Aus Angst vor dem stummen Frühling

Der Frühling naht und mit ihm Wärme, Vogelgesang und Blütenpracht. Ein Vorgang, der nicht als selbstverständlich angesehen darf meint Künstlerin Gabriele Sturm, deren Ausstellung „Silent Spring“ in der Galerie 3 zu sehen ist.

Sehr wache Augen, den Fotoapparat und einen Skizzenblock immer griffbereit - das ist Gabriele Sturm. Die aus Tirol stammende Künstlerin lebt heute in Wien, es verschlägt sie aber immer wieder nach Kärnten, weil ein Teil ihrer Familie hier lebt.

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Mit den Tomaten im Lkw auf Reisen

Kunst wie Gabriele Sturm sie versteht, beginnt da, wo viele Menschen nicht hinschauen oder anderen nichts auffällt. Für ihr Tomaten-Projekt etwa setzte sich die Künstlerin in einen Lkw und fuhr tausende Kilometer weit im Lkw mit um zeigen zu können, welchen Weg Lebensmittel nehmen, bevor sie auf unseren Tellern landen. Die Arbeiten sind derzeit im Restaurant Magdas in Klagenfurt ausgestellt.

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Tomatenbilder aus Tomatensamen

In der Galerie 3 in Klagenfurt zeigt Sturm Zeichnungen von Tomaten, die selbst aus Tomatensamen bestehen. Kunst, die zum mitmachen oder mitgärtnern auffordert: Die Sorte sei von ihr vorgekostet und geschmacklich sehr zu empfehlen, so Sturm die betont, dass auch die Lebenslust ein integraler Bestandteil ihrer Arbeiten sei: „Das Schöne, wenn man mit dem Tomaten mitlebt ist, dass man sieht, wie sie blühen und ergrünen und rot werden. Das schaut wunderschön aus, der Duft ist ein Erlebnis für sich und man kann sie quasi noch warm verkosten."

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Die Kehrseite globaler Transporte - Müll aus Verpackungsmaterial - wird von Gabriele Sturm in Fotografien festgehalten.

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Durch Pestizideinsatz drohe „stummer Frühling“

Viele Arbeiten in der Galerie 3 sind allerdings nicht im herkömmlichen Sinne als schön zu bezeichnen und von der Darstellung einer heilen Welt weit entfernt. Sturms Ausstellung verweist auf die amerikanische Wissenschaftlerin Rachel Carson, die schon 1962 vor einem „stummen Frühling“ warnte, der durch den Einsatz von DDT und anderen Pestiziden drohe. Sturm: „Deswegen ‚Stummer Frühling‘ weil niemand mehr singt, wenn man mit Gifteinsatz versucht, Monokulturen und diese Form der Landwirtschaft zu pushen.“

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Sturm: Gifteinsatz geht nicht zurück

Gifte gegen Unkraut und Insekten gelangen über Umwege auch in den Körper des Menschen - und um den Menschen geht es Gabriele Sturm. Sie recherchiert und reist für ihre internationalen Ausstellungen, der wissenschaftliche Zugang von Rachel Carson ist für sie Vorbild.

Sendungshinweis:

Servus, Srecno, Ciao am 14.3.2017

Sturm: „Die Zeitspanne ist erschreckend, Rachel Carsons Buch ist vor 55 Jahren veröffentlicht worden. Heute ist der Gifteinsatz noch immer nicht zurückgegangen und nach wie vor viel zu wenig problematisiert.“

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Schmetterlingsbild von Gabriele Sturm: Beim Dobratsch in der Unteren Schütt befindet sich ein wertvolles Naturschutzgebiet, daneben führt die Autobahn vorbei.

Naturschutz entlang der „Todesfalle“ Autobahn

Oft beginnt Gabriele Sturms Kunst aber auch einfach vor der Haustüre - wie eben auf der Fahrt von Villach nach Venedig. Die Autobahn dort führt am Naturpark Dobratsch vorbei. Seltene und geschützte Schmetterlinge landen unweigerlich auf den Windschutzscheiben der vorbeifahrenden Fahrzeuge – eine Beobachtung, die Gabriele Sturm zu einem Kunstwerk inspiriert hat. „Ich war mit dem Bus auf dem Weg zur Biennale nach Venedig. Die wunderschönsten Schmetterlinge landeten auf der Windschutzscheibe. Ich habe den Busfahrer gefragt, ob das immer so ist, er antwortete mit Ja. Die Spatzen in Venedig würden auf dem Parkplatz auf ihn und seinen Bus warten und sich dann auf diese Mahlzeit stürzen.“

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Eine andere Art „Schmetterlingskasten“

„Ich habe die Schmetterlinge mühsam zusammengesammelt und fotografiert und mir teilweise auch mit Schmetterlingssammlungen aushelfen müssen, weil ich eine Bandbreite darstellen wollte. Nicht die echten Schmetterlinge, sondern Fotografien wurden aus dünnem Japanpapier ausgeschnitten und zum Teil nachkoloriert.“ Entstanden ist eine andere Art von Schmetterlingskasten. In welchem Zustand das ökologische Gleichgewicht einer Landschaft ist, lasse sich an der Schmetterlingsvielfalt ablesen.

Gabriele Sturm Ausstellung Galerie 3

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Interessant und eigen auch der Blick der Künstlerin auf die Art und Weise, wie Vögel in alten Büchern und Museen gezeigt werden. Einen Schaukasten aus dem Museum platziert sie für ein Foto inmitten von Containern.

Galerie-Schwerpunkt: Kunst im Hier und Jetzt

Der Galeristin Lena Freimüller setzt in diesem Jahr einen Kunstschwerpunkt, die sich mit dem Leben im Hier und Heute auseinandersetzt, allerdings ganz ohne die bekannten Schreckensbilder. Lena Freimüller: „Im Zentrum stehen auch die schönen und genussvollen Dinge, für die es sich lohnt einzutreten und die es zu beschützen gilt.“ Gabriele Sturms Ausstellung „Silent Spring“ in der Galerie 3 ist noch bis 1. April zu sehen.

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