Maljartschuk erhält Bachmann-Preis

Tanja Maljartschuk (UA) ist die Gewinnerin des Ingeborg-Bachmann-Preises. Die Preisverleihung fand am Sonntag im Rahmen der 42. Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt statt. Der Publikumspreis ging an die Österreicherin Raphaela Edelbauer.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird von der Landeshauptstadt Klagenfurt gestiftet. Da im ersten Wahlgang kein eindeutiges Ergebnis herauskam, gab es ein Stechen zwischen Bov Bjerg, Raphaela Edelbauer und Tanja Maljartschuk, das Tanja Maljartschuk für sich entschied. Notar Andreas Suri überwachte die Abstimmung im Studio.

Die aus der Ukraine stammende Autorin schreibt seit 2014 in deutscher Sprache und wurde von Stefan Gmünder zum diesjährigen Bewerb eingeladen. Sie brachte ihren Text „Frösche im Meer“ mit. Darin thematisiert sie das zuweilen fehlende Interesse der jüngeren Generation an ihren betagten Verwandten und die Probleme einer sozial ungleichen, von der Natur entrückten und xenophoben Gesellschaft. Die Jury zeigte sich größtenteils vom Text überzeugt – mehr dazu in Jurydiskussion Tanja Maljartschuk.

Preisverleihung 2018 Kaiser Maljartschuk Karin Bernhard Mathiaschitz

ORF/Jonannes Puch

LH Peter Kaiser, Tanja Maljartschuk, Landesdirketorin Karin Bernhard und Klagenfurts Bürgermeisterin Maria Luise Mathiaschitz

Bov Bjerg erhält Deutschlandfunk-Preis

Der mit 12.500 Euro dotierte Deutschlandfunk-Preis geht an Bov Bjerg. Der Deutsche wurde von Klaus Kastberger nach Klagenfurt geholt und präsentierte seinen Text „SERPENTINEN“; laut Jury ein starker Text. Darin werden Episoden aus dem Leben des Ich-Erzählers Höppner und dessen siebenjährigen Sohnes dargestellt. Die Abschnitte des Textes bieten wenig Orientierung, jedoch werden nach und nach Zusammenhänge erkennbar. Dem gegenüber stehen einerseits die klare Sprache und andererseits ganz konkrete Situationen in der Vater-Sohn-Beziehung – mehr dazu in Jurydiskussion Bov Bjerg.

Preisverleihung 2018 Kastberger Bov Bjerg Deutschlandfunk

ORF/Jonannes Puch

Klaus Kastberger, Bov Bjerg und Matthias Gierth/Deutschlandfunk

Dündar mit Kelag-Preis ausgezeichnet

Über 10.000 Euro darf sich Özlem Özgül Dündar freuen. Sie wurde – nach insgesamt vier Wahlgängen - mit dem Kelag-Preis ausgezeichnet. Nach dem ersten Wahlgang kam es zu einem Stechen zwischen Özlem Özgül Dündar, Joshua Groß und Anna Stern. Dabei erreichte Groß die meisten Stimmen; Gleichstand herrschte zwischen Dündar und Stern – die nächste Abstimmungsrunde entschied Dündar für sich. Aus dem Stechen zwischen Dündar und Groß ging Dündar als Siegerin hervor.

Sie las auf Einladung von Insa Wilke den Textauszug „und ich brenne“, in dem vier Ich-Erzählerinnen, allesamt Mütter, im Mittelpunkt stehen. Die Jury fand Gefallen an dem Text, der durch vollkommende Abwesenheit von Großbuchstaben und Satzzeichen hervorsticht – mehr dazu in Jurydiskussion Özlem Özgul Dündar.

Preisverleihung 2018 Wilke Dündar Kelag

ORF/Jonannes Puch

Insa Wilke, Özlem Özgul Dündar und Werner Pietsch/kelag

3sat-Preis in Schweizer Händen

Auch die Abstimmung um den mit 7.500 Euro dotierten 3sat-Preis brachte im ersten Wahlgang kein eindeutiges Ergebnis hervor. Es kam zu einem Semifinale zwischen Edelbauer und Stern, Groß konnte sich auf Anhieb einen Platz im Finale sichern. Beim Stechen zwischen Groß und Stern erreichte Anna Stern mehr Stimmen von der Jury.

Der Text „Warten auf Ava“ der Schweizerin Anna Stern stieß bei der Jury auf Unverständnis. Sie ortete Erklärungsbedarf für die einfühlende Geschichte über das Trennende und Verbindende, das im Leben Wesentliche und das Unwesentliche - mehr dazu in Jurydiskussion Anna Stern.

Preisverleihung 2018 Gruber Anna Stern Keller

ORF/Jonannes Puch

/Petra Gruber/3sat, Anna Stern und Hildegard E. Keller

Publikum stimmte für Raphaela Edelbauer

Am Samstag konnten die Zuschauer online darüber abstimmen, welcher Text ihnen am besten gefiel. Sie wählten die einzige Autorin aus Österreich, Raphaela Edelbauer, als Gewinnerin für den BKS-Bank-Publikumspreis aus. Sie erhält 7.000 Euro Preisgeld.

TddL 2018 Raphaela Edelbauer und Hertha Stockbauer

ORF/Johannes Puch

Raphaela Edelbauer und Herta Stockbauer/BKS Bank

Hier einige Begründungen der Abstimmungsteilnehmer:
-Ein wenig Lokalpatriotismus darf schon sein.
-Kritischer Text mit Österreich-Bezug und ideenreichen Bildern sowie Metaphern.
-Der Text hat mich berührt. Er ist mutig! Raphaela wagt sich an Österreichs größtes Tabu und konfrontiert die Menschheit mit sich selbst.
-Für mich der berührendste Text des gesamten Wettbewerbs.
- Gute bild- u. metapherreiche Sprache. Gekonnte Verknüpfung von analogen Denkmustern der Vergangenheit und Gegenwart.
-Ein außergewöhnlicher Text von großer sprachlicher Kraft und mit zwingender Thematik; ganz klar der Favorit.
-Raphaela Edelbauer sorgt für sprachliche Abwechslung, Zeitkritik, Geschichtsbezug, vermittelt Ausdruckskraft und starke Bilder.
-Weil sie als Nachwuchs-Schriftstellerin die deutsche Sprache beherrscht wie sonst niemand!!

Jury

ORF/Johannes Puch

Die Jury vergibt vier Preise, das Publikum wählt den fünften

Die 28-Jährige brachte – auf Einladung von Klaus Kastberger – ihren Text „Das Loch“ mit nach Klagenfurt. Er handelt von einem ehemaligen Bergwerk, in dem ursprünglich Kalk abgebaut wurde und das später zur Vertuschung von NS-Verbrechen diente. Nun soll es, um der Statik Willen, aufgefüllt und stabilisiert werden. Der Ich-Erzähler gibt zunächst Einblick in die Geschichte des Bergwerks. Während die Hintergründe erläutert werden, beschreibt sich der Auffüllungstechniker als Fremdling in den Augen der Einheimischen. Die Jury diskutierte angeregt über Figuren und Stilmittel des Textes. Dieses Thema wird auch im vermutlich 2019 erscheinenden ersten Roman „Das flüssige Land“, der im Februar mit dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet wurde, im Zentrum stehen - mehr dazu in Jurydiskussion Raphaela Edelbauer.

Winkels: „Geglückter Jahrgang“

Winkels sagte in seiner Abschlussansprache rückblickend über die 42. Tage der deutschsprachigen Literatur, es sei ein „geglückter Jahrgang“ gewesen. Klagenfurt habe lange die Tradition experimenteller Texte gehabt. Heuer hätten gut und souverän erzählte Texte überwogen.

Sämtliche Videos, Texte und Jurydiskussionen und eine ausführliche Zusammenfassung der Preisverleihung finden Sie unter Tanja Maljartschuk gewinnt Bachmannpreis 2018 und Die TddL 2018 in Bildern.