Liaunig: „Realität und Abstraktion II“
Das herzuzeigen, was sonst nirgends oder kaum wo zu sehen ist, ist das erklärte Ziel des Kunstliebhabers Herbert W. Liaunig. Mit der aktuellen Ausstellung „Realität und Abstraktion II“ wird die in Österreich sonst etwas stiefmütterlich behandelte, konkret-abstrakte Kunst in den Mittelpunkt gerückt. Die auf 3.500 Quadratmeter Ausstellungsfläche gezeigten Werke bieten einen repäsentativen Querschnitt der Kunstproduktion der letzten drei Jahrzehnte - ein Zeitraum, in der sich die Kunst, wie auch die Kunstszene, zunehmend pluralistisch und auch widersprüchlich entwickelt hat - Stichwort: Postmoderne.
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Herbert Liaunig: „Die wichtigen Positionen, die österreichische Künstler nach dem Krieg in diesem Bereich eingenommen haben und einnehmen, werden noch immer nicht zur Kenntnis genommen. Ich denke da etwa an einen Heinz Gappmayr. Ein Künstler von internationalem Format, den kaum jemand kennt. Es gibt hier eine ganze Reihe von Leuten, die nicht hinreichend gezeigt werden, die kein Podium finden - das ist mir schon ein Anliegen“.
Unerschöpfliche Auswahl ab 1980
Schier unerschöpflich scheint dem Betrachter die Auswahl an Gezeigtem - egal ob Malerei, Plastik, Papier-, Konzept- oder Lichtarbeit. Der Bogen spannt sich von den Vorläufern konkret-reduktiver Tendenzen (Roland Goeschl, Marc Adrian, H+H Joos) über lettristische Positionen (Heinz Gappmayr, Wolfgang Ernst, Alighiero e Boetti, Richard Kriesche) bis hin zur postmedialen Skulptur (Tony Cragg, Klaus Pinter, Fritz Panzer, Hans Kuppelwieser). Unter den Vertretern der Konzeptkunst finden sich neben Michael Kienzer und Julie Hayward auch die Kärntner Melitta Moschik und Hans Schabus wieder, nicht zu vergessen monochrome Positionen (Hans Grosch, Heinrich Dunst, Ferdinand Penker, Karl Hikade).
Eine echte Entdeckung sind die narrativen Lichträume des in hiesigen Breiten wahrscheinlich kaum bekannten iranischen Künstlers Behrooz Dahresh. Vervollständigt wird die Schau von abstrakten Formen der Steinskulptur (Franz Xaver Ölzant, Karl Prantl).
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Kunsthistorikerin Silvie Aigner: „Die Familie Liaunig hat sich immer für Dinge interessiert die nicht so eine große Öffentlichkeit haben, aber nichtsdestoweniger sehr wichtige Positionen innerhalb der österreichischen Kunstgeschichte sind“.
Walter Pichler-Retrospektive geplant
Nun, nach vier Jahren Ausstellungszeit, hat Herbert W. Liaunig noch nicht einmal die Hälfte seiner Kunstwerke herzeigen können - zu umfangreich ist die in mehr als vierzig Jahren aufgebaute, rund 2.800 Arbeiten umfassende Sammlung. Mit der Ausstellung „Realität und Abstraktion II“ ist nun der letzte einer vierteiligen Ausstellungsreihe zu sehen, die mit der österreichischen Kunst nach 1945 begonnen hat. Zwar wurde der für 2013 angedachte Zubau um ein Jahr verschoben - dafür haben Kunstfans aber die echte Chance auf eine Retrospektive von Walter Pichler, die sich gerade in Planung befindet. Erstmals sollen ausschließlich Leihgaben gezeigt werden.
Wie das gute vom schlechten Bild unterscheiden?
Doch wie unterscheidet der Sammler Liaunig eigentlich das gute Bild vom schlechten? Herbert Liaunig: „Da geht es um die Frage der Spannung, des Bildaufbaus, der Dichte, der Kontraste. Ein gutes Bild springt, spricht einen sofort an, während man dem schlechten anmerkt, dass etwas nicht stimmt: Es ist flau, teigig, weich. Das lernt man aber relativ schnell, in etwa zwei Jahren. Wenn man nur genug sieht, hat man das bald heraus“.
Liaunig-Museum öffnet am 29. April
Erstmals ab 29. April kann „Realität und Abstraktion II“ ab 11.00 Uhr - nach Voranmeldung - besucht werden, der langjährige Kurator Peter Baum wird durch die Ausstellung führen.
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Der reguläre Ausstellungsbetrieb beginnt mit 1. Mai. Zu „Realität und Abstraktion II“ ist außerdem ein Katalog (Redaktion: Silvie Aigner) erschienen, der einen fundierten Überblick zu den konkreten und reduktiven Tendenzen ab 1980 bietet.