Wirtschaft leidet unter HCB-Skandal

Die Molkerei Kärntnermilch in Spittal/Drau leidet unter der Hexachlorbenzol-Verseuchung im Kärntner Görtschitztal, obwohl sie keine Milch von dort verarbeitet. Die Kunden auch außerhalb Kärntens seien verunsichert, das Image Kärntens habe massiv gelitten.

Kärntnermilch-Geschäftsführer Helmut Petschar erklärte im Interview mit der Austria Presse Agentur (APA), man habe keinerlei HCB in den Produkten, trotzdem sei die Bevölkerung, vor allem außerhalb Kärntens, durch die Skandalisierung eines ganzen Bundeslandes verunsichert. 180 Millionen Liter Milch werden pro Jahr in Kärnten produziert. „Nur drei Millionen davon kommen aus dem Görtschitztal“, so Petschar.

Hunderte von Mails und Briefen

Trotzdem würden täglich Hunderte E-Mails und Briefe von verunsicherten Konsumenten und Kunden bei ihm einlangen. „In Kärnten halten uns die Kunden die Treue, da ist unser Ruf offenbar gut genug.“ Allerdings entfielen nur 40 Prozent des Gesamtumsatzes auf das Heimatbundesland. Weitere 40 Prozent werden in den anderen Bundesländern umgesetzt, 20 Prozent im Ausland. Außerhalb Kärntens sei die Situation momentan schwierig. „Eine Außendienstmitarbeiterin in Tirol hat mir gesagt, sie braucht derzeit gar nicht zu den Kunden zu gehen“, so Petschar.

Petschar

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Helmut Petschar.

Hoffen auf baldige Entwarnung

Er fordert zum einen die möglichst rasche Aufklärung über die Risiken: „Wenn jetzt die Mediziner sagen, dass keine wirkliche Gefahr besteht, muss so rasch wie möglich Entwarnung gegeben werden.“ Seiner Ansicht nach sei viel zu wenig kommuniziert worden. Dass Agrarlandesrat Christian Benger (ÖVP) eine öffentliche Warnung ausgesprochen habe, könne er nachvollziehen. „Aber zugleich hätte man sagen müssen, was das für die Leute heißt und was man zu tun gedenkt.“ Von der Politik erwartet sich Petschar, „dass sie jetzt alle zusammenstehen und Schaden von der Bevölkerung abwenden und nicht in so einer Krisensituation politisches Kleingeld lukrieren wollen“. Für parteipolitisches Hickhack habe er null Verständnis.

Jetzt müsse man daran gehen, den Imageschaden für das Land in den Griff zu bekommen. Es gebe Kunden, vor allem im Ausland, die ihm erklärt hätten, derzeit überhaupt keine Lebensmittelprodukte aus Kärnten zu kaufen. „Wir haben 1.400 Milchlieferanten, unsere Milch wird x-fach kontrolliert, unsere Standards liegen weit höher als es vorgeschrieben wäre, aber das interessiert derzeit einfach nicht.“ Jeder Tankwagen werde überprüft, bevor er überhaupt auf das Betriebsgelände einfahren darf, die Milch durchlaufe Dutzende Kontrollen, bevor sie freigegeben werde.

Keine Milch von Görtschitztal-nahen Betrieben

Er sei ja noch froh über jede Anfrage, „da kann ich wenigstens Antworten geben und aufklären“, aber der Imageschaden sei eindeutig vorhanden. Um jedes Risiko auszuschalten, habe sich das Unternehmen auch entschlossen, Milch von Bauernhöfen, die an das Görtschitztal angrenzen, vorerst nicht zu verarbeiten. Dabei handelt es sich um etwa 3.500 Liter pro Tag. „Diese Milch wird eingesammelt und entsorgt.“ Vorerst bezahle die Kärntnermilch den Bauern die Ware ganz normal, „aber das können wir allein nicht schultern, das halten wir auf Dauer nicht aus“. Hier müsse es Schadenersatz geben.

Ungarische Warnung „verrückt“

Durch die Berichterstattung über HCB drohe jedenfalls der gute Ruf Kärntens als Lebensmittelproduzent nachhaltig Schaden zu nehmen, befürchtet Petschar. „Dass es uns als eigenständiges Unternehmen noch gibt, liegt ja daran, dass wir sehr früh auf Qualität gesetzt haben, auf gentechnikfreie Produkte und auf Bio.“ Diesen Ruf wolle man nicht verlieren, das könne man als Molkerei aber nicht allein bewältigen. Verärgert zeigte sich Petschar denn auch über Auswüchse in der Berichterstattung, etwa in Form einer Karikatur mit einer Kärntnermilch-Packung und einem Totenkopf darauf. „Wenn ich höre, dass der ungarische Landwirtschaftsminister vor Lebensmitteln aus Österreich warnt, muss ich sagen, das ist ja verrückt.“

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