Die Magie der Raunächte

Während die Advents- und Neujahrszeit heute oft hektisch ist, wurden die „Raunächte“ bis zum 6. Jänner früher zur inneren Einkehr und Entspannung genutzt. Diese „Wellnesstage“ wurde auch durch spezielle Räuchermischungen unterstützt.

Je nach Region und Brauchtum gibt es zwischen 25. Dezember und 6. Jänner drei bis zwölf Rauhnächte. Die Kärntner Räucher- und Kräuterexpertin Annemarie Herzog hat die Tradition des Räucherns in den Raunächten von ihrer Großmutter übernommen. „Wenn die Nächte länger als die Tage wurden, hat man sich früher in die gemütliche Stube zurückgezogen“, sagt sie.

Räuchern Harz Weihrauch Wacholder

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In den Raunächten würde früher viel geräuchert

In den Raunächten wurden auch am Tag nur die allernotwendigsten Arbeiten durchgeführt, um das neue Jahr ausgeruht und gestärkt beginnen zu können - mehr dazu in Weihrauch als Heilmittel. „Die innere Einkehr nutzte man, um Kraft zu tanken.“ Heute sei das angesichts des Weihnachtstrubels schwierig, meint Herzog: „Und deswegen brauchen die Menschen mehr denn je eine Auszeit.“

Die heilende Kraft des Räucherns

Vor allem rund um Weihnachten und Silvester wurde früher viel geräuchert. Damit wollte man auch die Heilkraft der Kräuter nutzen, um sich zu entspannen und Kraft zu tanken. In einer „Wohlfühlmischung“ darf der Holunder nicht fehlen. „Er heilt den Menschen von Kopf bis Fuß“, sagt die Kräuterexpertin.

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Weihrauch ist ein bekannter beim Räuchern, verwendet wurden aber viel mehr Kräuter

Auch Angelikawurzel, Lavendel und Wacholderholz und -beeren sind für die hausgemachte Winter-Räuchermischung gut geeignet. Vor allem Hölzer und Wurzeln wird viel Kraft nachgesagt, sie werden in den Räuchermischungen deswegen sparsamer eingesetzt. Teils wird dieses Brauchtum auch heute noch begangen, das Räuchern rund um den Jahreswechsel soll dabei vor allem eine Schutzwirkung haben und Glück für das neue Jahr bringen.

Von der wilden Jagd und Orakeln

Viele Mythen und Legenden ranken sich um die Raunächte. Zur Mitte der Zwölfnächte, nämlich zu Silvester, sollte der Legende nach die Wilde Jagd aufbrechen. In dieser Zeit, so glaubte man, steht das Geisterreich offen und die Seelen der Verstorbenen und die Geister haben Ausgang.

Keine Wäsche durfte in dieser Zeit in den Häusern hängen – schließlich könnte sich darin die Wilde Jagd verfangen, oder die Gäste könnten aufgehängte, weiße Leintücher gleich als Leichentuch für deren Besitzer verwenden. Frauen und Kindern wurde geboten, sich nächtens nicht draußen aufzuhalten. Auch Orakel galten in diesen Nächten als besonders vielversprechend – ein heutiges Überbleibsel davon ist das Bleigießen zu Silvester.

Jede Raunacht hat ihre Bedeutung

In Kärnten wurden zwölf Raunächte zelebriert. Herzog: „Das Sonnen- und Mondjahr enden nicht gleichzeitig, es bleiben diese zwölf Tage und Nächte über, man betrachtete sie als geschenkte Zeit.“

Jede Raunacht steht für ein eigenes Thema, erklärt Herzog. Für jede der Raunächte gab es es auch eine spezielle Räuchermischung. Die erste Raunacht vom 24. auf 25. Dezember steht für „Altes loslassen“. Die sechste Raunacht, vom 29. auf 30. Dezember, war den Gefühlen gewidmet, Gefühle zulassen zu können, war Ziel der inneren Einkehr. Geräuchert wurde in dieser Nacht unter anderem mit Salbei, Kiefernharz, Mädesüß, Weihrauch und Myrte.

In der 7. Raunacht vom 30. auf 31. Dezember ging es darum, sich auf das neue Jahr vorzubereiten, die Nacht darauf widmete man den Vorsätzen für das neue Jahr. „Da ging es auch um die Konsequenz, diese Vorsätze länger durchzuhalten“, so Herzog. Orange, Zeder und Rose sollten beim Räuchern helfen, um das nötige Durchhaltevermögen für die Vorsätze zu bekommen. In manchen Regionen gehört auch die Thomasnacht vor dem 21. Dezember zu den Raunächten.

Raunächte als Chance

Die Raunächte können aber auch heute noch eine Chance sein, die Akkus wieder aufzuladen, meint Annemarie Herzog. Und so sei die Sehnsucht nach der Magie der Raunächte „größer denn je.“

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