TddL: Mütter-Erzählung erhielt viel Lob

Am dritten und letzten Lesetag der 42. Tage der deutschsprachigen Literatur (TddL) in Klagenfurt zeigte sich die Jury nach der Lesung von Jakob Nolte gespalten; Stephan Groetzner versetzte sie in zurückhaltende Begeisterung; Lob gab es für Özlem Özgül Dündar.

Die in Solingen geborene und von den Veranstaltern als Türkin geführte Autorin Özlem Özgül Dündar wurde von Insa Wilke nach Klagenfurt geholt. Sie brachte ihren Romanauszug „und ich brenne“ mit. Der Text stach durch vollkommene Abwesenheit von Großbuchstaben und Satzzeichen hervor. Es gibt vier Ich-Erzählerinnen, allesamt Mütter. Dündars Beitrag erntete viel Lob von den Juroren - mehr dazu in Jurydiskussion Özlem Özgul Dündar.

TddL 2018 Özlem Özgül Dündar

ORF/Johannes Puch

Özlem Özgul Dündar

Flugzeugabsturz beendete Lesereigen

Lennardt Loß war als letzter der 14 Autoren an der Reihe. Er kam auf Einladung von Michael Wiederstein nach Klagenfurt und schloss mit seinem Text „Der Himmel über A9“ den Lesereigen ab.

Was als Reise des scheinbar vom Unglück heimgesuchten Hannes Sohr beginnt, entwickelt sich nach und nach in eine spannungsgeladene Geschichte über das Überleben auf offenem Meer. Rückblenden enthüllen seine Vergangenheit als RAF-Terrorist. Der Text ließ manche kalt; einige fanden wiederum den Humor des Textes bemerkenswert - mehr dazu in Jurydiskussion Lennardt Loß.

TddL 2018 Lennardt Loß

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Lennardt Loß

Am Samstagvormittag eröffnete der Deutsche Jakob Nolte den Lesereigen am dritten Veranstaltungstag. Geboren 1988 in Gehrden, er lebt in Berlin. Nolte las den Text „Tagebuch einer jungen Frau, die am Fall beteiligt war“ auf Einladung von Hubert Winkels.

Die wie aus dem Kontext gerissen erscheinenden Tagebucheinträge lassen eine Erzählerin erkennen, die paranoide Züge aufweist, neue Klamotten kauft und sich an fluoreszierendem Plankton erfreuen kann.

Medizinischer Notfall unterbrach Lesung

Die Lesung Noltes musste kurz unterbrochen werden, eine Zuschauerin im Studio war zusammengebrochen und musste ärztlich versorgt werden. Nach einigen Minuten wurde die Lesung fortgesetzt. Die Frau kann die Lesungen weiterverfolgen.

Jakob Nolte

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Jakob Nolte

Die Juroren waren tief gespalten über Noltes Text, generell rief der Text starke Emotionen hervor. Einerseits begeisterte er, andererseits waren einige Jurymitglieder von der Qualität des Texts überzeugt und sie versuchten, einander gegenseitig zu überzeugen. Nolte sorgte damit für die unterhaltsamste und kontroversiellste Jurydiskussion bisher - mehr dazu in Jurydiskussion Jakob Nolte.

Jury

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Die Jury

Groetzner sorgte für zurückhaltende Begeisterung

Noltes Landsmann Stephan Groetzner war danach an der Reihe. Er las den Romanauszug „DESTINATION:AUSTRIA“ auf Einladung von Stefan Gmünder - mehr dazu in TEXT Stephan Groetzner - D.. Darin werden abwechselnd zwei Protagonisten in zwei Moldauer Städten vorgestellt. Die Motive und Themen reichen von Fischen und der Wahl zur Hanfkönigin bis zu Wirtschaft und Politik. Die Juroren äußerten sich zu dem Text mit zurückhaltender Begeisterung. Moderator Christian Ankowitsch fasste die Diskussion wie folgt zusammen: eine Präzisierungs- und Wundermaschine, ein Sprachtritt und ein Angriff, den man nicht unterschätzen sollte - mehr dazu in Jurydiskussion Stephan Groetzner.

Groetzner Stephan

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Stephan Groetzner

Das große Zittern beginnt

Damit haben alle 14 Autorinnen und Autoren der 42. Tage der deutschsprachigen Literatur gelesen und das Zittern beginnt. Am Sonntag um 11.00 Uhr gibt die Jury zunächst ihre sieben Namen umfassende Shortlist bekannt, aus deren Kreis anschließend in öffentlicher Abstimmung die Preise vergeben werden.

Hoffnung, sich auf dieser Liste wiederzufinden, dürfen sich wohl die Berlinerin Ally Klein („Carter“), die in Wien lebende Ukrainerin Tanja Maljartschuk („Frösche im Meer“), der Deutsche Bov Bjerg („Serpentinen“), sein junger Landsmann Joshua Groß („Flexen in Miami“), sowie der deutsche Schauspieler, Regisseur und Autor Stephan Lohse („Lumumbaland“) machen.

Publikumspreis für einzige Österreicherin?

Die Frage ist, wie präsent die Jury noch den allerersten Auftritt hat: Raphaela Edelbauer, die einzige österreichische Teilnehmerin, las mit Startnummer eins ihren Text „Das Loch“ - mehr dazu in Erste Favoriten zeichnen sich ab und Mehrere Favoriten am zweiten Tag.

Die 28-jährige Wienerin könnte auch Chancen auf den Publikumspreis haben, für den am Samstag zwischen 15.00 und 20.00 Uhr auf der Homepage des Bachmann-Preises abgestimmt werden kann. Hier geht es zur Abstimmung. Achtung: Da es durch viele gleichzeitige Anfragen zu Verzögerungen kam, wurde die Abstimmung bis 24.00 Uhr verlängert, um allen Teilnehmern die Chance zu geben, eine Stimme abzugeben.

Preisverleihung am Sonntag

Am Sonntag werden die Preise vergeben: der mit 25.000 Euro dotierte Bachmann-Preis, der Deutschlandfunk-Preis (12.500 Euro), der Kelag-Preis (10.000 Euro), sowie der 3sat-Preis (7.500 Euro). Das Publikum bestimmt via Internet, wer den mit 7.000 Euro dotierten BKS-Bank-Publikumspreis mit nach Hause nimmt. Im Vorjahr gewann Ferdinand Schmalz den Ingeborg-Bachmann-Preis – mehr dazu in Ferdinand Schmalz gewinnt Bachmannpreis.

„Lange Nacht der Literatur“ in Radio Kärnten

42 Jahre „Bachmann-Preis“ und kein bisschen leise? Alle literarischen „Sounds“ dieses Jahrgangs, Ereignisse, Themen und Tendenzen sind Gesprächsstoff in der kommenden „Langen Nacht der Literatur“ am Montag, dem 9. Juli ab 20.04 Uhr in Radio Kärnten. Durch die Sondersendung führt Barbara Frank - mehr dazu in „Lange Nacht der Literatur“ in Radio Kärnten.