Birnbacher-Prozess: Anklage ausgeweitet

Am Mittwoch wird der Birnbacher-Prozess fortgesetzt, als Zeugen sind Ex-Hypo-Investor Tilo Berlin und prominente Kärntner Politiker geladen. Der Staatsanwalt weitete zu Prozessbeginn die Anklage aus, die Schadenssumme wurde erhöht.

Bisher ging es in dem Verfahren um die Angemessenheit des Sechs-Millionen-Euro-Honorars für Birnbacher für dessen Hypo-Beratertätigkeit. Die Anhörung der vier Angeklagten - Steuerberater Dietrich Birnbacher, ÖVP-Chef Josef Martinz und die Vorstände der Kärntner Landesholding (KLH), Hans-Jörg Megymorez und Gert Xander - ist vorerst abgeschlossen. Am Mittwoch, dem fünften Prozesstag, begann das Beweisverfahren.

Staatsanwalt: Fingierte Zahlung

Staatsanwalt Andreas Höbl weitete zu Prozessbeginn die Anklage aus. Es geht nun nicht mehr nur um die Angemessenheit des Honorars von sechs Millionen Euro. Birnbachers Leistungen beim Verkauf der Kärntner Hypo an die BayernLB im Jahr 2007 seien nicht notwendig gewesen. Die Gutachten, die die Landesholding, also die Eigentümerin der Hypo Bank, eingeholt haben, um das Honorar für Dietrich Birnbacher zu überprüfen, hätten den Zweck, „diesen illegalen Geldflüssen den Anschein der Korrektheit“ zu geben.

Die Anklage lautet zwar weiterhin auf Untreue, die Schadenssumme ist jetzt aber höher. Der Untreueschaden hatte laut Anklage ursprünglich 5,7 Millionen Euro betragen, der Staatsanwalt erhöhte ihn nun auf die vollen sechs Millionen Euro, die Birnbacher als Honorar ausgezahlt worden waren. Die Sachverständigen, die die Gutachten für die Landesholding erstellt hatten, müssen nun selbst mit strafrechtlichen Folgen rechnen. Die Frage sei, ob sie sich einem „Beitrag zur Untreue“ schuldig gemacht hätten, so Richter Manfred Herrnhofer.

Birnbacher

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Birnbacher am Mittwoch vor Prozessbeginn

Martinz erneut unter Druck

Birnbacher sagte am Mittwoch aus, er habe keine Vorgaben für seine Beratertätigkeit bekommen. Warum das so gewesen sei, konnte der angeklagte ÖVP-Chef Martinz nicht beantworten. Er sei bei der mündlichen Auftragsvergabe durch den damaligen Landeshauptmann Jörg Haider an Birnbacher nicht dabei gewesen sei, sagte er.

„Warum“, wollte der Richter wissen, „stehen in dem Vertrag mit Dietrich Birnbacher keine klaren Vorgaben. Da steht ja nicht einmal ein Preis drinnen, den man beim Verkauf der Hypo erzielen soll?“ Martinz antwortet damit, dass die Eckdaten ja ohnehin bekannt waren. Birnbacher wurde für den „Erfolgsfall“ ein Millionenhonorar in Aussicht gestellt. Was allerdings als Erfolg zu werten sei, wurde nicht definiert.

Berlin nahm Birnbacher „nur am Rande“ wahr

Nach der kurzen Befragung von Martinz wurde der Prozess mit der Zeugeneinvernahme des ehemaligen Hypo-Investors Tilo Berlin fortgesetzt, die jedoch wenig Neues brachte. Birnbachers Engagement habe er nur am Rande mitbekommen, sagte Berlin. Er habe in erster Linie Kontakt mit Haider gehabt, den Steuerberater habe er „zwei- oder dreimal“ in München gesehen, „und es ergab sich das eine oder andere Telefonat“.

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Tilo Berlin auf dem Weg ins Landesgericht

Vereinbarungen zwischen dem Land und Birnbacher habe er nicht gekannt. Auch in Gesprächen mit dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Wolfgang Kulterer sei Birnbacher nie ein Thema gewesen. Die Preisverhandlungen mit den Bayern sei von ihm und seinem Geschäftspartner Matthias Hink geführt worden, Birnbacher sei darin nicht involviert gewesen.

Zahlreiche Politiker als Zeugen

Nach Berlin wurden am Mittwoch und Donnerstag frühere und amtierende Mitglieder der Landesregierung in den Zeugenstand gerufen. ÖVP-Landesrat Achill Rumpold wird ebenso befragt wie Finanzlandesrat Harald Dobernig und Kurt Scheuch von der FPK. Geklärt werden soll, welche Rolle sie als frühere Mitarbeiter von Landeshauptmann Haider und Landesrat Martinz gespielt haben. Scheuch ist als Mitglied des Aufsichtsrats der Holding geladen. Geladen sind auch die früheren Aufsichtsräte Martin Strutz (FPK) und die frühere SPÖ-Landeschefin Gaby Schaunig.

Rumpold: „Kann mich nicht erinnern“

Ausgesagt hat am Mittwoch auch ÖVP-Landesrat Achill Rumpold. Rumpold war während des Hypo-Verkaufs enger Mitarbeiter von Martinz. Rumpold gab an, bei einem „unverbindlichen Termin“ zwischen Martinz und dem damaligen BayernLB-Chef Werner Schmidt im Frühjahr 2007 dabei gewesen zu sein. In Verhandlungen über den Verkauf sei er jedoch „nicht eingebunden“ gewesen. Bei dem Termin in München sei es lediglich um das „Kennenlernen“ von Martinz und Schmidt gegangen.

Birnbacher müsse wohl von Haider und Martinz beauftragt worden sein. In welcher Funktion die beiden gehandelt hätten, wisse er nicht. Was die Leistungen Birnbachers gewesen seien, konnte er auch nicht genau sagen. „Ich kann mich nicht genau erinnern“, lautete der am öftesten gehörte Satz während der Einvernahme Rumpolds.

Das Gespräch am 11. März 2008, bei dem das Birnbacher-Honorar von zwölf auf sechs Millionen Euro reduziert worden war, bezeichnete Rumpold als „unspektakulär“. Wer wann was gesagt habe, wisse er nicht mehr. An das Telefonat mit einem Gutachter konnte er sich dann doch erinnern. Die Verbindung sei von Landesrat Harald Dobernig (FPK) - damals „Adjutant“ von Haider - hergestellt worden. Über Freisprechanlage habe der Gutachter die Angemessenheit des von zwölf auf sechs Mio. Euro reduzierten Honorars bestätigt, sagte der Landesrat. Wer der Gutachter am Telefon war, wusste er wiederum nicht.

Dobernig: „Tat, was Haider mir auftrug“

Finanzlandesrat Harald Dobernig (FPK) war 2007, beim Verkauf der Kärntner Hypo an die BayernLB, Haiders Büroleiter und Mitglied des Aufsichtsrats der Kärntner Landesholding (KLH). Er gab in seiner Zeugenaussage an, er habe getan, was ihm der damalige Landeshauptmann Jörg Haider auftrug, und nichts hinterfragt.

Haider habe ihn am 14. Mai 2007 darüber informiert, dass Birnbacher am Tag darauf im Team bei den Verkaufsverhandlungen mit der BayernLB dabei sein werde, erzählte er. „Hat er Ihnen nicht gesagt, für wen und in wessen Auftrag Birnbacher tätig ist?“, fragte Richter Herrnhofer. „Nein“, antwortete Dobernig knapp. „Und das hat Sie als Aufsichtsrat der Landesholding nicht interessiert?“, darauf der Richter. „Mich interessiert als Aufsichtsrat nur, was die Vorstände berichten“, sagte Dobernig. Über Honorarforderungen sei er nicht informiert gewesen.

„Und Sie hinterfragen mit keinem Wort, warum die beiden Vorstände nicht informiert waren. Glauben Sie, das entspricht der Verantwortung eines Aufsichtsrats?“, sagte der Richter. „Das kann ich nicht beurteilen“, meinte darauf der Landesrat. Auch die Leistung des Steuerberaters könne er nicht beurteilen, sagte Dobernig.

Strutz: Haider und Martinz vertraut

Keine neuen Erkenntnisse hat die Zeugeneinvernahmen des FPK-Nationalratsabgeordneten Martin Strutz, ehemals Mitglied des Aufsichtsrats der Kärntner Landesholding gebracht. Auch er hatte - wie schon Dobernig vor ihm - nichts hinterfragt und Haider und auch Martinz vertraut.

So sagte Strutz, dass er über die Honorarforderung Birnbachers „verwundert und überrascht“ gewesen sei. Die Honorarhöhe - damals noch zwölf Millionen Euro - sei von allen Mitgliedern des Aufsichtsrats kritisch hinterfragt worden. Richter Herrnhofer hielt ihm daraufhin das Protokoll der fraglichen Sitzung vor. Hier wurde festgehalten, dass „die übrigen Mitglieder (ausgenommen die der SPÖ, Anm.) des Aufsichtsrats die Begleitung durch Birnbacher als wesentlichen Erfolgsfaktor für einen positiven und raschen Transaktionsabschluss qualifizierten“. „Ich persönlich habe diese Aussage nie so getroffen“, sagte Strutz.

„Sind die Leistungen hinterfragt worden?“, wollte der Richter wissen. „Das ist erst in der nächsten Aufsichtsratssitzung geschehen“, antwortete Strutz. Auch das Leistungsverzeichnis sei erst Thema einer der nächsten Sitzungen gewesen. Er habe nicht hinterfragt, ob die Leistungen tatsächlich erbracht worden seien. Er habe großes Vertrauen zu den Vorständen gehabt, erklärte der Zeuge.

Richter: Dann brauche ich keinen Aufsichtsrat

Die Beauftragung von Birnbacher sei für ihn nachvollziehbar gewesen, sage Strutz. „Aber es hätte da zwei Experten gegeben“, sagte der Richter. „Ja, Sie meinen die Vorstände“, räumte Strutz ein. „Warum soll die Holding zwölf Millionen Euro zahlen, wenn ich im Vorstand zwei ausgezeichnete Juristen habe“, fragte Herrnhofer. Das habe er nicht hinterfragt, sagte Strutz.

„Dann brauche ich keinen Aufsichtsrat, wenn ich das nicht hinterfrage“, sagte darauf der Richter. „War es nicht so, dass Haider und Martinz es verlangten, so wird’s gemacht?“ fragte der Richter. Strutz: „Ich habe es so empfunden, dass es der Wunsch von Haider und Martinz war, dass die Holding das Honorar übernimmt.“

Kurt Scheuch: „Nicht erinnerlich“

FPK-Klubobmann und Landesholding-Aufsichtsrat Kurt Scheuch hat als letzter Zeuge des Verhandlungstages ausgesagt. Die Fragen von Richter Manfred Herrnhofer nach den Gutachten brachten Scheuch in die Bredouille. Herrnhofer fragte mehrmals nach, warum so viele Gutachten zur Angemessenheit des Honorars von Birnbacher in Auftrag gegeben wurden. „Wir sind davon ausgegangen, dass das rechtmäßig ist und wollten das transparenter gestalten. Es mag sein, dass das gar nicht notwendig gewesen ist“, sagte Scheuch.

Der Richter belehrte den zuvor im lockeren Ton plaudernden Scheuch, dass er sich möglicherweise einer strafbaren Handlung, nämlich Beitrag zur Untreue beschuldige. Daraufhin wurde Scheuch wortkarg und antwortete immer wieder mit: „Das ist mir nicht erinnerlich.“

Prozess auf Donnerstag vertagt

Der Richter vertagte nach Scheuchs Aussage den Prozess. Er wird am Donnerstag mit den Einvernahmen weiterer Zeugen fortgesetzt. Darunter befinden sich Othmar Ederer, Chef der GRAWE, Ex-Hypo-Chef Wolfgang Kulterer, Ex-Landesholding Vorstand Reinhard Zechner, Ex-SPÖ-Chefin Gaby Schaunig, AK-Präsident Günter Goach, Horst Felsner, der Leiter der Finanzabteilung des Landes Kärnten, sowie Rechtsanwalt Alexander Klaus und Gutachter Gerhard Altenberger.

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