Eine „Bella Figura“ bürgerlicher Lebenslügen

Donnerstagabend hebt sich am Stadttheater der Premierenvorhang für das Schauspiel „Bella Figura“ der Dramatikerin Yasmina Reza. Ein in gepflegtes Unwohlsein eingebetteter Theaterabend über bürgerliche Lebenslügen.

Die aus einer großbürgerlichen Familie stammende, in Paris lebende Autorin Yasmin Reza seziert in ihren Stücken mit säuerlicher Komik das bürgerliche Milieu der Gesellschaft. In „Bella Figura“ lässt sie ihr Personal gegen deren Willen und ihre Absicht entgleisen.

Yasmin Reza Bella Figura

ORF

Falsches Leben, falsche Liebe, falsches Lokal

Das Stück „Bella Figura“ von Yazmina Reza entreißt ihrer Möchtegerngesellschaft den Boden unter den Füßen: Es wäre alles so schön gewesen, hätte Boris nicht den Fehler begangen - nach vier Jahren heimlicher Verabredungen mit der Apothekengehilfin Andrea - ausgerechnet jenes Restaurant für ein Abendessen zu zweit auszuwählen, das ihm seine Ehefrau empfohlen hat.

Yasmin Reza Bella Figura

ORF

Die Feier in der Tiki-Bar gerät zur Obduktion bürgerlicher Lebenslügen

Zu allem Übel steht er vor der Pleite, die Nerven liegen blank und hinter seinem Wagen landet eine demente alte Dame: unglücklicherweise die Schwiegermutter der besten Freundin seiner Ehefrau. Das Unfallopfer bleibt zwar unverletzt, feiert aber gezwungenermaßen mit den beiden Paaren ihren Geburtstag in der teuren Tiki-Bar.

Yasmin Reza Bella Figura

ORF

Liebesleid für Boris

So weit das Setting. Das Fest wird zu einer gnadenlose Obduktion bürgerlicher Lebenslügen, in die jeder Einzelne verstrickt ist. Es geht um Seitensprünge, Medikamentensucht oder Altersverfall und vor allem darum, die Fassade zu wahren.

"Ab wann wird die Lüge zur eigenen Realität?

Regisseur Robert Gerloff: „Man nimmt die gesellschaftlichen Rollen oft an, ohne sich bewusst dafür zu entscheiden eine Rolle zu spielen und kommt dann manchmal in Teufels Küche. Das Bild der anderen wird zur Realität, während man sich selbst nur in einem schwachen Moment entschieden hat, so zu sein, um einem Konflikt aus dem Weg zu gehen. Das übergeordnete Thema lautet: Ab wann ist eine Lüge die eigene Realität?“

Yasmin Reza Bella Figura

ORF

Gertrud Roll über eigene Rolle: „Da ist Saft drin“

Ständig löst eine Gemütswallung die andere ab, die Situation läuft ununterbrochen aus dem Ruder. Die demente, medikamentensüchtige Schwiegermutter spielt Gertrud Roll: Immer diese Lügereien - ich will ja nicht sagen dass ich davon frei war oder bin, aber ich empfinde es in dem Stück schon sehr stark. Wer ist denn von denen ehrlich?".

Theaterpremiere „Bella Figura“

Im Stück geht es um Seitensprünge und um den Drang, die Fassade aufrecht zu erhalten.

Die Rolle habe sie interessiert, weil es eine gute Rolle für eine alte Frau sei. „Da ist Fleisch, da ist Saft drin, wenn man es richtig macht.“ Sie selbst bekomme in letzter Zeit oft die Rolle „alte strickende Oma“ angeboten, was ein „bissl langweilig“ sei, wie sie sagt.

Yasmin Reza Bella Figura

ORF

Gertrud Roll: „Mir geht es manchmal so wahnsinnig auf die Nerven: immer wieder dieselben Auseinandersetzungen. Aber das gibt es im normalen Leben natürlich auch, im normalen Leben der Paare“.

... „ich habe schon meine Nummern“

Vom Regisseur erhielt Roll die Regieanweisung, ihrer Bühnenkrankheit entsprechend „nicht allzu viel am Geschehen teilzunehmen“. Roll: „Sie kriegt dann aber schon ihr Zuckerbrot wenn sie auf die Toilette kommt...ich hab schon meine Nummern.“

Bella Figura

ORF

Ein Theaterabend, eingebettet in in gepflegtes Unwohlsein: „Bella Figura“ von Yasmin Reza läuft noch bis 17. Februar am Stadtheater Klagenfurt.

Link: