Henning: Regieführen ist „lustvolles Scheitern“

Der in Klagenfurt geborene Regisseur Rupert Henning bereitet derzeit die Verfilmung des Heller-Romans „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“ vor. Regieführen sei ein „lustvolles Scheitern“, sagt er: „Man kann nur verlieren gegen die Zeit und das fehlende Geld.“

„Brüder“, „Vier Frauen und ein Todesfall“, „Der letzte Himmel über Burma“, „Cordoba", das sind nur ein paar der erfolgreichen Spielfilme und Fernsehserien, wie den Tatort“, für die Rupert Henning bekannt ist. Henning lebt schon lange in Wien und Niederösterreich. Sein neuestes Projekt basiert auf einer Erzählung von Andre Heller. Hier suche er gerade Drehorte, sagte Henning im Gespräch mit Ute Pichler.

„Regieführen ist lustvolles Scheitern“

Regieführen bei einem Film sei ein Scheitern, so Henning: „Man kann nur verlieren gegen die Zeit und das fehlende Geld und andere Unbillen. Aber es ist ein schönes, konstruktives und sehr lustvolles Scheitern.“ Er habe natürlich klare Vorstellungen, habe Bilder im Kopf, es sei aber doch spannend, wenn es anders werde, als er es wollte. Er möchte auch Schauspielern bei Interpretieren seiner Szenen zuschauen. „Mir wird schnell langweilig wenn alles so ist, wie ich es mir vorgestellt habe, wie ich es erwartet habe.“

Rubert Henning

APA Archiv/Herbert Neubauer

Beim Filmemachen sei nur ein gewisses Maß an Spontanität möglich, denn Filme „sind träge Tanker“, die man nicht einfach wendig bewegen könne. Alle im Team bieten etwas für das Projekt Film an.

Rupert Henning lebt „in Österreich und auf Reisen“, sagt er selbst von sich. Er bekam gerade erst eine Romy für eine seiner Tatorproduktionen, nicht seine Erste. Der 49-Jährige, der am 24.12. Geburtstag hat, wurde schon vielfach ausgezeichnet. Zuerst als Bub mit Lyrikpreisen, später mit nationalen Auszeichnungen als Autor und Darsteller. Auch auf internationalen Festivals von New York über Shanghai bis Monte Carlo.

„Das letzte Bollwerk des Öffentlich-Rechtlichen“

Anerkennung sei ihm wichtig, aber es gehe darum, wofür er sie bekomme, so Rupert Henning. Er möchte möglichst viele Menschen mit seiner Arbeit erreichen. Der „Tatort“ sei quasi die letzte heilige Kuh des öffentlich-rechtlichen Fernsehens, da schauen viele Menschen zu. Wenn man ein gutes Ergebnis habe, erreiche man bis zu zwölf Millionen Menschen. Da müsste er sein Leben lang ausverkauft im Burgtheater spielen. Oft im Leben habe er aber auch in ganz kleinen Theatern mit wenigen Zuschauern gearbeitet. Als Geschichtenerzähler wolle er aber schon viele erreichen. „Man kann Themen aufgreifen, die man als Fernsehfilm nie unterbringen würde, das ist toll.“

Sendungshinweis:

Kaffee & Kuchen, 9. Juli 2017

Satire und Kabarett seien auch Teil seines Lebens. „Satire kann das ausgraben, was das Pathos zugeschüttet hat.“ Das sei auch eine seelenhygienische Sache, sich über sich selbst und andere lustig zu machen. Man grabe aus, was im Alltag verloren gehe. Kabarett sei aber nicht sein Hauptfokus, er sei eher ein „Vielfalts-Junky“.

„Abenteuerliche Kindheit in Kärnten“

Henning macht aber nicht nur Filme, sondern schrieb auch ein Buch „Schön Trinken“ über Wein. Er bezeichnet sich als Weinliebhaber, er sei aber kein Weinexperte. Das habe viel mit seinem Vater zu tun, der Weine aus dem Friaul schätzte. Seine Freude an dem Getränk sei dem Sohn geblieben. Seine Kindheit in Kärnten sei abenteuerlich und bunt gewesen. Er habe aber nicht nur Licht, sondern auch Schatten kennengelernt, weil er das nicht so Schöne im Land früh entdeckte. Hennings Vater sei ein bekannter Arzt gewesen, die Familie war auch künstlerisch geprägt. Seine Großmutter hatte ein Atelier, in dem er sich gerne aufhielt. „Es ging darum Farben anzurühren und Leinwände zu grundieren, die Oma hatte einen handwerklichen Zugang zur Kunst, das war nicht abgehoben.“

Schauspiel passierte eher zufällig

In Richtung Schauspiel habe es ihn zunächst gar nicht gezogen, so Henning. Dazu sei er gekommen „wie die Jungfrau zum Kind“. Er habe studiert und machte eine Theaterausbildung über Kontakte mit Michael Weger und Michael Niawarani, die er kennengelernt hatte. „Auf einmal bin ich auf der Bühne gestanden. Der George Tabori kam damals nach Wien und machte seinen ‚Kreis‘, da durfte ich mitmachen, was mich eh gewundert hat.“

Das „Basislager“ sei aber immer das Schreiben gewesen, das habe er schon als Kind gemacht. Er sei als lyrisches Nachwuchstalent gehandelt worden und habe auch Geld für seine Preise gewonnen. Mit dem ersten Geld habe er gleich in einer Galerie eine Werner-Berg-Zeichnung gekauft, „damals war das noch erschwinglich.“ Die Zeichnung habe er dann seiner Mutter geschenkt. Geprägt sei er auch vom Organisationsbüro der Kontaktna Leca, eine zweisprachige Kulturveranstaltung, sie habe ihm gezeigt, dass Dinge auch vor Ort machbar seien.

"Nicht weglaufen, sondern etwas dagegen tun

Wenn man sich über etwas ärgere, müsse man es vor Ort lösen: „Kärnten hat mich extrem geprägt“, so der Regisseur. „Ich habe es immer besonders schwachsinnig gefunden, wenn jemand gesagt hat, man muss aus Kärnten weg, weil dort sind lauter Trotteln, die Jörg Haider wählen. Da muss man was dagegen tun, wenn man anderer Meinung ist.“ Er habe großartige Kärntner kennengelernt, die unter den Umständen auch sehr gelitten hätten und die versuchten, es zu ändern. „Ich mag Kärnten, ich bin dort geboren und aufgewachsen.“

Mit seiner Ehefrau Mercedes Echerer lebt Henning in Niederösterreich, wo er auch gerne sei. Aber auch das sei eine Station im Leben. „Wurzeln möchte ich ungern schlagen.“ Wurzeln geben zwar Sicherheit, „aber ich möchte nicht gebunden sein.“ Besser sei es, verbunden als verwurzelt zu sein. „Ich bin ja kein Baum“. Das gelte auch für Beziehungen, das heiße aber nicht, keine Verantwortung zu haben, so Rupert Henning. „Es gibt reisende und es gibt bleibende Menschen.“