Hypo: Haftstrafen für alle Angeklagten

Mit mehrjährigen Haftstrafen für alle vier Angeklagten ist am Donnerstag am Landesgericht der Hypo-Prozess zu Ende gegangen. Alle Anwälte legten sofort Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein.

Mit vier Schuldsprüchen hat am Donnerstag der Kärntner Hypo-Prozess am Landesgericht Klagenfurt geendet. Der Schöffensenat unter Vorsitz von Richterin Sabine Roßmann verurteilte die Hypo-Ex-Vorstände Wolfgang Kulterer und Günter Striedinger zu dreieinhalb, bzw. vier Jahren unbedingter Haft. Steuerberater Hermann Gabriel und Rechtsanwalt Gerhard Kucher, die beim Vorzugsaktiendeal aus dem Jahr 2004 federführend waren, wurden zu viereinhalb, bzw. zu vier Jahren Haft verurteilt. Bei der Strafbemessung kam Kulterer deshalb am niedrigsten weg, weil, so Richterin Sabine Roßmann, er der einzige war, bei dem nachweislich kein Mittelzufluss in seinem Nahbereich zu registrieren gewesen sei.

„Umgehungskonstruktionen“ und „Tatvorsatz“

Der Schöffensenat sah es als erwiesen an, dass hier Umgehungskonstruktionen vorgenommen worden waren, um die wahren Geldflüsse zu verschleiern. Auch der Tatvorsatz steht für die Richterin außer Frage. Kulterer und Striedinger seien langjährige Bankmitarbeiter, Kucher und Gabriel Experten. Nach der Urteilsverkündung verließen die erstinstanzlich Verurteilten und ihre Anwälte fluchtartig den Gerichtssaal.

Hypo Urteil Kulterer

APA/Gert Eggenberger

Die Ex-Manager der Hypo Alpe-Adria-Bank, Günter Striedinger und Wolfgang Kulterer nach der Urteilsverkündung.

Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung eingelegt

Alle vier Angeklagten, bzw. ihre Verteidiger, legten gegen die Urteile Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung ein. Die Causa landet somit beim Obersten Gerichtshof.

Gerhard Kucher

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Rechtsanwalt Gerhard Kucher

Für Richterin Sabine Roßmann hat das Verfahren gezeigt, dass es „formalrechtliche und wirtschaftliche Standpunkte gibt“. Diese stünden sich aber nicht kontroversiell gegenüber. In ihrer Bewertung stütze sie sich auf das Sachverständigengutachten. Die ständigen Attacken der Verteidiger gegen den diesen wies Roßmann als irrelevant zurück. Die Anwälte hatten moniert, der Experte sei nicht für Fragen des Bankwesengesetzes zertifiziert, sondern Wirtschaftsprüfer. Die Richterin erklärte, die Frage der Eigenmittel der Bank werde bei der Bilanzlegung ebenfalls von Wirtschaftsprüfern geklärt.

"... dann war das ganz klar vorbereitet"

Die Angeklagten wurden wegen Untreue verurteilt, die Schadenssumme wird mit knapp 5,5 Mio. Euro beziffert. Die Plädoyers von Staatsanwalt Robert Riffel und den vier Anwälten Michael Rohregger (Kucher), Norbert Wess (Striedinger), Ferdinand Lanker (Kulterer) und Mathias Preuschl (Gabriel) unterschieden sich am letzten Tag nicht wesentlich von den Eröffnungsstatements. Riffel beschrieb die Umgehungsgeschäfte, die Verteidiger die Rechtmäßigkeit der gewählten Konstruktion, es handle sich um „hochkomplexe Rechtsfragen“.

Hermann Gabriel

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Steuerberater Hermann Gabriel

Die Argumentation der Angeklagten, es handle sich um reine Rechtsauslegungen, wollte Roßmann nicht gelten lassen: „Ich habe mit der formell rechtlichen Betrachtung so meine Probleme.“ Sie bezeichnete auch die Vorgangsweise als sehr fragwürdig: „"Wenn man weiß, man darf keine Nebenabreden treffen und schon vorher mit den Investoren Absprachen trifft, Vorbereitungen mit der Hypo Liechtenstein für die Finanzierung macht, dann war das ganz klar vorbereitet.“

Liechtenstein: Zahlreiche Vorschriften umgangen

Was für die Richterin aber „wirklich ins Auge geht“, sei die Vorgangsweise in Liechtenstein gewesen. Hier seien zahlreiche Vorschriften umgangen worden. Bei kritischen Fragen der Wirtschaftsprüfer habe man sich dann hinter dem Liechtensteinischen Bankgeheimnis versteckt.

Man dürfe an einen Kreditnehmer nicht mehr als 25 Prozent der Eigenmittel kreditieren. Für die 55 Mio. hätte die Hypo Liechtenstein demnach 220 Mio. Eigenmittel aufweisen müssen. Um das zu umgehen, habe man das Volumen auf elf Gesellschaften aufgeteilt. Einen weiterer Grund für das Umgehungsgeschäft erklärte Roßmann so: „Eine andere Firma hätte solche Kredite niemals bekommen. Da haben Firmen Kredite bekommen, die nicht einmal 30.000 Franken Eigenkapital hatten.“

Die Frage nach dem Schaden ergebe sich aus dem Vergleich des Mittelabflusses und des Mittelzuflusses. „Das ist genau die Cash-flow-Methode, die der Gutachter angewendet hat.“

Richterin: Angeklagte handelten „wissentlich“

Zum Thema „Wissentlichkeit“, also dem vorsätzlichen Handeln, sagte die Richterin, Kulterer und Striedinger seien langjährige Bankmitarbeiter, Kucher und Gabriel Experten: „Daher kann ich Ihnen eine andere Ausgangsposition unterstellen.“ Es sei ja nicht über irgendein Thema geredet worden, sondern über die Eigenmittelknappheit der Bank. Es wäre, so die Richterin, ein Leichtes gewesen, den Berechtigten der Anstalten - bei ihm handelt es sich um den Schwager Gabriels - um die Unterlagen zu bitten und alles vorzulegen. Doch das sei nicht erfolgt.

Ausreden auf andere Banken „nicht haltbar“

Auch das häufig strapazierte Argument, die anderen Banken hätten das auch gemacht, sei rechtlich nicht haltbar, das sei wie beim Überschreiten eines Tempolimits: Wenn jemand anders in einer Tempo-100-Zone 130 fahre, dürfe man das deshalb ebenso wenig tun.

Urteil mit Auswirkungen auf Zivilprozess?

Auswirkungen könnte das Urteil auch auf einen in Wien laufenden Zivilprozess haben. Darin klagt die Hypo bei Kulterer, Striedinger, Ex-Hypo-Leasingvorstand Josef Kircher und anderen insgesamt 48 Mio. Euro ein, und zwar genau wegen des Vorzugsaktiendeals 2004. Die erste Verhandlung hat Ende Jänner stattgefunden, Richter Oliver Götsch äußerte damals „Bedenken gegen die Schlüssigkeit der Klage“. Am 3. Juli soll es am Handelsgericht Wien weitergehen.

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