Der letzte Kesselflicker im Val Tramontana

Servus Srecno Ciao besuchte den letzten Kesselflicker im Val Tramontina in Pordenone und war bei der Zubereitung der Spezialität Pistum dabei, die man aus Rübenblättern zubereitet.

Der 79 Jahre alte Giuseppe Rugo, für alle nur „Naice“, ist der letzte Kesselflicker des Tramonina Tales. Sein Handwerk erlernte er als Achtjähriger von seinem Vater. Er lebt in Tramonti di Mezzo und spricht einen alten Dialekt, der nur 200 Worte umfasst. Sein Freund Pietro liebt es, die alten Geschichten von früher einmal zu hören, in denen Naica viel unterwegs war als „arvàr“, Kesselflicker. Er fuhr mit seiner Ausrüstung von Haus zu Haus und wo seine Hilfe gebraucht wurde, machte er sich nützlich.

SSC Pistum Kesselflicker

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Naice Giuseppe Rugo - links - erzählt seinem Freund Pietro Geschichten seiner Kindheit

Erinnerungen an früher

Noch heute besitzt der 79-Jährige einen Großteil seiner Werkzeuge. Er erinnert sich, wie er in den 50er Jahern mit seinem Vater begann: „Wir standen gegen 4.30 oder 5.00 Uhr auf und ich machte mich dann mit dem Fahrrad auf den Weg. Manchmal fuhr ich 50, 60 Kilometer. Die Bauern hatten immer etwas zu reparieren. Ihre Kochtöpfe waren damals noch aus Kupfer und sie wurden erst weggeschmissen, wenn wirlich nichts mehr zu machen war. Ich sammlte die Sachen ein, mein Vater reparierte sie und am Nachmittag brachte ich sie wieder zurück.“

Auf Tour durch ganz Italien

Die Leute schätzten die saubere Handarbeit von Naice und seinem Vater. Um Weihnachten herum kehrten die beiden immer zurück und blieben bis Februar zu Hause. Nach dem Fasching ging es für acht, neun Monate wieder auf Tour durch ganz Norditalien. Als in den 60er Jahren Geräte aus Edelstahl Einzug in die Küchen hielten geriet die Arbeit des „stagnino“ immer mehr in Vergessenheit - zum Bedauern von Naice.

„Ich habe diesen Beruf sehr gerne ausgeübt, weil ich immer neue Leute kennenlernte und ich hatte immer Geld in der Tasche. Mein Vater sagte: ‚Verlang 500 Lire. Wenn die Leute sagen, das ist zu teuer, gib ihnen 50 Euro Nachlass.‘ Ich machte das natürlich nicht, sondern steckte die 50 Lire in meine eigene Tasche. Meinem Vater hab ich natürlich nie davon erzählt. Aber so konnte ich es mir leisten, ins Kino oder zu einem Fußballspiel zu gehen.“

Sendungshinweis:

Servus Srecno Ciao, 8.12.2018

Abwanderung großes Thema

Nicht nur das Wissen und die Fingerfertigkeit des Kesselflickers waren früher einmal gefragt. Vor hundert Jahren erlebte auch das Korbmacher-Handwerk im Val Tramontina seinen Höhepunkt. Die Körbe, die mit viel Liebe zum Detail gefertigt wurden, wurden in ganz Friaul Julisch Venetien und anderen Regionen verkauft. Später sank die Nachfrage und viele Bewohner waren gezwungen, ihre Heimat zu verlassen, um anderswo Arbeit zu finden.

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Das Tal war auch für die Korbflechterei bekannt

Wie viele andere abgelegene Regionen hat auch das Tramontinatal mit der Abwanderung zu kämpfen. Umso wichtiger ist es jenen 300 Menschen, die heute noch in der Gegend wohnen, die althergebrachten Traditionen zu erhalten - und das gilt natürlich besonders für die Vorweihnachtszeit.

Pistum hat lange Tradition

Wenn sich im Tramontinatal über die Festtage Besuch aus Stadt ansagt - wollen die „Heimkehrer“ meistens nur eines: „Pistùm“. Giovanna Durat: „Das ist ein typisches Gericht aus dem Tramontina-Tal. Die Leute waren früher sehr arm - sie hatten Schafe und Ziegen und auf den Feldern wuchs nur wenig.“ Hauptbestandteil des „Pistùm“ sind Rüben. Aber nicht die Knolle, wie bei der Spezialität „Brovada“, sondern die Blätter.

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Das Grün der Rüben wird verkocht

Emilia De Stefano ist 91 und hat schon von ihrer Großmutter gelernt, worauf es bei der Ernte ankommt: „Wir haben immer den ersten Frost abgewartet. So wurden sie milder im Geschmack.“ Ederina Ferroli und Giovanna Durat zeigen die Zubereitung. Ein bisschen Rückenspeck vom Schwein wird goldbraun angeröstet - daneben wird Polenta gekocht. Nur Salz, Pfeffer und etwas Knoblauch dienen als Würze, so Ederina Ferroli: „Manchmal muss man etwas nachbessern. Oft fehlt ein bisschen Salz oder Butter, die das Ganze noch cremiger macht. Der Speck an sich verleiht dem Pistum zwar eh schon etwas Würze - wenn man dann noch Butter dazu gibt, wird es richtig schön sämig.“

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Das Grünzeug wird mit Speck, Polenta und Gewürzen gekocht

Dorf der Engel - alles basteln mit

Zur Weihnachtszeit gehört nicht nur gutes Essen, sondern auch festlich geschmückte Häuser und Straßen dazu. Hier entstehen handbemalte Engel, die ab diesem Wochenende die Straßen von Tramonti di Sotto schmücken werden, so Kulturreferentin Patrizia Bertoncello: „Andere Dörfer haben einen schönen Weihnachtsbaum oder Krippen - wir wollten uns ein bisschen davon abheben und haben das ‚Dorf der Engel‘ erfunden. Wir sind ja alle auf gewisse Weise Engel, weil wir trotz der widrigen Bedingungen weiterhin hier leben."

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An allen Ecken hängen und stehen Engel im Dorf Tramonti di Sotto, um Gäste anzulocken

Alle aus der Dorfgemeinschaft machen mit und kreieren verschiedene Engel, insgesamt an die hundert - aus Holz, Metall oder Stoff. Es giebe sympathische und ironische Engel, den Engel, der an den Wein denke oder den Lehrer-Engel oder ein Brautpaar. Für alle Lebenslagen gebe es einen Engel, so Bertoncello. Wer „il paese degli angeli“, das „Dorf der Engel“, besuchen möchte hat bis 15. Jänner in Tramonti di Sotto Gelegenheit dazu.