Millionengrab, so Kotschnig. Es sei nötig, die Rechtsform des Unternehmens zu ändern, teilt er die Meinung von Klaus-Jürgen Jandl.