„Elefantenrunde“ vor der Landtagswahl

Die Spitzenkandidaten der sechs Parteien, die im Landtag bzw. Nationalrat vertreten sind, haben einander am Sonntag zu einer abschließenden Diskussionsrunde vor der Landtagswahl am 3. März im ORF-Theater in Klagenfurt getroffen.

Unter der Leitung von ORF-Kärnten-Chefredakteur Bernhard Bieche diskutierten Gerhard Dörfler (FPK), Peter Kaiser (SPÖ), Gabriel Obernosterer (ÖVP), Rolf Holub (Grüne), Josef Bucher (BZÖ) und Gerhard Köfer (Team Stronach). Zu den wichtigsten Themen hatten die Teilnehmern kontroversielle Ansichten. Einig war man sich darin, Kärnten braucht ein neues Image. Außer der FPK will auch keine Partei den Zukunftsfonds antasten. Bis auf das BZÖ könnte sich keine andere Partei eine Koalition mit der FPK vorstellen.

Spitzenkandidaten Wahl 2013

APA/Gert Eggenberger

Schadeten Skandale Kärntner Image?

Die erste Frage lautete, ob der Grund für die vorgezogenen Neuwahlen, nämlich Skandale, Ermittlungen, Prozesse und Rücktritte, dem Image des Landes geschadet hätte. Dörfler sagte dazu, man müsse die Korruption sauber beleuchten, es gebe solche Fälle nicht nur in Kärnten, sondern auch außerhalb in Österreich. Man müsse alles aufklären, sagte Dörfler und gratulierte Rolf Holub als „Oberaufdecker“, der so lange gesucht habe, bis sich der Rechtsstaat mit den Fällen beschäftigt hätte.

Pressestunde spezial

ORF III wiederholt die Diskussion in einer Aufzeichnung am 24. Februar 2013 österreichweit um 16.55 Uhr. Die gesamte Diskussion wird am 25. Februar 2013 ab 21.03 Uhr in der Sendung „Radio Kärnten Streitkultur“ wiederholt.

Proporz tut System nicht gut

Peter Kaiser sah die Neuwahl als Schritt in die richtige Richtung. Die Skandale hätten die politische Ethik nachhaltig gestört. Die SPÖ stehe für Sauberkeit, Anstand und Verlässlichkeit. Aber auch fachliche Dinge bringen Kärnten in Rückstand, so Kaiser, und nannte Arbeitslosigkeit, Armutsgefährdung und Abwanderung. Obernosterer sagte, wenn man glaubwürdig sein wolle, müsse man vor der eigenen Tür kehren. „Wir sind dazu gestanden, was in der ÖVP passierte. Wir waren die Einzigen, die Konsequenzen gezogen haben.“ Man habe die Partei neu aufgestellt, und man könne den Leuten wieder ins Gesicht schauen.

Holub meinte, er empfinde angesichts der Aufdeckung keine Genugtuung, sondern Scham, wie schlimm das System in Kärnten und Österreich sei. „Zwei Parteichefs wurden verurteilt, deshalb wählen wir jetzt.“ Korruption sei nicht die Ausnahme, sondern die Norm. Alle, die hier sitzen, hätten dem Proporz gedient, sagte Holub. Das habe dem System nicht gutgetan. Die Grünen hätten mit fünf Prozent 95 Prozent kontrollieren müssen.

Ergebnis der Wahl 2009

FPK (vormals BZÖ): 44,89 Prozent
SPÖ: 28,74 Prozent
ÖVP: 16,85 Prozent
Grüne: 5,15 Prozent

Einig im Wunsch nach Wiederaufbau

Bucher, bei dem es in dieser Wahl um das politische Überleben geht, sagte, vor vier Jahren sei das BZÖ eine politische Kraft gewesen. Dann sei ihm von den Machtgelüsten der Scheuch-Brüder der Boden weggezogen worden. Man wollte eine saubere Politik in Kärnten machen. Kärnten brauche politischen Wiederaufbau, besonnene Politiker, die auf Land und Menschen achten. Man müsse die Landflucht stoppen und Arbeitslosigkeit eindämmen. Für Köfer ist die Situation in Kärnten einmalig. Täglich gebe es Streit zwischen Parteiführern, man streite aus nicht nachvollziehbaren Gründen. Kärnten habe kein Budget, das gebe es nirgends. Kärnten habe den höchsten Schuldenstand in der Geschichte. Es gebe eine soziale Schieflage durch Pflegeregress einerseits und 30 Euro Teuerungsausgleich andererseits.

Wer kann mit wem oder nicht?

Die nächste Frage betraf vorstellbare Koalitionen bzw. Kooperationen. Köfer trat für das Spiel der freien Kräfte in der Regierung ein, er wolle keine Koalition eingehen und für niemanden Steigbügelhalter sein. Dörfler würde er nicht zum Landeshauptmann wählen. Bucher hingegen kann sich eine Koalition mit allen anderen Parteien vorstellen. Man müsse alle Streitereien beenden. Köfer nannte er einen „politischen Geisterfahrer“, wenn er glaube, es gehe ohne Koalition. Er könnte Dörfler zum Landeshauptmann wählen, wenn dieser Kurt Scheuch einmal beiseitestelle und nicht als dessen Marionette fungiere. Er stellte klar, er wolle eine Mitte-rechts-Koalition und Rot-Grün-Stronach verhindern, so Bucher.

Holub sagte, zuerst müsse es einen Kassasturz geben, alle müssten sich an einen Tisch setzen und ihre Skandale aufarbeiten. Dann könne er mit jedem. Nur mit der FPK werde es schwer, denn „die geben ja nicht einmal zu, was sie gemacht haben“, so Holub. Obernosterer erinnerte daran, dass man jetzt wähle, um das System zu verändern. Die FPK habe sich ja selbst herausgenommen. Sie hätte das Plakatverbot verlangt, sich aber nicht daran gehalten. Sie haben eine Öffnung des Zukunftsfonds zur Partnerbedingung gemacht. Er schließe konkret eine Koalition mit Dobernig, Dörfler und Scheuch aus, so Obernosterer.

Auch für Peter Kaiser ist eine Koalition mit der FPK unvorstellbar. Er wolle andere Mehrheiten und das System ändern. Eine wichtige Rolle sieht er für die Sozialpartner vor, mit denen er sich vierteljährlich zusammensetzen will, um Probleme des Landes zu diskutieren. Zusammenarbeit ja, doch Koalition sei etwas anderes, so Kaiser. Dörfler meinte, Politiker, die ihr Land schlechtmachten, seien unwählbar. Er habe eine Koalition mit dem Wähler. Die stimmenstärkste Partei sollte den Landeshauptmann stellen, bekräftigte er. Niemand sei auszuschließen, Zusammenarbeit sei wichtig.

Zukunftsfonds: Unveränderte Ansichten

Das nächste Thema war der Zukunftsfonds. Die FPK will das Geld investieren, die anderen Parteien wollen den Fonds nicht antasten, sondern die Zinsen verwenden. Dörfler wunderte sich über die Vergesslichkeit der anderen Parteien, denn auch Holub und Kaiser hätten über eine Öffnung des Fonds nachgedacht. Außerdem sei der Fonds immer auch von der ÖVP verwaltet worden. Er wolle Arbeitsplätze mit dem Geld schaffen.

Kaiser gab zu, dass Nachdenken eine wichtige Kategorie in der Politik sei. Aber er stelle sich nicht vor, dass man Geld auf eine Karte lade, um dafür Zahnprophylaxen durchführen zu lassen. Zuerst müsse man alles prüfen, der Fonds bringe Zinsen, die man für nachhaltige Projekte einsetzen könnte. Eine Plakataktion, die Geldsegen verspreche, sei dagegen verwerflich, so Kaiser. Obernosterer sagte, der Name Zukunftsfonds zeige doch schon klar, was man damit machen solle. Man habe bisher auf die Nachhaltigkeit bei Investitionen vergessen. Man müsse Gelder für Bildung, Forschung und Innovation verwenden und den Fonds selbst nicht antasten.

Wahldiskussion Elefantenrunde

APA/Gert Eggenberger

Einigkeit: Arbeitsplätze schaffen

Holub kritisierte, dass in letzten Jahren 1,3 Mrd. Euro ohne Nachhaltigkeit irgendwo investiert worden seien. Man müsse nachhaltig und intelligent investieren. Es stünden KELAG-Dividende und Zinsen zur Verfügung. Für Bucher ist das BZÖ die einzige Partei, die klare Vorstellungen habe. Der Fonds solle nicht angetastet werden, er möchte eine Volksbefragung über die Verwendung. Sinnvoll könne man die Zinsen für Wachstum und Beschäftigung verwenden, ein Expertenrat solle die Verwendung prüfen.

Für Köfer wäre es die vornehmste Aufgabe, bestehende Arbeitsplätze zu sichern, Stichworte Pago, AZ-Bau, Griffner. Kärnten habe alles verkauft. Er stellte die Frage in die Runde, ob jemand genau wisse, wie der Fonds wirklich veranlagt sei. Warum zeige sich das Sondervermögen in keiner Bilanz? Es sei das Geld der Kinder und Enkel, nur die Zinsen seien zu verwenden, so Köfer.

Sozialbereich: Kürzen, stärken?

Im Sozialbereich zeigten sich die Unterschiede der Standpunkte. Köfer will im Sozialbereich selbst nicht sparen, aber in der Verwaltung. Bucher sagte, man müsse das System ändern und nicht nur Geld austeilen. Kärnten habe mehr Armutsgefährdete als Restösterreich. Holub propagierte einen Mindestlohn, jeder solle mit dem Geld auskommen können, das er verdiene. Obernosterer ist dafür, die Beiträge, die in Kärnten höher seien als in Restösterreich, an den Durchschnitt anzupassen. Das setze Mittel frei, die man in die Bildung investieren könnten.

Kaiser trat für sozialen Rechtsanspruch statt Almosen ein. Man sollte Referate wie Gesundheit, Soziales, Krankenanstalten und Senioren zusammenführen. Armut könne man durch Bildung verhindern, auch er trat für 1.500 Euro Bruttomindestlohn ein. Dörfler lobte die höheren Kärntner Sozialleistungen wie Mindestsicherung und Pendlerförderung und kritisierte die Kälte der ÖVP. Das gesamte Sozialpaket mache nur 0,16 Prozent des Budgets aus, so Dörfler.

Auf die Frage, wie hoch die Wahlkampfkosten seien, versicherten alle Parteien, sie hielten sich an die gesetzlichen 500.000 Euro.

Wie kann man die Jugend halten?

Immer mehr junge Leute studieren außerhalb Kärntens, viele kommen danach nicht mehr zurück. Die Bevölkerungszahl Kärntens schrumpft. Als Rezept dagegen nannte Dörfler internationale Zuwanderung durch Leitbetriebe wie Infineon, die erfolgreiche Integration von 10.000 Bosniern und eine Bildungsoffensive im Alpe-Adria-Raum. Kaiser meinte, man müsste junge Leute motivieren, nach dem Studium zurückzukommen und nannte Hilfe bei der Wohnungssuche, bessere Kinderbetreuung, Jobbörsen und Frauenarbeitsplätze.

Obernosterer blieb bei seinen drei Eckpunkten Bildung, Forschung und Innovation. Gute Ansätze gab es mit Lakeside-Park, Uni oder Infineon. Er trat gegen die Med-Uni ein, weil man wieder etwas Neues halb anfange und anderes liegenlasse, so Obernosterer. Es gebe Experten, die man fragen könne.

Holub meinte, er habe mit jungen Leuten darüber gesprochen, warum sie nicht nach Kärnten zurückkommen wollen. Hier wurden vor allem mangelnde Studienrichtungen, schlechter öffentlicher Verkehr, weniger Verdienst und keine Kinderbetreuung genannt. Er sei dafür, ein Kärntenstipendium einzurichten, das nur ausbezahlt werde, wenn man sich zu ein paar Jahren Arbeit in Kärnten verpflichte. Bucher will einen Jugendlandtag einrichten, weil die Jugend keine verbindliche Stimme habe. Man sollte sich die Studienrichtungen ansehen und ausweiten in Richtung IT, Forschung und Hochtechnologie. Köfer lobte die Kärntner Fachhochschulen und trat dafür ein, Kontakte mit Unternehmern zu nützen. Er möchte eine technische Uni in Kärnten gründen.

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