Nur noch drei Schneiderlehrlinge in Kärnten

Kärnten gehen die Schneiderlehrlinge aus. Vor zehn Jahren gab es noch genug Lehrlinge, um eine Berufsschulklasse voll zu bekommen. Zurzeit gibt es in Kärnten nur noch drei. Die Gründe sind teilweise hausgemacht und liegen auch am Kaufverhalten der Konsumenten.

Die Gründe für den starken Rückgang bei den Schneiderlehrlingen finden sich einerseits bei den Modeschulen, die viele junge Leute abwerben, andererseits gibt es immer weniger Betriebe, die Schneiderlehrlinge ausbilden. Nun will die neue Innungsmeisterin in die Offensive gehen und um junge Leute werben.

Schneiderlehrlinge Mangel

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Nur noch drei Schneiderlehrlinge in Kärnten

Einziger Lehrling im ersten Lehrjahr

Melanie Ettel ist der einzige Schneiderlehrling im ersten Lehrjahr in ganz Kärnten: Sie lässt sich auf ihrem Weg nicht beirren. Die Begeisterung und die Fingerfertigkeit bekam sie schon von ihrer Großmutter mit, sagte die junge Frau aus Schiefling. „Die Arbeit mit den Stoffen ist sehr vielfältig, man muss genau arbeiten. Wir arbeiten an Dirndln, mit verschiedenen Schürzen und Details. Ich wollte schon als Kind Schneiderin werden.“

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Melanie Ettel wollte schon als Kind Schneiderin werden

Melanie ist eine von nur drei Lehrlingen. Diese Misere habe man sich nicht zuletzt durch das Ausbildungssystem selbst zuzuschreiben, sagte ihr Lehrherr. Viele Jugendliche würden zu den Modeschulen abwandern, dort werde auf die Praxis aber kein Wert mehr gelegt.

Zahl der Lehrlinge stark reduziert

Gertrude Mascheßnig-Haberl war fast zwanzig Jahre lang Innungsmeisterin der Schneider in Kärnten. Als sie sich selbst - vor 40 Jahren - für den Lehrberuf entschied, seien weit mehr als 30 Lehrlinge ausgebildet worden. Warum oder ob der Beruf der Schneiderin heute nicht mehr attraktiv genug ist, könne nicht genau gesagt werden.

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Ex-Innungsmeisterin: „Handwerk in Schulen fehlt“

Die Modeschulen in Klagenfurt und Villach hätten jedenfalls viele Jugendliche abgeworben, sagte Mascheßnig-Haberl. Doch in diesen Schulen mangle es an der Praxis. „WIMO oder CHS in Villach sind eher auf Basis, auf Design, auf Kommunikation und Werbung ausgerichtet. Aber das Handwerk fehlt. Mein Wunsch wäre es, eine Schule auf Handwerk umzustellen.“

Das Problem der schwindenden Lehrlingszahlen sei auch hausgemacht. Es gebe weniger Betriebe, die Lehrlinge ausbilden, aber auch nur deshalb, weil viele Kunden bei Billigketten einkaufen würden, sagte Mascheßnig-Haberl. „Als ich angefangen habe, hat es fünf riesengroße Industriebetriebe in Kärnten gegeben. Pro Betrieb waren zwischen 150 und 250 Leute beschäftigt. Diese Betriebe sind alle weggebrochen in die Billiglohnländer. Da ist halt der Punkt gekommen, wo man gesagt hat, da kann man eigentlich alles billig kaufen.“

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Blick auf die Qualität könnte das Interesse für den Lehrberuf wieder steigern

Innung: Mehr Interesse für Lehrberuf wecken

Die Entwicklung ähnle jener bei den Lebensmitteln, sagte Mascheßnig-Haberl. Erst wurde alles immer billig gekauft. „Und jetzt schauen wir wieder auf Qualität und auf unsere Gesundheit und gehen am Biohof und Markt einkaufen. Und so wird auch auf das Material und die Fertigung geschaut.“

Neue Innungsmeisterin ist die Schneidermeisterin Birgit Moser. Sie ist auch Preisträgerin des österreichweiten Haute Couture Awards. Sie will in den kommenden Monaten in die Offensive gehen, es soll öffentliche Modeschauen geben, um junge Mädchen und auch Burschen wieder für den Lehrberuf der Schneiderin und des Schneiders anzusprechen. Auch das Bewusstsein der Kunden müsse sich ändern, sagte Moser. „Wenn die Leute kommen und sagen, sie lassen sich etwas schneidern, dann werden auch die Betriebe wieder mehr ausbilden können, weil die Wertschöpfung einfach im Land bleibt.“

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