„Fünferlawine“ in Kärntner Gymnasien

Am Freitag haben rund 60.000 Kärntner Pflichtschüler ihre Semesterzeugnisse erhalten, insgesamt gab es rund 10.000 Fünfer. Im AHS-Bereich stieg die Zahl der Fünfer um 55 Prozent. Grund ist laut Landesschulrat die kommende Zentralmatura.

Im AHS-Bereich gab es in diesem Semester 4.787 Nicht genügend, in der Unterstufe 1.682 und in der Oberstufe 3.105. In den Semesterzeugnissen des Vorjahres (2011/12) gab es im AHS-Bereich noch 3.061 Nicht genügend. Führend bei den Fünfern in der Kärntner Gymnasien sind heuer die Gegenstände Mathematik (1.163), gefolgt von den Sprachgegenständen Englisch (744), Deutsch (579), Italienisch (317) und Latein (321).

Die neue Zentralmatura

Zentralmatura bedeutet, dass alle Maturanten eines Schultyps in ganz Österreich am gleichen Stichtag die gleichen Aufgaben erhalten. Grundidee ist die Kompetenzorientierung, die Prüfung von langfristig erlernten Fähigkeiten, weniger das Abfragen kurzfristig erworbenen Detailwissens. Die Schüler sollen so eigenständig Zusammenhänge erkennen und Probleme lösen können. An den Gymnasien ist die Zentralmatura ab 2015 verpflichtend, an den berufsbildenden Schulen ab 2016.

In der Unterstufe und in den berufsbildenden Schulen ist die Zahl der negativen Beurteilungen annähernd gleich wie im Vorjahr, hauptbetroffen von der „Fünferlawine“ sind die Oberstufenklassen.

„Zentralmatura wirft Schatten voraus“

Während es in den letzten Jahren eine sinkende Zahl an Nicht genügend gegeben habe, gebe es nun eine negative Trendumkehr in den Oberstufen der Gymnasien, sagt der Präsident des Landeschulrates, Walter Ebner. Im Landesschulrat glaubt man, die Hauptursache dafür bereits gefunden zu haben: Die Zentralmatura, die im übernächsten Schuljahr eingeführt wird, werfe ihre Schatten voraus, sagt Ebner.

Die Umstellung auf die Zentralmatura bedeutet vor allem, dass der Schüler den Stoff verstehen muss und nicht mehr auswendig lernt. Dass die Lehrer wegen der bevorstehenden Zentralmatura die Leistungen ihrer Schüler schon jetzt strenger bewerten, werde zwar hier und da vermutet, könne aber noch nicht belegt werden, so Ebner. Eine externe Überprüfung der Schulleistungen über die Zentralmatura sei aber natürlich eine Herausforderung für die Lehrer.

Problemfach Mathematik

Die Notenstatistik zeige, dass man die Umstellung auf die Zentralmatura noch nicht geschafft habe. Das liege an allen Beteiligten und auch am Schulsystem selbst. Ebner: „Wir müssen die Lehrer darauf vorbereiten, die neue ‚Kompetenzorientierung‘ auch den Schülern zu vermitteln.“ Hier müsse man mit Fortbildung gegensteuern.

Größtes Problemfach für die Schüler ist die Mathematik. In der Mathematik bedeute die Kompetenzorientierung zum Beispiel, dass auch der Stoff der Vorjahre gefordert werde. Schüler, die gewohnt seien, gesamtheitlich zu denken, würden den Umstieg leichter schaffen. Der Mathematikunterricht müsse von der Volksschule aus reformiert werden, die aktuelle Notenstatistik sei jedenfalls ein „Warnsignal“, sagt Ebner.

Den Schülern empfiehlt Ebner, ihren Leistungsschwächen auf den Grund zu gehen und diese dann gemeinsam mit den Lehrern abzuarbeiten. Die Lehrer müssten ihre Methoden auf die Kompetenzorientierung umstellen.

Elternvereine für mehr Förderunterricht

Die hohe Zahl an Nicht genügend in den Semesterzeugnissen ruft auch die Elternvertreter auf den Plan. Sie fordern als Vorbereitung auf die Zentralmatura mehr Förderunterricht an den Schulen, sagt Gertrude Kalles-Walter, vom Landesverband der Elternvereine. Für die derzeitigen Schüler der Oberstufe sei die Vorbereitung auf die Zentralmatura eine große Umstellung, spätere Generationen würden schon in der Volksschule und Unterstufe vorbereitet werden.

Grund für die steigende Zahl an Fünfern sei aber auch, dass es zu wenig Fördermittel für Nachhilfeunterricht in der Schule gebe. Kalles-Walter: „Es ist dringend nötig, dass die Schulen mehr Förderunterricht anbieten.“ Jeder Schulstandort müsse dazu seine Stärken und Schwäche eruieren. Wichtig sei aber auch eine bessere Vernetzung der Schulen.

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