Ausweitung der Anklage gegen Dörfler möglich

Im Prozess um die Wahlkampfbroschüre des Kärntner BZÖ ist heute der ehemalige Landeshauptmann und jetzige FPÖ-Bundesrat Gerhard Dörfler im Mittelpunkt gestanden. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft erwägt, die Anklage gegen ihn auszuweiten.

Am Dienstag stand der zweite Teil der Anklage und damit der ehemalige LH Gerhard Dörfler im Mittelpunkt. Er soll 2004 bei der Vergabe der Loibltunnel-Sanierung einen Sponsorbeitrag von einer Baufirma verlangt haben. Dörfler wurde am Vormittag von mehreren Zeugen belastet. Zwei zeichneten in ihrer Einvernahme auch ein Sittenbild der damaligen politischen Verhältnisse und bestätigten ein „Klima der Angst“ in der damaligen Straßenbauabteilung des Landes. Nach den belastenden Aussagen stellte Oberstaatsanwalt Eberhard Pieber am Dienstagnachmittag eine Ausweitung der Anklage gegen Dörfler in den Raum.

Zeuge: Dörfler forderte „Sponsoringbeitrag“

Er sei perplex über das Ansinnen gewesen, eine solche Forderung sei ihm erstmalig passiert. So schilderte der Ex-Vertreter jener steirischen Baufirma, die 2004 den Auftrag für die Sanierung des Loibltunnels erhalten hat, einen Anruf von Dörfler. Noch bevor die Firma über den Zuschlag informiert gewesen sei, habe der Landesrat einen „Sponsoringbeitrag“ gefordert: Ein bis drei Prozent der Vergabesumme von damals gut einer Million Euro, für „Verkehrssicherheit“, das sei in Kärnten bei großen Vergaben üblich, soll Dörfler gesagt haben.

„Es gab zwei Klassen von Mitarbeitern“

Der Baufirmenvertreter berichtete über Dörflers Anruf bei einem Beamten der Straßenbauabteilung, der darüber einen Aktenvermerk anlegte. Der gab tiefe Einblicke in die damaligen Verhältnisse. Bei unzähligen Projekten hätten Firmen Feiern für Spatenstiche und Verkehrsfreigabe bezahlt und das Geld dann dem Land als Mehr- oder Regieleistung zurückverrechnet. „Das war Standard“, sagte der mittlerweile pensionierte Beamte.

Auch über Anrufe von Dörfler bei Baufirmen sei des Öfteren gesprochen worden. Dem politischen Büro seien dafür Listen mit Telefonnummern und Adressen der Baufirmen vorzulegen gewesen, so der Zeuge. Er bestätigt auch das von einem vorherigen Zeugen genannte „Klima der Angst“. Zitat: „Es hat zwei Klassen von Mitarbeitern gegeben: Jene, die der politischen Linie des Referats nachgelaufen sind, und eben die anderen.“ Letztere seien mitunter von Projekten abgezogen und versetzt worden.

Abteilungsleiter soll Aktenvermerke geändert haben

Genau das passierte dem damaligen Leiter der Wirtschaftsabteilung im Straßenbauamt. Er hatte bei mehreren Auftragsvergaben die Billigstbieter ausgeschieden, weil diese die Anforderungen nicht erfüllt haben, und sah stattdessen den Zweitgereihten vor. Der Zeuge nannte zwei Fälle, in denen seine eigenen Aktenvermerke auf Anweisung des politischen Büros von einer anderen Abteilung umgeschrieben wurden. Dadurch sollten die politisch gewünschten Billigstbieter zum Zug kommen.

Der namentlich genannte Leiter der Abteilung ist nach wie vor im Amt. Die Zeugenaussage über diese Änderung von Aktenvermerken führte aber zu einer internen Revision in der Landesregierung - mehr dazu in Änderung von Aktenvermerken: Land prüft. In beiden Fällen hat der Unabhängige Verwaltungssenat die Vergaben aufgehoben und jene Firma erstgereiht, die auch der Zeuge vorgesehen hatte. Dennoch wurde er kurz darauf versetzt, in eine neu gegründete Abteilung.

Schaden für das Land: Rund 700.000 Euro

Bei anderen Vergaben hätten politisch genehme Firmen gegen seine Reihung den Auftrag erhalten. Der Zeuge legte Schreiben vor, wonach dem Land dadurch ein Schaden von rund 700.000 Euro entstanden sei. Unter der Hand sei immer wieder von Zahlungen von Baufirmen an das politische Referat gesprochen worden. Auch Ersuchen um Sponsorbeiträge habe es mehrfach gegeben.

Weil Mitarbeiter eidesstattliche Erklärungen darüber verweigerten, habe er aber keine handfesten Beweise gehabt, sagte der Zeuge. Er berichtete aber, dass manche Rechnungen über „Mediengeschichten“ von der Abteilung auf Anweisung von Landesrat Dörfler zu bezahlen waren. Die seien bei Jour-fixe-Terminen übergeben worden und hätten Größenordnung bis zu 80.000 Euro pro Jahr gehabt.

Richter: Anlügen nur mit Maß

Den Abschluss des Vormittags machte der bis 2005 im Büro Dörflers für die Straßenbauprojekte zuständige Mitarbeiter. Er konnte sich an kein Baulos erinnern, an keine Umreihung. Mehrfach vom Vorsitzenden des Schöffensenats ermahnt, dass er sich möglicherweise der Falschaussage schuldig mache, blieb er trotzdem dabei, sich nicht erinnern zu können. Richter Liebhauser-Karl meinte daraufhin: „Wir lassen uns ja gern anlügen, aber nur bis zu einem gewissen Maß.“ Gefragt, ob er mit dem später strafversetzten Abteilungsleiter über die problematischen Vergaben gesprochen habe, die zu dessen Versetzung geführt hätten, sagte der Zeuge: „Nein, nie.“ Auch von der Einschaltung der Rechtsabteilung bezüglich Vergaben wusste er nichts mehr.

Ausweitung der Anklage möglich

Die Staatsanwaltschaft will nun wegen möglicher Untreue bei der Vergabe von Bauaufträgen in den Jahren 2004 und 2005 eventuell die Anklage gegen Dörfler ausweiten. Wegen Untreue sind in der Causa Wahlbroschüre neben Dörfler auch die freiheitlichen Expolitiker Uwe Scheuch und Harald Dobernig sowie Ex-BZÖ-Abg. Stefan Petzner angeklagt. Der ihnen vorgeworfene Schaden beträgt 219.000 Euro. Angeklagt waren auch die beiden damaligen Geschäftsführer der Kärntner Landesimmobiliengesellschaft LIG, Rene Oberleitner und Johann Polzer, die nach Eingestehen von Fehlverhalten eine Diversion erhielten - mehr dazu in LIG-Geschäftsführer: Einvernehmen mit Land.

Der Vorsitzende des Schöffensenats, Richter Liebhauser-Karl, kündigte am Dienstagnachmittag den weiteren Prozessfahrplan an. Demnach gibt es am 13. und 16. März zwei weitere Verhandlungstage, wobei für den 16. das Urteil erwartet wird. Zuvor geht es am Mittwoch mit Zeugenbefragungen weiter, am Donnerstag ist die Erörterung des Gutachtens zur BZÖ-Wahlbroschüre geplant.

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