„Hummer-Prozess“: Zeugen hatten Angst

Der Prozess gegen den Villacher, der mit seinem SUV der Marke „Hummer“ in Ungarn einen Polizisten überfahren und getötet haben soll, wurde am Dienstag fortgesetzt. Fünf deutsche Zeugen kamen nicht, weil sie in Ungarn Angst vor den Behörden hätten.

Die seinerzeitigen Begleiter des angeklagten „Hummer“-Fahrers - insgesamt fünf deutsche Staatsbürger, von denen drei einen „Hummer“ gelenkt hatten -, die am Dienstag als Zeugen vernommen hätten werden sollen, blieben der Verhandlung fern. Sie hatten im Vorfeld das Gericht wissen lassen, sie würden in kein Land reisen, in dem sie Angst vor den Behörden haben müssten.

Vorfall mit Handy gefilmt

Zumindest einer der deutschen Fahrer hatte das Geschehen mit seinem Smartphone gefilmt und das Video veröffentlicht, nachdem er die Speicherkarte außer Landes gebracht hatte, weil er den ungarischen Behörden nicht traute - mehr dazu in Video zu „Amokfahrt“ in Ungarn aufgetaucht (kaernten.ORF.at; 19.11.2012). Der Staatsanwalt kritisierte nun dieses Verhalten und rügte, die Zeugen hätten das Material den Strafverfolgungsbehörden nicht zur Verfügung gestellt. Die Deutschen befürchten, sie könnten wegen Unterdrückung von Beweismitteln belangt und möglicherweise eingesperrt werden, sollten sie neuerlich ungarischen Boden betreten.

Aussagen entlasten Angeklagten

Da sie nicht erschienen, wurden ihre Aussagen verlesen, die sie unmittelbar nach dem Zwischenfall abgegeben hatten, der den Polizisten Imre K. das Leben gekostet hatte. Die Deutschen hatten einhellig das Verhalten der Polizei als ausschlaggebend für den gewalttätigen Verlauf der Amtshandlung bezeichnet. Nachdem der Angeklagte Imre K. niedergestoßen hatte, sei er mit erhobenen Händen aus dem Fahrzeug ausgestiegen. Dennoch habe der zweite Motorrad-Polizist auf ihn geschossen. Der gebürtige Villacher, den sie übers Internet kennengelernt hätten und der ihrer Wahrnehmung zufolge während der gesamten Off Road-Tour keine Drogen zu sich nahm, habe sich „nur gewehrt“.

Zwei Zeugen bestätigten die Darstellung des Angeklagten, der behauptet, vom zweiten Motorrad-Polizisten mit einem Pfeffer- bzw. Paprika-Spray besprüht worden zu sein. Sie hätten eine „rote Wolke“ gesehen. Die Messer, die der Österreicher bei sich hatte, habe dieser nicht gegen die Polizei gerichtet und auch nicht damit gekämpft. Die Zeugen kritisierten, dass sich keiner der Polizisten um den regungslos verletzt am Boden liegenden Kollegen kümmerte. Einer von ihnen habe dem Mann zu Hilfe kommen wollen, doch die Beamten hätten das nicht zugelassen.

Zeuge der Anklage erschien doch

Am Vormittag sagte der „Kronzeuge“ der Anklage aus: Ferenc M. soll im Vorfeld der Verhandlung noch angekündigt haben, er werde der Ladung nicht nachkommen und nicht aussagen. Laut ungarischen Medienberichten soll Ferenc M. dem Gericht einen Brief geschrieben und betont haben, er würde sich „heute nicht mehr so deutlich an die Ereignisse erinnern wie nach der Straftat“. Er stünde zu seinen ursprünglichen Angaben, werde aber seiner Zeugenladung nicht nachkommen. Er sei nicht nur Zeuge des Geschehens gewesen, sondern hätte der Polizei auch bei der Festnahme des Verdächtigen geholfen. Deswegen habe er vor möglichen Reaktionen von Freunden des angeklagten Mechanikers Angst, hatte der Mann avisiert - mehr dazu in Mordprozess: Kronzeuge aus Ungarn hat Angst (kaernten.ORF.at; 6.10.2013).

„Keinen Pfefferspray gesehen“

Ferenc M. stand aber am Dienstag dennoch vor Richter Attila Joo und erzählte, er sei erst am Ort des Geschehens gewesen, als der Angeklagte den Motorrad-Polizisten Imre K. bereits niedergestoßen und überrollt hatte. Die Fenster des „Hummer“ seien geschlossen gewesen, Spuren eines Gassprays hätte er nicht wahrgenommen. Der Villacher behauptete, er wäre von einem zweiten Polizisten durch die geöffnete Seitenscheibe angesprüht worden, sei daraufhin „in Panik“ aufs Gaspedal gestiegen und habe ungewollt den rechts vor dem Hummer positionierten Imre K. zu Boden gestoßen.

Zeuge will Messerattacke gesehen haben

Im weiteren Verlauf seiner Befragung schilderte Ferenc M., der „Hummer“-Fahrer habe nach dem Aussteigen den zweiten Motorrad-Polizisten mit Messern angegriffen. Eine Darstellung, die der Angeklagte entschieden abstreitet. Der Beamte habe dem bewaffneten „Hummer“-Fahrer gezielt in die Hand geschossen, so der Zeuge. Der Österreicher habe dessen ungeachtet weiter „getobt“. Da habe der Polizist die Pistole gegen den Kopf des 35-Jährigen gerichtet, der wiederum nach dem Lauf gegriffen habe.

In dieser Situation habe er, Ferenc M., dem Polizisten die Waffe weggeschlagen und „Holt lieber Handschellen“ gerufen, gab der Zeuge zu Protokoll, der von vier bis fünf Messern sprach, die er wahrgenommen hätte. Bei der Durchsuchung des Fahrers nach dessen Festnahme waren drei sichergestellt worden. Eines trug der Villacher, der beteuert, zu keinem Zeitpunkt mit einer Waffe auf die Beamten losgegangen zu sein, in einer Kette um den Hals.

Aussage zugunsten der Polizisten

Auf die Frage des Richters, ob der Angeklagte Selbstverteidigung geübt oder einen Angriff gesetzt hätte, erklärte der Zeuge, es habe sich um einen Angriff gehandelt. Die Polizei habe sich demgegenüber „korrekt verhalten“.

Verteidiger Janos Buza verlangte eine Untersuchung, ob der Waffengebrauch der Beamten überhaupt gesetzmäßig war. Auf die Reifen des „Hummer“ waren bereits Schüsse abgegeben worden, als dieser - trotz Polizeisirenen und Blaulichts der ihn verfolgenden Motorräder - noch nicht stehen geblieben war. „Nicht mal im Wilden Westen darf ohne Warnung einfach auf ein Auto geschossen werden“, sagte Buza.

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