„Aggression“: Hypo-Prozess unterbrochen

Am Klagenfurter Landesgericht ist am Dienstag die Fortsetzung des Hypo-Prozesses gegen ehemalige Bankmanager unterbrochen worden. Dem angeklagten Ex-Vorstand Wolfgang Kulterer war unwohl, er beklagte die „Aggressivität“ der Einvernahme. Es wurde auf Mittwoch vertagt.

Kulterer wurde einvernommen, wobei er seinen Ex-Vorstandskollegen und Mitangeklagten Josef Kircher seinerseits belastete. Kircher hatte Kulterer mit seinem Geständnis belastet. Nach der Mittagspause wurde der Prozess auf seinen Wunsch hin unterbrochen. Kulterer gab dazu folgende Erklärung ab: „Ich werde heute keine Fragen mehr beantworten. Die Aggressivität in der Einvernahme der letzten halben Stunde hat mir echt zugesetzt. Ich habe Probleme und Schmerzen. Mir ist schlecht. Ich verstehe die Aggressivität nicht, fühle mich heute nicht mehr in der Lage und kann mich nicht mehr konzentrieren.“

Hypo Kulterer Vorzugsaktien Prozess

ORF

Vor seiner Einvernahme rieb sich Kulterer wiederholt die Schulter.

Kulterer äußerte den Wunsch, sich hinlegen zu dürfen. Er leidet an den Folgen einer Schulterverletzung, die ihm einen Haftaufschub bescherte, er sollte wegen der rechtskräftigten Verurteilung in einem anderen Hypo-Prozess seine Haft antreten - mehr dazu in Kulterer sucht um Haftaufschub an (kaernten.ORF.at; 24.9.2013).

Ersatzrichter soll Anwalt angeschrien haben

Kulterer-Verteidiger Dieter Böhmdorfer beschwerte sich auch gegen die Behandlung seines Kanzleikollegen Rüdiger Schender und dass ihn Ersatzrichter Manfred Herrnhofer angeschrien habe. Der Konter Herrnhofers: „Sie unterbrechen dauernd die Verhandlung, es war notwendig, Ihnen das klar und deutlich zu sagen.“ Der Schöffensenat unter dem Vorsitz von Richter Christian Liebhauser-Karl vertagte daraufhin auf Mittwoch. Der Angeklagte soll die Möglichkeit haben, bei der Einvernahme des Angeklagten Siegfried Grigg anwesend zu sein.

Aufgrund der Informationen aus dem Geständnis von Kircher erweiterte der Staatsanwalt die Anklage auf verschiedene Aktienpakete aus der Vorzugsaktientranche 2006 gegen Kulterer. Dadurch erhöhe sich die Schadenssumme, für die Kulterer verantwortlich gemacht werde, von drei auf rund sechs Mio. Euro, so Staatsanwalt Robert Riffel.

Verteidiger gegen Privatbeteiligung

Die Verteidiger der Angeklagten sprachen sich gegen die Privatbeteiligung der Berlin & Co Beteiligungsgesellschaft aus. Sie habe die erworbenen Anteile mit Gewinn weiterveräußert, sagte Anwalt Martin Gärtner. Es sei nicht bekannt, dass von der Bayerischen Landesbank Forderungen erhoben würden, daher sei nach zivilrechtlichen Gesichtspunkten undenkbar, dass der Gesellschaft ein aktueller oder potenzieller Schaden entstehen könnte.

Vorwurf der Untreue

Bei dem Prozess geht es um einen Vorzugsaktienhandel in der Höhe von 200 Mio. Euro aus dem Jahr 2006. Den Angeklagten wird Untreue und teilweise auch Bilanzfälschung vorgeworfen. Alle bis auf Ex-Vorstand Kircher bekannten sich nicht schuldig – mehr dazu in Hypo-Prozess: Geständnis von Kircher. Kircher belastete letzte Woche mit seinem Geständnis die anderen Angeklagten schwer, allen voran Kulterer. Dieser habe sich die Put-Optionen, also das Rückgaberecht und damit die“ Geld-zurück-Garantie“ für die Vorzugsaktien, ausgedacht, so Kircher.

Der Staatsanwalt sieht darin den Tatbestand der Bilanzfälschung als erwiesen, die Aktien hätten nicht dem Eigenkapital zugerechnet werden dürfen. Das Eigenkapital der schon damals finanzschwachen Bank aufzustocken war aber Grund dafür, die Vorzugsaktien überhaupt aufzulegen. Untreue wird den Angeklagten vorgeworfen, weil für diese Aktien zusätzlich eine Sonderdividende genehmigt wurde, zuerst für die Flick-Privatstiftung, in der auch Kulterer saß, dann für alle Vorzugsaktienbesitzer.

Kulterer belastete Kircher

Kulterer bekannte sich bei seiner Einvernahme am Dienstagvormittag weiterhin nicht schuldig, belastete seinerseits Kircher und rechtfertigte den Vorzugsaktiendeal aus dem Jahr 2006. Mit einer ausführlichen PowerPoint-Präsentation legte er seine Sicht des Vorzugsaktiendeals dar.

Kirchers Berechnungen über die Aussichten der Leasinggesellschaft seien die Basis für die Ausgabe der Aktien gewesen. Diese Aufstellung habe einen Unternehmenswert von 800 Mio. Euro ausgewiesen, so Kulterer. Darüber hinaus „wunderte“ sich Kulterer, dass Kircher, über dessen Tisch alle großen Vertragswerke gelaufen seien, diese nun als eigenmittelschädlich qualifiziere.

Der Vorzugsaktiendeal sei zu dem damaligen Zeitpunkt die einzige Möglichkeit gewesen, eine kurzfristige Eigenmittellücke zu schließen, so Kulterer. „Ich bin heute noch überrascht, wie es damals gelungen ist, diese Lücke zu füllen. Das waren enorme Anstrengungen.“ Nach den Swap-Verlusten 2006 hätte es keine andere Möglichkeit gegeben, zu Eigenkapital zu kommen, sagte Kulterer aus.

Kulterer: „Sonderdividende war nicht meine Idee"

Im Jahr 2008, zum Zeitpunkt des Beschlusses der Sonderdividende für die Vorzugsaktien 2006, sei er „ein Niemand in der Bank“ gewesen, sagte Kulterer. Er sei im Herbst 2006 als Vorstand und im Oktober 2007 auch als Aufsichtsratsvorsitzender ausgeschieden. Er könne deswegen gar nicht „Mastermind“ der Konstruktion gewesen sein. „Ich war bei der Beschlussfassung nicht dabei und weiß auch nicht, wer sie initiiert hat“, bekräftigte er. Auch bei Genossenschaftsbanken sei es möglich, kündbare Genossenschaftsanteile als Eigenmittel auszuweisen.

Der Bank sei jedenfalls durch die Vorzugsaktien kein Schaden entstanden, der Vorwurf der Untreue somit obsolet. Letztlich habe die Bank 33 Millionen Euro Gewinn gemacht. Den Vorwurf der Bilanzfälschung wies Kulterer ebenfalls zurück. Die Bilanzen 2006 und 2007 habe er weder erstellt noch zu verantworten.

Vorwürfe zur Flick-Stifung zurückgewiesen

Zu dem Vorwurf der Vorteilnahme für die Flick-Stiftung sagte Kulterer, er sei einfaches Mitglied des Stiftungsvorstandes gewesen. Der Vorschlag des Investments sei von ihm gekommen, die Prüfung und Entscheidung jedoch in den Händen von Rechtsanwalt Alexander Klaus und des Stiftungsvorsitzenden Jörg-Andreas Lohr gelegen. Seine Stimme habe keine Rolle gespielt. Ob er für die Flick-Stiftung einen höheren Dividendenanspruch eingefordert habe, fragte Ersatzrichter Herrnhofer. „Nein. Es wurde darüber diskutiert, wie sich der Markt entwickelt“, antwortete Kulterer.

Links: