Hoffnung für AvW-Anleger durch OGH-Urteil

In der Causa um das pleitegegangene Kärntner Finanzkonglomerat AvW gibt es für geschädigte Anleger einen kleinen Hoffnungsschimmer. In zwei Entscheidungen verurteilte der Oberste Gerichtshof nun die Anlegerentschädigung (AeW) zur Zahlung.

Die AeW ist eine Haftungsgesellschaft, die mit der Einlagensicherung für Bankersparnisse vergleichbar ist. Geht ein Wertpapierunternehmen in Konkurs, haftet die AeW pro Anleger mit bis zu 20.000 Euro plus Zinsen. Im Fall AvW ist die Rechtsprechung des OGH widersprüchlich. Anfang 2013 bereits entschied das Höchstgericht, dass die Anlegerentschädigung nicht greife.

Ein paar Monate später hielt der OGH in einem Zurückverweisungsbeschluss ans Erstgericht fest, dass die AeW betroffene Anleger dann entschädigen müsse, wenn sich diese auf ein indirektes Halten ihrer Gelder durch die Vermittlerin AvW Invest berufen und zwischen der AvW Invest und der Emittentin AvW-Gruppe eine wirtschaftliche oder personelle Verflechtung bestehe. Das war bei AvW der Fall, die Unternehmen wurden beide von dem noch immer inhaftierten Wolfgang Auer-Welsbach geführt. Allerdings war nur die AvW Invest, nicht aber die AvW-Gruppe Mitglied der Anlegerentschädigung.

OGH: Wirtschaftliche Einheit

In den aktuellen Fällen obsiegten die Kläger vorm OGH. Das Höchstgericht sieht die AvW-Firmen als wirtschaftliche Einheit, die sich Kundengelder angeeignet hat. Das Halten von Kundengeldern ist in den Verfahren die entscheidende juristische Frage. In einem Beschluss, der der APA vorliegt, hält das Gericht fest: „Nach mittlerweile gefestigter Rechtsprechung ... kommt als ‚Halten‘ auch ein mittelbares Halten in Betracht. Ein solches liegt etwa vor, wenn sich nicht das Wertpapierunternehmen selbst, sondern ein mit ihm sonst rechtlich oder wirtschaftlich verbundener Rechtsträger die Kundengelder oder die Finanzinstrumente aneignet.“

Entscheid gilt nicht für alle Anleger

Auch wenn die beiden neuen OGH-Entscheide eindeutig sind, gelten diese nicht automatisch für alle rund 8.000 Anleger, die die AeW auf insgesamt 120 Mio. Euro verklagt haben. Aufgrund der widersprüchlichen Rechtsprechung will die Anlegerentschädigung jetzt noch weitere OGH-Entscheidungen zu anhängigen Musterprozessen abwarten, wie deren Geschäftsführer Michael Lubenik der APA am Freitag sagte. „Massenklagen zu ein und derselben Frage“ will er aber auf jeden Fall vermeiden, daher sei man auch mit Anlegeranwälten im Gespräch.

Im schlimmsten Fall zahlt der Steuerzahler

Sollte die AeW tatsächlich alle Anleger entschädigen müssen, könnte im schlimmsten Fall sogar der Steuerzahler einspringen müssen: Der Entschädigungsfonds, in den Österreichs Wertpapierfirmen jährlich einzahlen müssen, würde nämlich „bei weitem“ nicht ausreichen, so Lubenik. Als nächste Stufe sieht das Gesetz vor, dass die AeW Sonderbeiträge von den Mitgliedsfirmen einhebt, diese sind jedoch mit 2,5 Prozent der fixen Gemeinkosten gedeckelt und dürfen nur einmal im Jahr bzw. maximal zweimal in fünf Jahren verlangt werden. „Wenn das alles nicht ausrecht, müsste die AeW Fremdmittel aufnehmen, für die der Bundesminister für Finanzen die Haftung übernehmen kann“, so Lubenik.

12.500 Anleger betroffen

Von der AvW-Pleite sind rund 12.500 Anleger betroffen. Der frühere Kärntner Finanzjongleur Auer-Welsbach wurde 2011 in Klagenfurt wegen schweren Betrugs, Untreue und Bilanzfälschung zu acht Jahren Haft verurteilt. Die Geschädigten versuchen seit Jahren, durch Gerichtsverfahren wenigstens einen Teil ihres Investments zurückzubekommen. Beklagt sind etwa die Republik - wegen möglichen Versehens der Wertpapieraufsicht -, der Steuerberater, der Wirtschaftsprüfer und die frühere AvW-Hausbank.

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