Diözese spricht von „System Schwarz“

Am Dienstag hat Dompropst und Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger schwere Vorwürfe gegen das „System Schwarz“ erhoben. Er sprach von „undurchsichtigen Vorgängen“ und kündigte Regressforderungen an.

Die jetzige Kärntner Kirchenführung hat am Dienstag mit der Ära des ehemaligen Kärntner Bischofs Alois Schwarz abgerechnet. Die Vorwürfe betreffen dessen Amtsführung und Lebensstil. Diözesanadministrator Engelbert Guggenberger betonte, er spreche nicht als interimistischer Leiter der Diözese, sondern als Dompropst, also als gewählter Leiter des Gurker Domkapitels, der Leitung der Kärntner Kirche.

Engelbert Guggenberger

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Guggenberger ließ keine Fragen zu, sondern trug das Statement vor, das vom Domkapitel einstimmig beschlossen wurde

Guggenberger sprach von fragwürdigen Personalentscheidungen und undurchsichtigen Vorgängen, die der Kirche schweren Schaden zugefügt hätten. Gleichzeitig wurde eine Zusammenfassung des Prüfberichts über das Mensalgut publik gemacht. Daraus geht hervor, dass das Bistum 2016 und 2017 Verluste in Millionenhöhe schrieb, außerdem war die Kontrolle mangelhaft - mehr dazu in Vernichtender Prüfbericht der Diözese Gurk.

Diözese Gurk Pressekonferenz Guggenberger Vorwürfe gegen Alois Schwarz Kirche

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Reges Medieninteresse beim Pressestatement

Die für Dienstag letzter Woche geplante Pressekonferenz zur Veröffentlichung des wirtschaftlichen Prüfberichts der Diözese Gurk-Klagenfurt wurde von Rom untersagt und die Veröffentlichung verboten - mehr dazu in Diözese Gurk: Rom verbietet Pressekonferenz (kaernten.ORF.at; 10.12.2018). Eine Woche später kam es nun doch zu einem kurzfristig einberufenen Pressestatement. Das Domkapitel folge damit seinem Gewissen, sagte Guggenberger.

Statement von Domkapitel beschlossen

Das Statement sei einstimmig vom gesamten Domkapitel beschlossen worden, so Guggenberger: „Anlass ist die aktuelle Situation der katholischen Kirche in Kärnten. Diese Situation ist für viele Menschen im Land Anlass für Sorge, Unsicherheit, Irritation, Ratlosigkeit, Wut, Empörung und Sprachlosigkeit.“ Daher sehe man sich veranlasst, an die Öffentlichkeit zu treten.

Diözese Gurk Pressekonferenz Guggenberger Vorwürfe gegen Alois Schwarz Kirche

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Schwere Vorwürfe gegen Ära Schwarz

Anlässlich der Berufung von Bischof Alois Schwarz zum Diözesanbischof von St. Pölten seien schwere öffentliche Vorwürfe erhoben worden, sagte Guggenberger. „Genannt wurden sein Führungs- und Kommunikationsstil, sein persönliches Umfeld, das Anlass für Gerede und Gerüchte bot, sowie zuletzt das Engagement eines Ex-Geheimdienstchefs.“

Arbeitsgruppe prüfte Vorwürfe

Dem Domkapitel und dem Administrator sei von Anfang an klar gewesen, dass die genannten Probleme während der 17-jährigen Amtszeit von Schwarz eine Dimension erlangt hätten, die es unmöglich mache, diese Angelegenheit als eine lediglich innerkirchliche zu betrachten, so Guggenberger weiter. Die Öffentlichkeit könne man nicht außen vor lassen, weil die Vorwürfe zu schwerwiegend und bekannt seien. Um den Wahrheitsgehalt zu prüfen, habe das Domkapitel eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die alles prüfen sollte.

Wogen in Kärnten gehen hoch

Auch Expertisen von externen, unabhängigen Fachleuten seien eingeholt worden. Der Abschlussbericht dieser Arbeitsgruppe sollte der Öffentlichkeit vorgestellt worden, dann sei die Weisung von der römischen Bischofskongregation gekommen, die Pressekonferenz abzusagen. „Seitdem gehen nicht nur unter den Kärntner Katholiken, sondern im ganzen Land die Wogen hoch.“

Auf einer Seite solidarisierten sich die Menschen mit der Diözesanleitung und ihrem Bemühen um Aufklärung. Auf der anderen Seite drohten viele, die kirchliche Gemeinschaft zu verlassen, wenn der Prüfbericht nicht zeitnah veröffentlicht werde, so Guggenberger. Die Kirche verweigere sich der Transparenz, lauteten die Vorwürfe, das beschädige nachhaltig ihre Glaubwürdigkeit. Viele würden dieses Verhalten als einen Rückfall in die Zeiten der Affäre um Kardinal Hermann Groer sehen, so Guggenberger.

Diözese Pressekonferenz Engelbert Guggenberger

ORF/Waltraud Jäger

Guggenberger am Mikro, umgeben vom Domkapitel

Das „System Schwarz“

„Die 17-jährige Ära von Bischof Schwarz ist gekennzeichnet von einer doppelten Wahrnehmung. Einerseits sind die Verdienste von Bischof Schwarz in der Seelsorge, sein Zugehen auf die Menschen und seine Begeisterungsfähigkeit in der Predigt unbestritten“, sagte Guggenberger. Gleichzeitig habe es aber auch innerkirchliche und außerkirchliche Kritik gegeben. Grund für die öffentliche Vorwürfe seien nicht einzelne Vorgänge, vielmehr scheine es berechtigt, umfassend von einem „System Bischof Schwarz“ zu sprechen, wie es ein Leserbriefschreiber treffend formuliert habe.

Diözese Gurk Pressekonferenz Guggenberger Vorwürfe gegen Alois Schwarz Kirche

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„Von Launen seiner Vertrauten abhängig“

Ein wesentlicher Schlüssel zu diesem „System Schwarz“ sei sein persönliches Umfeld: „Konkret sorgt die Beziehung des Bischofs zur früheren Leiterin des Bildungshauses St. Georgen bis heute für Gerede, Gerüchte und Spekulationen. Bischof Schwarz war durch dieses Abhängigkeitsverhältnis vom Gutdünken und den Launen seiner Vertrauten geleitet und bestimmt.“ So sei dem Ansehen der Kirche in Kärnten über Jahre Schaden zugefügt worden. Diese Situation habe vor allem Priester und Mitarbeiter, die davon wussten oder erfuhren, „sehr belastet“.

Bischof Schwarz Hemma Jubiäum Gottesdienst

Katholische Pressestelle/Höher

Bischof Schwarz bei seiner Verabschiedung in Kärnten

Guggenberger meinte, aufgrund seiner Lebensführung sei der Bischof in seiner Amtsführung immer mehr beeinträchtigt gewesen, „weil er für Priester im Zusammenhang mit seiner Zölibatsverpflichtung erpressbar war“. Das Fass zum Überlaufen habe aber das Engagement eines ehemaligen Geheimdienstchefs durch Schwarz gebracht, der herausfinden sollte, wer die anonymen Schreiben unter den Mitarbeitern verfasst habe.

„Verantwortliche wussten Bescheid“

Was den materiellen Schaden betreffe, würden an Bischof Schwarz Regressforderungen gestellt, so Guggenberger. „Nicht nur die Mitglieder des Domkapitels, sondern auch andere Priester und Laien haben Bischof Schwarz mit den Vorwürfen wiederholt konfrontiert.“ Das unter vier Augen als auch in Gremien. Die zuständigen kirchlichen Stellen - die Nuntiatur in Wien, auch Kardinal Christoph Schönborn sowie die Salzburger Metropoliten - seien seit Jahren in Kenntnis über die Auswirkungen des „Systems Schwarz“, so Guggenberger in dem Statement. Die österreichische Bischofskonferenz habe seit spätestens 2008 Kenntnis von den Zuständen.

Kardinal für Veröffentlichung

Kardinal Schönborn hatte sich zuletzt für eine Veröffentlichung des Prüfberichts ausgesprochen, er war von der Dechantenkonferenz um Unterstützung gebeten worden - mehr dazu in Schönborn: Offenlegung von Diözese-Prüfbericht (kaernten.ORF.at; 14.12.2018). Der Prüfbericht ist bereits online abrufbar.

Kein Kommentar von Schwarz

Die Diözese St. Pölten teilte am Dienstag mit, dass Schwarz zum veröffentlichten Statement des Gurker Domkapitels nicht Stellung nehme. Es wurde auf die Stellungnahme zur Forderung der Bischofskongregation vom Montag verwiesen - mehr dazu in Bischof Schwarz: „Keine weitere Stellungnahme“ (noe.ORF.at).

Umstrittener Schritt in der Kärntner Kirche

Eine Reaktion gab es am Dienstag von der Pfarre Villach-St. Martin. Man gratuliere dem Domkapitel zu dem mutigen Schritt, hieß es. „Dass einige Mitbrüder moderatere Schritte gewünscht hätten, ist mir bewusst“, sagte Herbert Burgstaller, Sprecher der Dechanten. Auch von der katholischen Aktion gab es eine positive Reaktion, das Domkapitel habe auf die kärntenweiten immer lauter werdenden Rufe nach Transparenz reagiert.

Welche Folgen das Statement für die Gurker Domherren haben wird, ist noch ungewiss. Das Kirchenrecht sehe keine Sanktionen vor, sagte Ordinariatskanzler Jakob Ibounig. „Aber eine weitere Diskussion“ sei sicher sinnvoll.

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