Mit 500 PS durch die Nacht

Alexander Striednig und Sebastian Trojer sind bis weit nach Mitternacht mit ihren 500 PS-starken Pistenraupen am Ankogel unterwegs. Sie fürchten nur eines: Tourengeher, die den Stahlseilen der Pistenraupen zu nahe kommen.

Sechs Tage Arbeit, drei Tage frei. Ali, wie Alexander Striednig von den Mallnitzern genannt wird, setzt sich gegen 16.30 Uhr in seine Pistenraupe und fährt los. Zwölf Tonnen schwer ist das 450.000 Euro teure Gerät. Er teilt sich in dieser Nacht die Arbeit mit Sebastian Trojer, der in der zweiten Pistenraupe unterwegs ist.

Pistenraupen Ankogel Nacht

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Ali Striednig, Pistenraupenfahrer im Skigebiet Ankogel Mallnitz.

In der Welt der 3.000er hat es beinahe Minus 20 Grad. Die Arbeit der Männer hat etwas von Sisyphos: Sobald die Skilifte am späten Nachmittag zusperren, kommen die Pistengeräte am Ankogel aus ihren Garagen, um Nacht für Nacht dieselbe Arbeit zu verrichten. Die Männer sorgen dafür, dass die Skifahrer trotz Wind und Wetter am nächsten Morgen beste Bedingungen vorfinden. 25 Kilometer Piste gilt es in einer Nacht zu präparieren. Nicht immer gelingt das.

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„Man spürt im Hintern was die Maschine tut“

Nach dem Hochalmblick, der Mittelstation, wird der Wind stärker. Über der Baumgrenze öffnet sich der weite Blick auf die Bergwelt. Alexander Striednig: „Als ich angefangen habe, fuhr ich mit einem kleinen Pistengerät hinter Walter her, der mich damals angelernt hat und heute leider schon in Pension ist. Ich bin in den Steilhang hinunter gefahren und relativ weiß aus dem Pistengerät ausgestiegen. Aber man gewöhnt sich daran und spürt das dann auch - grob gesagt – im Hintern, was die Maschine tut. Wenn es dahingeht, wenn sie anfängt zu rutschen, weißt du, was du zu tun hast. Mittlerweile macht es schon Spaß, wenn es zu rutschen beginnt.“

Es wird immer steiler...

Mehrmals pro Stunde arbeitet sich die Pistenraupe aufwärts. Es wird steiler und steiler. "Natürlich ist es optimal, wenn wir durchfahren können – um 16.30 Uhr beginnen und um 23.30 Uhr fertig sind. Denn dann ist die Piste am nächsten Tag optimal durchgefroren, so dass man super Skifahren kann.“

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Langsam geht die Dämmerung in stockdunkle Nacht über. Mit 500 PS geht es weiter hinauf, die Geschwindigkeit: zehn Kilometer pro Stunde. Es wird eine lange Nacht. Nicht immer können die Fahrer ihre Arbeit in einem Stück erledigen. Der Tauernwind durchkreuzt die Pläne der Präparierer.

Wenn hier der Wind weht, dann ordentlich

Alexander Striednig: „Hier oben gibt es keine Bäume mehr, wir sind oberhalb von 1.900 Meter. Die Wahrscheinlichkeit für Windverfrachtungen ist größer, der Schnee hält an der Seite nicht. Wenn der Wind weht, dann ordentlich. In solchen Fällen müssen wir um 2.30 Uhr mit dem Präparieren beginnen, sonst ist am nächsten Tag alles verweht und die Arbeit umsonst. Ist der Wind nicht so schlimm, arbeiten wir von der Mittelstation bis zum Lift und den Rest dann in der Früh.“

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Ali Striednig wagt sich mit der zwölf Tonnen schweren Maschine in ein noch unpräpariertes Stück - mit ganz viel Gefühl. „Das ist eine Rennstrecke für unsere Rennfahrer, mal schauen ob wir hinaufkommen.“ Tatsächlich bleibt das Pistengerät hängen. „Wir hängen uns in solchen Fällen in die Seilwinde ein und fahren ohne Probleme auf und ab.“

Es scheint zu klappen. Wirbelnder Schnee nimmt die Sicht, aber das sei „noch gar nichts“, sagt Ali Striednig. „Frischer Schnee wird von der Kette aufgewirbelt, dadurch schiebt es ihn vor uns her.“

Nach jedem Schneefall muss gesprengt werden

Plötzlich ein Rumpler – nur ein Stein zwar, aber „das sollte nicht zu oft passieren.“ Nebel und starker Wind sind hier keine Seltenheit, sondern fast schon normal bei so einer Nachtschicht. Ali Striednig hat noch eine weitere Arbeit hier im Skigebiet Ankogel: Das Lawinensprengen. „Nach jedem Schneefall oder Wind müssen wir unser Gebiet sprengen, das ist einzigartig in Österreich. Wir müssen jeden Tag mit der Lawinenkommission beschließen, das Skigebiet aufzusperren. Weil es so viele Lawinenhänge direkt bei den Pisten gibt.

Doch zurzeit ist Sprengen nicht notwendig. Und auch der Wind ist diesmal nicht so stark, dass es in der Früh weitergehen muss. „Wenn die Piste gesperrt ist, darf niemand fahren – sonst passiert etwas.“

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Nicht alle Tourengeher achten auf Warnschilder

Sagt`s und stellt ein Schild auf die Piste. Blinkend weist es darauf hin, dass es für Tourengeher gefährlich werden kann. Ein Hinweis, der nicht auf alle den nötigen Eindruck macht. „Ein paar lassen sich abschrecken und drehen um, ein paar gehen weiter obwohl draufsteht: Pistengerät im Seil und nicht weitergegangen werden darf.“

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Weiter oben stellt er auf der Pistenraupe den Windenaram auf. Darüber wird jetzt das Stahlseil geführt. Immer wieder seien Tourengeher hier oben unterwegs erzählt er. „Es waren welche unterwegs, die die Stirnlampe ausgeschaltet hatten und dachten, man sieht sie nicht. Dann hast du die Überraschung, wenn du dich mit dem Gerät umdrehst und der Tourengeher steht vor dir – das ist nicht so lustig.“

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Aber warum braucht man das Seil überhaupt? Ginge es an manchen Stellen nicht auch ohne? „Der Vorteil ist, dass du überall hinaufkommst. Du musst dich nicht plagen. Wenn ich merke, es geht nicht, hänge ich mich ein und fahre auf und ab. Auch ein Vorteil was den Dieselverbrauch anbelangt, weil man den Motor nicht würgen muss. Es ist auch Materialschonender.“

Das Seil gräbt sich in den Schnee...

Ali Striednig gibt auch oben im Hannoverhaus Bescheid, dass es jetzt für Tourengeher gefährlich wird. Von einem sicheren Standpunkt aus betrachtet lässt sich beobachten, wie sich das Seil der talwärtsfahrenden Pistenraupe in den Schnee gräbt. Jetzt steht es auch seitlich unter Spannung. Beim Aufwärtsfahren wird es richtig gefährlich: „Es schneidet oben ein und dann kommt der gefährliche Punkt, das Seil wird herausgehoben. Sollte es eingeschneit sein, macht es einen Schnalzer.“

... und schnalzt ohne Vorwarnung heraus

Und da das Seil zuvor recht ruhig im Schnee liegt, können Tourengeher überrascht und sogar tödlich verletzt werden. „Wenn es das Seil heraushebt, geht es in die Luft und fährt zwischen 15 und 20 Meter hin und her. Du merkst als Pistenfahrer nicht, wenn du etwas mit dem Seil erwischt, vor allem siehst du die Piste nicht ein.

Die Pisten sind zwar gesperrt, aber Garantie dafür, dass da niemand unterwegs sei, sei das nicht, weiß Striednig.

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„Manchmal bist du chancenlos“

Gelernt hat Ali Striednig das Handwerk von einem Kollegen. Vor allem: immer kann man gegen Schnee und Wind nicht gewinnen: „Manchmal bist du chancenlos. Dann kannst du präparieren, wie du willst. Wenn der Wind so stark geht, fährst du hinauf und die Spur die du gerade gezogen hast, ist schon wieder eingeweht. Das ist leider so im Freiluftsport. Wir können nicht 24 Stunden durchfahren, auch für die Sicherheit der Skifahrer nicht. Wir versuchen unser bestes, aber Windverwehungen kommen vor. Das ist dann eben nicht so optimal zum Skifahren.“

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Ali Striednig und Sebastian Trojer

Jetzt ist die Kälte der Nacht am Zug

Ein Mann zwischen Pedalen, Hebeln und einem Joystick. „Man kann dem ganzen Alltagsstress entgehen, fährt auf und ab und kann nachdenken. Es ist schön, auch wenn man sich die ganze Zeit konzentrieren muss.“ Ab und zu muss er auch jetzt hinaus. Die Pistenraupe hat im aufwirbelnden Schnee ein dicke Eisschicht bekommen. „Der Neuschnee, den wir jetzt bekommen haben, staubt extrem und klebt an der Maschine.“ Die Fräße der Pistenraupe hat alles geglättet. Jetzt ist die Kälte der Nacht am Zug.