Urteile: Wie viel Einfluss haben Gutachter?

Ein hochrangiger Justizwachebeamter wird bei einem Einbruch auf frischer Tat ertappt, kommt aber ohne Gerichtsverfahren davon. Der Fall wird in Kärnten heiß diskutiert, wirft aber einmal mehr die Frage auf, wie groß der Einfluss von Gutachtern auf Verfahren ist.

Justitia ist das Symbol der Gerechtigkeit und Rechtsprechung ohne Ansehen der Person. In der Regel wird sie mit Augenbinde dargestellt. Aber hat sie in diesem Fall zusätzlich beide Augen zugedrückt? Selbst manche Juristen fragen sich, warum ein beim Einbruch ertappter Justizwachebeamter und ehemaliger Gewerkschaftsfunktionär straffrei davonkommt. Laut einem Privat- und einem Gerichtsgutachten war der Mann zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig, wegen einer depressiven Verstimmung, leichter Alkoholisierung und nach dem verzweifelten Blick auf seine Konten, bei denen er „nur rot“ gesehen habe. Sinngemäß heißt es im Gutachten, der Beamte habe nicht erkennen können, dass er eine Straftat begeht.

Rechtsexperten müssen Sachverständige heranziehen

Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft Graz haben die Anklage zurückgezogen, weil das Gerichtsgutachten keine Zweifel an der Unzurechnungsfähigkeit gelassen hätten. Stellt sich die Frage: Wie viel Einfluss haben Gerichtsgutachter grundsätzlich auf die Verfahren? Gernot Kanduth, Vorsitzender der Richtervereinigung in Kärnten, will den aktuellen Fall nicht kommentieren, er sagt aber: „Das Abhängigkeitsverhältnis ist naturgemäß -wir Richterinnen und Richter sind keine medizinischen, technischen, psychiatrischen Experten. Wir können gewisse Tatsachenfragen nur lösen, wenn wir Sachverständige und Experten heranziehen. Wir sind Rechtsexperten, das können wir, können aber nicht ohne Weiteres beurteilen, ob ein Sachverhalt so ist, wie es eine Seite oder die andere behauptet.“

Aktueller Fall: Gerichtsgutachter genießt guten Ruf

Mittlerweile kommen bei den meisten Verfahren Gerichtsgutachter zum Einsatz. Sie müssen nicht nur Experten in ihrem Fachbereich sein, sondern auch eine Rechtsprüfung ablegen und werden dann in eine Sachverständigenliste eingetragen. „Da zieht man natürlich immer wieder jene Sachverständigen heran, mit denen man schon gute Erfahrungen gemacht hat, die also ihre Vorgutachten nachvollziehbar schlüssig begründet haben“, so Gernot Kanduth.

Der im aktuellen Fall von der Staatsanwaltschaft eingesetzte Gutachter genießt am Landesgericht einen guten Ruf und wird regelmäßig herangezogen. Wie es mit dem suspendierten Justizwachebeamten weitergeht, ist unterdessen noch offen. Die Vollzugsdirektion in Wien lässt jetzt prüfen, ob der Mann noch für den Exekutivdienst tauglich ist und eine Waffe tragen kann. Feststellen muss das ein psychiatrischer Gutachter.

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