Zentralmatura: Experte ortet Manipulation

Das gute Abschneiden bei der Zentralmatura lässt bei Experten Alarmglocken schrillen. Der „Vater“ der schriftlichen Zentralmatura, der Kärntner Mathematiker Werner Peschek, spricht von Manipulation bei Nachprüfungen. Der Landesschulrat weist dies zurück.

Von 2008 bis 2012 entwickelte Universitätsprofessor Peschek im Auftrag des Innenministeriums das Konzept der Zentralmatura. Was letztlich dabei herauskam, damit ist er nicht zufrieden. Vor allem die ursprünglich nicht geplante „Kompensationsprüfung“ findet seine Kritik.

Zehn Prozent der österreichischen Maturanten fielen 2015 bei der Zentralmatura durch. 14 Tage später konnten die Fünfer-Kandidaten zur mündlichen Kompensationsprüfung antreten, die ca. 25 Minuten dauert. Und siehe da: 60 Prozent konnten ihren Fünfer ausbessern. Ein positives Ergebnis, dem Peschek so gar keinen Glauben schenkt. Das Lerninhalte von vier Jahren in so kurzer Zeit aufgeholt werden können, das hält er schlichtweg für unmöglich. „Die beiden Test liefern ganz unterschiedliche Ergebnisse. Welcher Test testet also, was er testen soll?“

Noten „völlig intransparent“

Bei der mündlichen Prüfung seien die Fragen zwar zentral vorgegeben, die Beurteilung sei aber „völlig individualisiert und nachträglich nicht mehr re-konstruierbar.“ Die Noten würden also „völlig intransparent“ vergeben, „und dann widersprechen die Noten in 60 Prozent der Fälle auch noch dem Ergebnis der schriftlichen Prüfung.“ Peschek: „Wenn man mag, kann man das als Manipulation bezeichnen.“

Eine Manipulation der Maturaergebnisse hält Peschek für sehr bedenklich: „Damit deckt man Probleme zu, anstatt sie konstruktiv anzugehen. Das ist typisch österreichisch – wir haben keine Probleme, die lassen wir erst gar nicht zu.“ Die Zentralmatura gehe in dieser Form an ihrem eigentlichen Ziel vorbei. Nämlich, die teilweise beträchtlichen Unterschiede zwischen den Schulen aufzuzeigen und allen Schülern ein Basiswissen und Basis-Können zu vermitteln.

„Kompensationsprüfung abschaffen“

Würde die schriftliche Prüfung wiederholt, dann sähe das Ergebnis anders aus, meint Peschek. Er schätzt, dass gerade einmal ein Prozent der Fünfer-Kandidaten den schriftlichen Test positiv absolvieren könnten. In der von ihm mitentwickelten schriftlichen Zentralmatura sieht Peschek zwar weiter einen Erfolg, die mündliche Kompensationsprüfung sehe er dagegen gerne abgeschafft. Stattdessen sollte die schriftliche Prüfung ganz oder teilweise wiederholt werden, „das ist 1:1 vergleichbar.“

Eine weitere Verbesserungsmöglichkeit für die schriftliche Zentralmatura schlägt Peschek ebenfalls vor: Eine Blind- oder Mehrfachbeurteilung der Matura-Arbeiten. In Kärnten fiel die Zentralmatura übrigens besser aus, als im Österreichschnitt. Schriftlich und mündlich waren die Kärntner Maturanten mit 2,1 Prozent negativen Noten besser als der Österreichschnitt.

Landesschulrat: Unverständliche Kritik

In einer Reaktion sagte Landesschulratspräsident Rudolf Altersbergerer, er weise die Vorwürfe entschieden zurück. Auch ihn hätten die guten Ergebnisse bei der Kompensationsprüfung gewundert, daher sei genau hingeschaut worden. Die Fragen seien zentral verschickt worden, auch die prüfenden Lehrer hätten sie vorher nicht gekannt. „Die Lehrer haben sich selbst über die schweren Fragen gewundert“, so Altersberger.

Erklärbar seien die Ergebnisse vielleicht dadurch, dass die Schüler ja bereits gut vorbereitet waren, hätten vielleicht ein Blackout bei der schriftlichen Arbeit gehabt. Altersberger sagte, er verstehe auch nicht, warum die Kritik ein Jahr nach der Matura komme, kurz vor den heurigen Maturaprüfungen. Das sei pädagogisch nicht sehr geschickt. Transparenter als die Zentralmatura könne man Prüfungen und Benotungen nicht machen, sagte Altersberger.

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