„Hummer“-Prozess in Ungarn begonnen

Am Dienstag hat im Komitatsgericht Szeged (Ungarn) der Prozess gegen einen Villacher begonnen, der nach einem „Hummer“-Autotreffen 2012 einen Polizisten überfahren und getötet haben soll. Dem 35-Jährigen droht lebenslange Haft, der Prozess soll bis Jänner dauern.

Der Vorfall geschah am 11. Oktober 2012 auf dem Heimweg von einem „Hummer“-Treffen in Rumänien in der ungarischen Ortschaft Apatfalva. Dem zuletzt in Salzburg wohnhaften Mechaniker wird neben Mord Widerstand gegen die Staatsgewalt und Gefährdung des öffentlichen Verkehrs angelastet - mehr dazu in Anwalt: Mordanklage gegen Kärntner „unhaltbar“ (kaernten.ORF.at; 13.10.2013).

Mordprozess Hummer Ungarn

MTI/Zoltan Gergely Kelemen

Der angeklagte Kärntner vor Gericht in Ungarn.

Angekettet im Gerichtssaal

Der Angeklagte wurde von drei Vollzugsbeamten in den prunkvoll-antiquierten Gerichtssaal gebracht. Er musste dort in Handschellen und angekettet Platz nehmen, wobei die Kette in einer Lederschlaufe endete, die einer der hinter ihm sitzenden Beamten in Händen hielt. Der vorsitzende Richter Attila Joo erläuterte zu Beginn der Verhandlung unter Blitzlichtgewitter, dass es um einen Fall „von besonderer Schwere“ gehe. Für „Mord an einer öffentlichen Person“ könne laut ungarischer Rechtsordnung lebenslange Haft verhängt werden.

Bei der Verhandlung sind die Ehefrau des Mannes sowie Erich Pialek, Botschaftsrat und Konsul an der österreichischen Botschaft in Budapest, dabei. Er wolle mit seiner beobachtenden Funktion gewährleisten, „dass der Prozess fair und objektiv und gemäß den EU-Regeln abläuft und die Rechte des Angeklagten gewährt werden“, erläuterte Pialek gegenüber der Austria Presse Agentur.

Angeklagter: „Ich bin kein Mörder“

Nachdem Staatsanwalt Csaba Nagy seine Anklage verlesen hatte, kam der Angeklagte zu Wort. Er ließ das Gericht wissen, dass er derzeit zu keiner Aussage bereit sei. Folglich wurden die bisherigen Angaben des 35-Jährigen verlesen, die er bei Polizeiverhören zu Protokoll gegeben hatte. „Ich bin kein Mörder“, hatte der Mann bei seiner ersten schriftlichen Aussage am 31. Oktober 2012 betont und versichert, er „bereue, was vorgefallen ist“.

Der 35-Jährige war in einer Gruppe von insgesamt vier „Hummer“-Geländewagen-Fahrern unterwegs, die an einer Offroad-Tour in Rumänien teilgenommen hatten. Auf dem Heimweg gerieten sie in der südungarischen Ortschaft Apatfalva in eine Verkehrskontrolle. Sie wurden wegen Schnellfahrens angehalten und mussten Strafe bezahlen.

Polizisten provoziert?

Beim Wegfahren dürfte der 35-Jährige die Beamten provoziert haben, indem er auf Höhe ihres Autos seinen „Hummer“ über die Fahrbahnmitte lenkte und dem Pkw der Verkehrspolizei äußerst nahe kam. In einer seiner Einvernahmen hatte der 35-Jährige dazu erklärt, er habe sich im Vorbeifahren mit einem Blick ins Fahrzeuginnere versichern wollen, ob sich in diesem überhaupt ein Radar-Gerät befand.

Die Polizei nahm daraufhin die Verfolgung auf, wobei aus dem Polizeiauto mehrere Schüsse auf die Reifen des vom 35-Jährigen gelenkten „Hummer“ abgegeben wurden. Zusätzlich hatten sich zwei Polizisten auf Motorrädern an die Fersen des Österreichers geheftet. Dieser soll weitere Provokationen gesetzt haben, indem er den Beamten den ausgestreckten Mittelfinger präsentierte und die Zunge zeigte. Dieses Verhalten erklärte der gebürtige Villacher später damit, er habe geglaubt, dass diese ihn schon wieder kontrollieren wollten.

„In Panik aufs Gas gestiegen“

Schließlich holten die Motorradfahrer den Villacher ein, wobei einer der Polizisten im Vorbeifahren gegen den „Hummer“ trat, während der Österreicher ihn angeblich abdrängen wollte. Als der 35-Jährige endlich zum Anhalten gebracht war, indem einer der Beamten sein Motorrad vor dem tonnenschweren Geländefahrzeug einbremste, lief derjenige, den der Villacher zuvor von der Fahrbahn drängen wollte, sogleich zum „Hummer“ und versuchte die Fahrzeugtür aufzureißen. Weil das nicht gelang, soll - so die Darstellung des 35-Jährigen - der Polizist mit den Worten „Fuck you“ ihm durchs geöffnete Seitenfenster Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben.

In dieser Situation sei er „in Panik“ aufs Gas gestiegen, so der Angeklagte im Rahmen des Ermittlungsverfahrens. Bedingt durch den Pfefferspray habe er nichts gesehen. Er habe den „Hummer“ nach rechts gezogen. Dass dort der zweite Polizist stand, habe er nicht wahrgenommen. Imre K. (34) wurde zu Boden gestoßen und laut Anklage mit einer Geschwindigkeit von 27 bis 33 Stundenkilometern überfahren, wobei der „Hummer“ auch sein Motorrad erfasste, das auf den Beamten stürzte. Der Polizist erlitt derart schwere innere und Schädelverletzungen, dass er auf dem Weg ins Krankenhaus starb. Er wurde übrigens posthum befördert.

Mehrere Schüsse abgegeben

Laut Anklage dauerte es zwölf bis 14 Minuten, bis der 35-Jährige von den beiden anderen Polizisten - der Lenker des Polizeiautos war mittlerweile auch zur Stelle - und einem Zivilisten, der ihnen half, überwältigt wurde. Mehrere Schüsse wurden dabei auf den Österreicher abgegeben, weil er - so die Darstellung der Polizisten, die der Angeklagte vehement abstreitet - mit einem gezückten Messer aus dem „Hummer“ gestiegen sein soll. Der Mann wurde im Rücken, in der Hand, am Oberschenkel und am Knie getroffen.

Er habe den ums Leben gekommenen Beamten nicht gefährden wollen, versicherte der Angeklagte auch im vergangenen März, als er den involvierten Polizisten gegenübergestellt wurde. Er habe „panische Angst gehabt“ und sei infolge des Pfeffersprays „blind“ gewesen. Er habe dann nur mehr „die Schüsse in meinem Körper und die Schmerzen gespürt“. Er habe sich bewusst auf die Pistole des überfahrenen Polizisten gelegt, damit mit dieser Waffe nicht mehr auf ihn geschossen werden konnte.

Zeugen werden gehört

Am Nachmittag wrid ein erster Zeuge - ein unbeteiligter Rumäne, der die inkriminierten Szenen mitbekommen hatte - gehört werden. Am kommenden Donnerstag sollen die beteiligten Polizisten aussagen. Am 29. Oktober wären die drei „Hummer“-Fahrer geladen, die das Geschehen teilweise gefilmt und die Videos veröffentlicht hatten, nachdem sie die Speicherkarten außer Landes gebracht hatten. Wie Richter Attila Joo ankündigte, werden die deutschen Staatsbürger nicht vor Gericht erscheinen, zumal sie befürchten müssten, wegen Unterdrückung von Beweismitteln belangt zu werden. Sie haben allerdings in ihrer Heimat notariell beglaubigte schriftliche Aussagen deponiert, die nun im Rahmen der Hauptverhandlung verlesen werden sollen.

Am 31. Oktober werden die ersten Sachverständigen zu Wort kommen. Der Richter teilte bereits mit, dass an diesem Tag aus zeitlichen Gründen keinesfalls sämtliche Gutachten abschließend behandelt werden können. Die Verhandlung dürfte daher erst im Jänner 2014 zu Ende gehen.

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