„Herzschlag“-Musik hilft Frühchen leben

Die Betreuung von Frühchen, also Kindern, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, hat sich sehr verbessert. Heutzutage hilft sogar Musik beim schweren Start ins Leben, die genau auf den Herzschlag abgestimmt ist.

Frühchen haben einen schwierigen Start ins Leben. Wenn sie auf die Welt kommen, sind sie nicht mehr als eine „Handvoll“ Mensch. Die Haut ist durchscheinend, Hände und Füße winzig klein.

Frühchen Frühgeborenes

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Frühgeborene werden ständig überwacht

Die Frühchen verbringen die ersten Wochen ihres Lebens nicht zu Hause, sondern auf der Intensivstation. Angeschlossen an Sonden und Monitore schauen sie noch verletzlicher aus. Jedes Gramm mehr auf der Waage ist ein Erfolg, jeder Zentimeter mehr ein kleiner Meilenstein.

Musik hat beruhigende Wirkung auf Frühchen

Auch Musik soll beim schweren Start ins Leben und unterstützen. Oberarzt Raimund Kraschl von der Frühgeborenenstation an der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde im Klinikum Klagenfurt: „Wir wissen, dass Frühgeborene positiv auf Musik reagieren. Sie werden ruhiger, die Herzfrequenz verringert sich, möglicherweise gibt es auch bei der Schmerzhemmung einen positiven Effekt. Über die Entwicklungsförderung gibt es noch wenig wissenschaftliche Ergebnisse, aber ich denke, Musik tut jedem Alter gut“.

Immer wieder kommt es vor, dass es auf der Frühgeburtenstation Livemusik gibt. Erst vor kurzem gab ein kleines Mädchen ein Geigenkonzert, eine Mutter spielte auf der Harfe, andere Mütter singen ihren Kindern vor, sagte Kraschl. „Da haben wir einige schöne Beispiele von individualisierter, musikalischer Unterstützung.“

„Health Tunes“ mit der steirischen Harmonika

Wenn surrende Infusionspumpen und piepsende Monitore die akustische Welt der Frühchen dominieren, kommt ein Kinderlied zur Abwechslung gerade recht. Der 25 Jahre alte Betreiber einer Harmonikaschule, Heimo Platzner aus Thörl Maglern, versucht mit dem Projekt „Health Tunes“ den Frühchen die Welt musikalisch zu verschönern: „‚Health Tunes‘ ist ein Streamingdienst aus Kalifornien. Da wird Musikmedizin entwickelt - für Frühchen, für Patienten mit Chemotherapie oder für demente Patienten. Wir haben uns mit der steirischen Harmonika auf Frühchen spezialisiert. Dieser Dienst wird weltweit abgerufen, im Moment haben wir etwa 150.000 User weltweit.“

Spitalsgerät Frühgeborene

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Frühchen brauchen intensive Pflege

150 Schläge pro Minute: Eine Herzensangelegenheit

Mit seiner Harmonika geht der junge Kärntner aber nicht auf die Frühgeburtenstation, um Kinderlieder zu spielen, sondern ins Tonstudio. Dort wird den Musikern der Takt vorgegeben, der mit 150 Schlägen pro Minute etwa der Herzrate eines Frühchens entspricht. „Dieser Takt wird dann kontinuierlicher langsamer und damit verlangsamt sich auch der Herzschlag des Kindes, der sich der Musik anpasst.“ Diese spezielle Software mit den fein abgestimmten Musikstücken wird immer öfter auf Frühgeburtenstationen abgespielt.

Für den jungen Kärntner ist es eine Herzensangelegenheit, das Projekt Health Tunes zu unterstützen. „Ich habe so eine Geschichte selbst bei meinem Bruder miterlebt, und weiß, dass man über jede Unterstützung dankbar ist. Außerdem wollte ich weg vom Image des Wirtshausmusikers und zeigen, dass man das Instrument sehr sinnvoll anwenden kann.“

Zwei Monate zu früh: 90 Prozent überleben

Die moderne Neugeborenen-Intensivmedizin hat die Überlebenschancen von Frühchen in den letzten Jahren stetig verbessert. Oberarzt Raimund Kraschl: „Es ist der medizinische Fortschritt, aber auch der neue Umgang mit den Kindern. Man geht ganz individuell auf sie zu und hat ihre Bedürfnisse im Auge, man macht nur das, was sie brauchen. Grundsätzlich kann man sagen, dass gut 90 Prozent der Kinder überleben, die vor der 28. Woche zur Welt kommen oder bei der Geburt unter 1.000 Gramm haben.“

Im Bereich von 24 Wochen seien es noch 60 Prozent der Kinder, bei 23 Wochen gebe es eine realistische Überlebenschance von 40 bis 50 Prozent, da gebe es aber ein noch hohes Risiko, Schäden davon zu tragen. Wichtig sei vor allem, dass die Eltern bei der Betreuung von Anfang an mit einbezogen werden und Hautkontakt haben, sagte Kraschl.