Die geheimnisvolle Welt der Wurzeln

Die ersten Frühlingsblumen strecken ihre Köpfe aus dem Schnee. Doch noch spannender als die blühenden Teile der Pflanzen ist das Verborgene unter der Erde - die Wurzeln. Sie passen sich perfekt an, können Pflanzen sogar aktiv bewegen oder auch Böden stabilisieren.

Laut Botaniker Roland Eberwein vom Landesmuseum haben Wurzeln ganz bestimmte Aufgaben. Um diese zu erfüllen, können sie sich gut anpassen. Manche Wurzeln sind sogar so dynamisch, dass man sie als Zugwurzeln bezeichnet. Ein Beispiel dafür ist die Tulpe. Wenn das Samenkorn nach dem Verblühen im Frühjahr auf die Erde trifft, keimt der Same an der Erdoberfläche zu einer kleinen Zwiebel: „Wenn man die blühende Tulpe aber ausgräbt, ist die Zwiebel zehn Zentimeter oder tiefer im Boden. Dies bewerkstelligen Zwiebel-, Knollen- und auch andere Pflanzen durch Zugwurzeln. Sie verkürzen sich in der Länge und können Organe von Pflanzen in bestimmte Tiefen ziehen.“

Tulpen Frühling Blume

ORF/Petra Haas

Tulpen

Sie können sie jedoch auch seitlich wegziehen. Das bedeutet, dass Wurzeln Pflanzen aktiv bewegen können: „Bei Vermehrung, bei Ausläuferbildungen, kommt es zu Bewegungen im Boden, die eine große Dynamik aufweisen.“ Wurzeln können auch ganz speziell ausgebildet sein, um Nährstoffe und Wasser gut zu speichern, so Eberwein: „Das können Knollen sein, das können besonders lange Wurzeln sein oder auch pfahlförmige Wurzeln, die stark verdicken, wie bei den Rüben.“ Rüben seien wichtige Speicher für Nährstoffe und Wasser und das in so großer Menge, dass unwirtliche Zeiten gut überdauert werden können.

Menschen machen sich diese Nährstoffspeicher zunutze: „Denken wir an Karotten oder Zuckerrüben oder andere Gemüse.“ Weitere Speicherwurzeln können besonderes Substanzen enthalten, die für die Pharmazie und Naturheilkunde interessant sind, so Eberwein: „Man denke an den klebrigen Saft von Schwarzwurzeln oder Zicchoriengewächse absondern. Es gibt einen Löwenzahn, der zu Gummiherstellung verwendet wird.“

Wurzeln stabilisieren Pflanzen

Wurzeln passen sich immer an, zum Beispiel auch auf feuchten oder nassen Böden, sagte Eberwein: „Entweder verlieren sie bestimmte Gewebeschichten, um im Wasser anders agieren zu können oder sie haben Sauerstoff führende Gänge und sind daher ganz leicht.“ Pflanzen, die auf feuchten, lockeren Böden stehen oder nicht stabil sind, brauchen Holzauflagerungen, die zu Brettwurzeln führen. „Das sieht man nicht nur in den Tropen, sondern auch hier. Fichten machen das gerne, wenn sie auf instabilen Böden stehen. Sie bilden an der Stammbasis massive, brettartige Wurzeln und stabilisieren damit den Baum.“

Wurzelgeflecht Wurzel Ulrichsberg

Roland Eberwein

Wurzelgeflecht im Bereich des Ulrichsbergs

Stelzwurzeln üben etwa bei Mangroven eine ganz wichtige Funktion in den marinen Ökosystemen aus. Die Stelzwurzeln beginnen ca. in der Stammmitte und ragen ins Wasser: „Oder auch im Bereich des Landes bilden sie von unten Atemwurzeln. Sie dienen dem Sammeln von Schlick und Nährstoffen und sollen Erosion verhindern.“

Almen werden von Polstern und Gräsern gefestigt

Es müssen jedoch nicht immer große, dicke Wurzeln sein, um der Erosion entgegen zu wirken. Auf Kärntens Almen sieht man meistens ein feines Wurzelgeflecht, sagte Eberwein: „Diese Feinwurzeln reichen oft tief in den Boden und stabilisieren ihn. Sie erschließen den Boden, festigen ihn und bringen pflanzliche Gewebeteile, Nährstoffe und Substanzen in den Boden ein. Sie fördern damit auch die Lockerung.“

Aber auch die Nährstoffversorgung des Bodens wird begünstigt. Wenn diese Wurzeln etwas dicker sind und absterben, fördern sie auch die Durchlüftung der Erde. Vor allem Gräser dienen zur Befestigung von Almböden: „Weil die Gräser feine Wurzeln bilden und das Gefüge nicht auseinander drücken. Im alpinen Bereich gibt es auch Pflanzen, die enorme Wurzelsysteme bilden und im Bereich der Schuttbereiche enorm wichtig sind, um ihn zu stabilisieren. Dazu gehören Weiden und Polsterpflanzen.“

Weide Alm Dobratsch

ORF/Petra Haas

Almen werden durch Gräser und Polster gefestigt

Wenn man beispielsweise nur ein kleines alpines Polster zertritt, das einen Durchmesser von zehn Zentimetern habe, könne man davon ausgehen, dass man einen Wurzelbereich von bis zu 1,5 Meter zum Absterben bringe und die Festigkeit des Bodens behindere, so der Botaniker.

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