Einigung über „Slowenenpassus“

Neun Tage hat der heftige Streit über den „Slowenenpassus“ in der neuen Kärntner Landesverfassung gedauert. Am Freitag wurde überraschend ein Kompromiss präsentiert: Dieser erwähnt die Volksgruppe nun doch, wenn auch etwas anders als geplant.

Am 2. Februar ließ ÖVP-Landesrat Christian Benger die Bombe platzen. Geplant war, den Satz „Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen“ in die neue Verfassung aufzunehmen. Nach „Bedenken in der Bevölkerung“ sprach sich die ÖVP plötzlich gegen die Erwähnung der Volksgruppe in der Verfassung aus, nachdem sie die Formulierung zuvor selbst vorgeschlagen hatte - mehr dazu in Verfassung: ÖVP gegen Slowenenpassus. Koalitionspartner SPÖ und Grüne blieben in der Folge hart, für die ÖVP hagelte es Kritik, auch parteiintern gab es kritische Stimmen. Am Freitagvormittag lud die Regierung dann überraschend zu einer Pressekonferenz.

Christan Benger Peter Kaiser Marion Mitsche Landesverfassung

ORF/Bernd Radler

Die Fürsorge gilt nun „allen Landsleuten“

Der am Freitag präsentierte Kompromiss bezieht sich nun auf die Bundesverfassung. In Artikel 5 wurden Zusatzformulierungen aufgenommen, er lautet nun: „Die deutsche Sprache ist die Landessprache sowie Sprache der Gesetzgebung und - und unbeschadet der der Minderheit bundesgesetzlich eingeräumten Rechte - die Sprache der Vollziehung des Landes Kärnten. Das Land Kärnten bekennt sich gemäß Artikel 8 Abs. 2 der Bundesverfassung zu seiner gewachsenen, sprachlichen und kulturellen Vielfalt, wie sie in Kärnten in der slowenischen Volksgruppe zum Ausdruck kommt ... Die Fürsorge des Landes gilt allen Landsleuten gleichermaßen.“

Neue Kärntner Landesverfassung

ORF/Bernd Radler

Neu ist der Passus „Landessprache“, der Verweis auf die Bundesverfassung, der Passus „wie sie in Kärnten in der slowenischen Volksgruppe vorkommt“. Aus der ursprünglich geplanten Formulierung, dass die Fürsorge des Landes deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gelte, wurde „allen Landsleuten“.

Benger: Verbindliche und verbindende Lösung

Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) zeigte sich glücklich über die Donnerstagnacht erzielte Einigung, auch wenn die Situation am Anfang unüberbrückbar schien: „Es ist erfreulich, dass wir trotz unterschiedlicher Positionen in dieser entscheidenden Frage nie Brücken abgerissen und letztlich diese für Kärnten wichtige Einigung erzielt haben." Benger meinte, nun liege eine Lösung vor, die der Bundesverfassung entspreche.

Auf die Frage, ob der Streit nicht vermeidbar gewesen wäre, wenn die Verfassungsdebatte in der Koalition intern verhandelt worden wäre, sagte Benger: „Wir haben nun eine verbindliche und verbindende, bessere Lösung.“ Der Kampf habe sich gelohnt, das Ergebnis zähle. Benger betonte auch, dass die gesamte ÖVP hinter dieser Einigung stehe.

Grüne: Kein grundlegender Unterschied

Auch die Landesprecherin der Grünen, Marion Mitsche, meinte, der Kompromiss sei eine noch bessere Lösung als die ursprüngliche Formulierung. „Ich bin positiv überrascht, dass Landesrat Christian Benger so rasch eingelenkt hat." Aus der Sicht der Grünen bestehe kein grundlegender Unterschied zwischen den beiden Formulierungen. Zusatz: „Jetzt bitte genug des Geplänkels.“

Zustimmung kommt auch vom Volksgruppenbeirat.
Der Vorsitzende, Bernard Sadovnik, teilte in einer Aussendung mit, „die Zukunft unseres Landes liegt in der Gemeinsamkeit beider Volksgruppen und in der engen Zusammenarbeit mit allen Ländern des Alpen-Adria-Raumes“.

Neue Kärntner Landesverfassung

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„Koalitionskasperltheater, viel Lärm um nichts“

„Das einwöchige Koalitionskasperltheater ist endlich beendet“, reagierte Team Kärnten-Landesrat Gerhard Köfer auf die Einigung. Kärnten habe schließlich weitaus wichtigere Probleme als einen Textbaustein in der neuen Landesverfassung.

„Viel Lärm um nichts“ meinte auch FPÖ-Obmann Gernot Darmann. Zwischen der bisherigen und der neuen Formulierung bestehe kein entscheidender Unterschied. Offen bleibe, welche „Gegengeschäfte“ in den nächtlichen Verhandlungen vereinbart wurden, damit die ÖVP nach kurzem Aufbegehren jetzt doch zustimme. Mit der nunmehr vorgelegten Formulierung könne jedenfalls weiter nicht ausgeschlossen werden, dass Slowenenvertreter neue rechtliche Ansprüche mit erheblichen finanziellen Folgen für das Land ableiten könnten. Die FPÖ, so Darmann, sei jedenfalls weiter gegen eine Verankerung der slowenischen Volksgruppe in der Verfassung ein.

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Kompromiss zeichnete sich ab

Einen Bezug zur Bundesverfassung hatte Kaiser bereits am Dienstag vorgeschlagen, am Mittwoch folgte ein Kompromissvorschlag des Team Kärnten, auch dieser bezog sich auf die Bundesverfassung. Die neue Landesverfassung wird nun von den zuständigen Landtagsausschüssen und den Parteien geprüft. Beschlossen werden muss sie mit einer Zweidrittelmehrheit im Kärntner Landtag. SPÖ, ÖVP und Grüne haben diese mit exakt 24 Stimmen, jeder Abgeordnete muss also zustimmen. Die Beschlussfassung im Landtag sollte dann im Mai oder Juni erfolgen.

Ziel der neuen Verfassung ist auch die Abschaffung des Propozes, eine echte Opposition soll damit ermöglicht werden. Proporz regelt das Verhältnis der Angehörigen einer Partei und die Zahl ihrer Vertreter in Regierung oder Ämtern. Sie bewährte sich in der Nachkriegszeit, um den Zusammenhalt zu stärken.

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