Bachmann-Preis für Tex Rubinowitz

Die Sieger bei den 38. Tagen der deutschsprachigen Literatur stehen fest: Tex Rubinowitz erhält den Ingeborg-Bachmann-Preis, Michael Fehr den Kelag-Preis, Senthuran Varatharajah den 3sat-Preis. Der Mr. Heyn’s Ernst-Willner-Preis geht an Katharina Gericke und der BKS-Bank-Publikumspreis an Gertraud Klemm.

Seit Donnerstag haben sich bei den 38. Tagen der deutschsprachigen Literatur 13 Autoren der Bewertung der Jury gestellt, sieben schafften es auf die sogenannte Shortlist: Fehr, Gericke, Anne-Kathrin Heier, Klemm, Roman Marchel, Rubinowitz und Varatharajah.

Text Rubinowitz TDDL Bachmannpreis 2014

ORF/Johannes Puch

Auch wenn seine Lesung ziemlich lässig wirkte: Nach der Bekanntgabe seines Namens als Gewinner des Ingeborg-Bachmann-Preises war selbst Tex Rubinowitz sichtlich erleichtert.

Wer ist Tex Rubinowitz?

Eigentlich heißt Tex Rubinowitz Dirk Wesenberg. Er verbrachte seine Jugend in Lüneburg, brach 1978 die Schule ab und arbeitete anschließend in verschiedenen Berufen, jobbte in einer Molkerei, absolvierte seien Militärdienst und übersiedelte 1984 nach Wien. Sein Kunststudium bei Oswald Oberhuber dauerte seinen Angaben zufolge genau eine Woche. Dann begann er, für den „Falter“ zu zeichnen. Als Cartoonist ist er bis heute tätig, seine schriftstellerischen Ambitionen sind indes weniger bekannt. Zuletzt trat er mit seinem Reisebuch „Rumgurken“ und seinen Listen „Die sieben Plurale von Rhabarber“ in Erscheinung.

„Wir waren niemals hier“ überzeugte

Der von der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee gestiftete Preis in der Höhe von 25.000 Euro geht an Tex Rubinowitz mit seinem Text „Wir waren niemals hier“. Darin erinnert sich der Ich-Erzähler an eine lang vergangene Beziehung mit einem Mädchen aus Litauen, eine problematische Beziehung mit einem „durch und durch pragmatischen Menschen“, wie sie in dem Text bezeichnet wird. Das Mädchen hat Probleme mit Sex, lernt Koreanisch und lutscht an Batterien.

Strigl: „Rätsel bleiben Rätsel“

Der witzig-lakonische Text, der von Daniela Strigl eingeladen wurde, setzte sich im dritten Wahlgang der Stichwahl gegen Varatharajah durch - mehr dazu in Ingeborg-Bachmann-Preis für Tex Rubinowitz. Strigl hielt die Laudatio auf ihren Autor - in dem Text bleiben Rätsel Rätsel wie im wirklichen Leben. Die gemeinsame Sprache eines Paares wird durch Codes ersetzt, ein Text voll sorgsam verborgenem Raffinement, so Strigl.

Tex Rubinowitz TDDL

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Tex Rubinowitz wurde 1961 in Hannover geboren und lebt in Wien. Er ist Cartoonist, Musiker, Reisejournalist und Schriftsteller.

Der Ingeborg-Bachmann-Preis gilt als eine der bedeutendsten literarischen Auszeichnungen im deutschsprachigen Raum und ist mit 25.000 Euro dotiert. Er wird seit 1977 in Erinnerung an die 1926 in Klagenfurt geborene Schriftstellerin verliehen. Im Vorjahr gewann ihn Katja Petrowskaja - mehr dazu in Petrowskaja gewinnt Bachmann-Preis.

Rubinowitz: „Das ist richtige Arbeit“

Der Bachmann-Preis ist für Rubinowitz etwas ganz Besonderes, seine Analyse fiel schon im Vorfeld wie immer ironisch-humorig aus: „Klagenfurt ist in dieser Zeit in einem komischen Literaturausnahmezustand, der von den Klagenfurtern selbst gar nicht mitbekommen wird. Die interessieren sich halt für den ‚Iron Man‘ oder das GTI-Treffen“, schmunzelte der Autor.

„Und dann landen dort diese Stubenhocker, die blassen Typen, die wie ferngesteuert durch Klagenfurt wandeln und - wenn sie aus Norddeutschland kommen - vielleicht nicht mal die Sprache verstehen und dann ganz verblüfft sind, wie hübsch dieser Ort ist.“ Zudem bekomme man bei den Tagen der deutschsprachigen Literatur „hoch konzentrierte Literatur“ serviert. „Das ist richtige Arbeit. Die Juroren sind danach immer ganz erschöpft.“

Michael Fehr erhält Kelag-Preis

Der Kelag-Preis in der Höhe von 10.000 Euro wird von der Kärntner-Elektrizitäts-Aktiengesellschaft zur Verfügung gestellt. Michael Fehr darf sich heuer darüber freuen. Er wurde 1982 in Gümligen bei Bern geboren und lebt in Bern. Er las Auszüge aus „Simeliberg“ auf Einladung von Juri Steiner. Steiner sagte in seiner Laudatio, Fehr tauche in die Tiefen einer rätselhaften Befindlichkeit ab. Wüst, trist, grau ist es beim alten schwarzen Loch. Bedrohung und Gewalt wirken wie beschwörende Zaubersprüche wie bei Gebrüdern Grimm. Fehr hatte sich in einer Stichwahl gegen Varatharajah durchgesetzt.

Varatharajah gewinnt 3sat-Preis

Senthuran Varatharajah erhält den diesjährigen 3sat-Preis, der von 3sat, dem Gemeinschaftsprogramm der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten ZDF, ORF, SF und ARD gestiftet wird und ein Preisgeld in der Höhe von 7.500 Euro umfasst. Varatharajah wurde 1984 in Sri Lanka geboren und lebt in Berlin. Er las seinen Text „Vor der Zunahme der Zeichen“ auf Einladung von Meike Feßmann. Sie prophezeite in ihrer Laudatio, dass der gerade 30 Jahre alt gewordene Senthuran Varatharajah die deutschsprachige Literatur auf noch nie dagewesene Art und Weise prägen werde.

Jury TDDL 2014

ORF/Johannes Puch

Mr. Heyn’s Ernst-Willner-Preis für Gericke

Mr. Heyn’s Ernst-Willner-Preis geht an Katharina Gericke. Der Preis in der Höhe von 5.000 Euro wird zu 100 Prozent von der Buchhandlung Heyn in Klagenfurt gestiftet. Gericke lebt in Berlin und las auf Einladung von dem Juryvorsitzenden Burkhard Spinnen. Der Text habe beim Lesen sein Herz berührt, er sei froh, dass es anderen auch so ergangen sei, so Spinnen in seiner Laudatio.

Gruppenbild PReisträger TDDL 2014

ORF/Johannes Puch

vlnr: Michael Fehr, Gertraud Klemm, Tex Rubinowitz, Senthuran Varatharajah und Katharina Gericke

Klemm gewinnt BKS-Bank-Publikumspreis

Der mit 7.000 Euro dotierte BKS-Bank-Publikumspreis ging an Gertraud Klemm für ihren Text „Ujjayi“, der auf böse Art Publikum und Jury unterhielt und von Juror Hubert Winkels für Klagenfurt nominiert wurde. Die Zuschauer hatten der Österreicherin im Zuge eines Onlinevotings die meisten Stimmen gegeben.

Best of: Das waren die 38. Tage der deutschsprachigen Literatur

Spinnen legt Juryvorsitz zurück

Burkhard Spinnens Abschlussrede war gleichzeitig eine Abschiedsrede. Nach 14 Jahren beim Bachmann-Preis gab er bekannt, sich zurückzuziehen. Als Abschiedsgeschenk erhielt er von ORF-Landesdirektorin Karin Bernhard die Erstausgabe des ersten Romans von Humbert Fink sowie ein Hufeisen.

Burkhard Spinnen

ORF/Johannes Puch

Burkhard Spinnen

„Niemand darf zur Institution werden“

Spinnen: „Ich weiß nicht, ob sie es sich vorstellen können, wie das Leben eines Jurors beim Bachmann-Preis aussieht – und dieser Wettbewerb das ganze Jahr bestimmt. Es geht im Januar mit dem Lesen der Texte los, dann folgt die Auswahl, man nimmt Kontakt mit den Autoren auf, schließlich folgen die Fahrt und die Tage hier in Klagenfurt. Zwischendurch gibt es die großen Katastrophen. 14 Jahre lang habe ich das gemacht, dieses Jahr war das letzte.“

Er sei aber nicht rausgeschmissen worden, so Spinnen, und auch nicht krank, doch 14 Jahre wären eine lange Zeit - und „was wir hier machen, beruht auf Abwechslung, Rotation und Vielfalt. Niemand darf zur Institution werden.“ Er danke allen, die es ihm leicht und allen, die es ihm schwer gemacht hätten für ihre Ermunterung und auch die Kritik. „Vielleicht sehen wir uns irgendwann wieder: Tschüss!“

Videos on demand

Die ausführliche Analyse der Juroren zu den einzelnen Texten sowie die Autorenporträts, Videos der Lesungen, Diskussionen und der Preisverleihung finden Sie unter Bachmann-Preis.eu/Multimedia. Auf dieser Seite ist auch das Video des Eröffnungsabends abrufbar.

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