90.000 Kärntner sind armutsgefährdet

In Kärnten sind 90.000 Menschen, also 17 Prozent der Bevölkerung, armutsgefährdet. Betroffen sind häufig Frauen, Teilzeitarbeiter und Ein-Eltern-Haushalte. Das geht aus dem Armutsbericht des Instituts für Höhere Studien (IHS) hervor.

Auffallend ist, dass unser Bundesland im Österreichvergleich besonders schlecht abschneidet. Im Vergleich zum österreichischen Durchschnitt von 12,1 Prozent zeigen die Zahlen für Kärnten eine wesentlich höhere Armutsgefährdung.

Wer ist armutsgefährdet?
Als armutsgefährdet gilt, wer über weniger als 60 Prozent des Medianeinkommens verfügt. Bei einem Einpersonenhaushalt sind das 1.031 Euro monatlich, 1.340 Euro bei Alleinerziehenden mit einem Kind und 2.165 Euro bei einer vierköpfigen Familien mit zwei Eltern.

Betroffen sind laut Studie vor allem Frauen, Alleinerziehende, alte Menschen und Migranten.

Risikogruppe Frauen

Markus Bliem vom IHS ging am Mittwoch in der Präsentation auf die Armut bedingenden Faktoren ein. Teilzeitbeschäftigung und längere Arbeitslosigkeit stellen ein Armutsrisiko dar. Frauen seien besonders gefährdet - sie beziehen ein geringeres Erwerbseinkommen, sind häufiger teilzeit- oder atypisch beschäftigt und beziehen daher auch geringere Arbeitslosenunterstützung und Pension. Frauen kommen in Kärnten nur auf 62 Prozent des Pensionseinkommens von Männern.

Markus Bliem Institut für Höhere Studien und Wissenschaftliche Forschung

ORF

Markus Bliem

Betreuung und Beruf schwer vereinbar

Der Qualität der Kärntner Kinderbetreuung stellte Bliem kein gutes Zeugnis aus. Zwar seien mittlerweile 83 Prozent der Drei- bis Fünfjährigen in Betreuungseinrichtungen untergebracht, die Öffnungszeiten erlaubten aber nur bei 13 Prozent eine Vollzeitarbeit der Eltern.

Lesjak: Mindestsicherung erhöhen

Für die Landtagsabgeordnete Barbara Lesjak von den Kärntner Grünen ist eine falsche Sozial- und Bildungspolitik schuld für die negative Entwicklung.

Barbara Lesjak Grüne

ORF

Barbara Lesjak von den Grünen

Auch das neue Sparpaket der Bundesregierung würde nicht zu einer Besserung beitragen, im Gegenteil, so Lesjak. Vor allem in der Frauenpolitik müsse angesetzt werden.

„Eine ganz wichtige Maßnahme wäre eine bedarfsorientierte Grundsicherung, die dafür sorgt, dass Frauen nicht durch das soziale Netz durchfallen, damit sie irgendeine Grundlage zum Leben haben und damit sie sozusagen nicht ganz arm dran sind. Die Mindestsicherung in Kärnten wird erstens zu wenig in Anspruch genommen. Zweitens ist sie zu gering, dass damit ein menschenwürdiges Leben möglich wäre“, so Lesjak.

Ragger: Arbeit schaffen als bestes Mittel gegen Armut

Soziallandesrat Christian Ragger von der FPK wies in einer Reaktion auf den Bericht des IHS darauf hin, dass „ein wesentlicher Teil der bestehenden Armut aus der Vergangenheit geerbt sei. „Kärnten hat bedauerlicherweise einen großen Anteil von Pensionisten, deren erworbene Rentenansprüche unter der Mindestgrenze liegen“, so Ragger, für den es nur „ein wirksames Gegenmittel“ gegen die Armut in Kärnten gibt: Beschäftigung.

„Ausstieg aus der Armut aus eigener Kraft“

Durch Sozialleistungen und Förderungen werde Armut zwar reduziert, die Wurzel des Übels bleibe aber erhalten. "Das Ziel, die Erlangung einer Beschäftigung und der Ausstieg aus der Armut aus eigener Kraft muss daher stets im Fokus der Sozialpolitik stehen“, so Ragger. Er verwies dabei auch auf die Beschäftigungsinitiative für Empfänger der Mindestsicherung: AMS und Land würden 90 Prozent der Kosten solcher Arbeitsplätze abdecken. Die Ausgaben der Mindestsicherung wären von 25 Millionen Euro auf 11 Millionen reduziert worden. Ragger: „Jeder Euro, der für Beschäftigung investiert wird, ist besser verwendet als einer, der für die bloße Alimentierung aufgewendet wird“.

Links: