Mieterin sollte Rollstuhlrampe selbst zahlen
Birgit Moser hat die Lage ihrer Wohnung im Herbst des Vorjahres bewusst gewählt. Sie liegt im Laubengang eines älteren Genossenschaftshauses und hat eine Rampe und einen barrierefreien Zugang in der Dusche. Damals konnte Frau Moser noch mit dem Rollator gehen und die Wohnung ohne Probleme erreichen und verlassen.
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Auf Rollstuhl angewiesen: „Wie eingesperrt“
Nun wurde alles anders: „Seit ich seit einem Monat auf den Rollstuhl angewiesen bin, merke ich, dass das nicht funktioniert. Als ich vor einem halben Jahr eingezogen bin, war ich der Meinung, dass es barrierefrei ist. Doch ich komme alleine nicht hinein und nicht hinaus und bin mehr oder weniger wie eingesperrt. Das tut meiner Psyche auch überhaupt nicht gut.“
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Ohne Hilfe keine Chance
Vor Ort zeigt sich, dass Frau Moser aus dem Rollstuhl heraus keine einzige Tür öffnen kann. Die vorhandene Rampe ist gefährlich steil und ohne fremde Hilfe nicht zu benutzen. Die Wohnbaugenossenschaft habe ihr mitgeteilt, dass sie einen Umbau selber finanzieren müsste, sagte Frau Moser: „Ich könnte 42 Euro im Monat mehr Miete zahlen, gebunden auf zehn Jahre. Und wenn ich vor den zehn Jahren ausziehen würde, müsste ich den Restbetrag sofort bezahlen.“
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Kampf gegen Krankheit: „Werde nicht aufgeben“
Das wollte Frau Moser nicht unterschreiben, weil sie dann auf einem Berg von Schulden sitzen könnte. Sie wisse nicht, wie lange sie wirklich in der Wohnung bleiben könne, denn die MS werde immer schlimmer, gerade in den vergangenen Monaten, sagte Frau Moser. „Ich tue immer etwas, damit es besser wird. Ich habe Geräte, mit denen ich trainieren kann. Ich kämpfe und werde nicht aufgeben, aber zur Zeit geht es mir schlecht.“
Unterstützt wird Frau Moser von vielen Freundinnen und Freunden, die sie abholen, damit sie nicht so isoliert und eingesperrt ist. Deshalb bewahrt sie sich ihre Zuversicht: „Es ist wichtig, dass ich raus komme und dabei das Gefühl haben kann, frei zu sein.“
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Land fördert Reduzierung von Barrieren
Eigentlich ist Barrierefreiheit bei Genossenschaftsneubauten bereits gang und gäbe ist. Bei Altbauten, die barrierefrei nachgerüstet werden, gibt es Förderungen von Land und Bund. Wir fragen bei Angelika Fritzl von der Wohnbauförderung des Landes an. „Im konkreten Fall geht es um einen barrierefreien Zugang zur stufenlosen Erreichung ihrer Wohnung. Hier gibt es die Möglichkeit, die Erschließung des Eingangsbereiches zu fördern. Beispielsweise durch eine Rampe oder durch den Einbau eines Treppenliftes. Außerdem gibt es auch Möglichkeiten, barrierereduzierende Maßnahmen innerhalb einer Wohnung zu fördern.“
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Aufgezeigt, 5. Juni 2018
Den Antrag für Maßnahmen außerhalb des Gebäudes - wie beim Eingangsbereich - hat die Hausverwaltung zu stellen, sagte Fritzl. Für die barrierefreie Erschließung gibt es einen maximalen, nicht rückzahlbaren Zuschuss von 30 Prozent der Investitionskosten. „Maximal sind hier 50.000 Euro pro Stiegenhaus als Investition zulässig. Der Zuschuss würde dann maximal 15.000 Euro betragen und auf zehn Jahre ausgezahlt werden.“ Voraussetzung sei natürlich, dass die Genossenschaft „meine Heimat“ diese Förderung beantragt, doch das ist bis jetzt nicht geschehen.
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Expertin: Rollstuhlrampe hätte leicht Platz
Bevor das Aufgezeigt Team zur Genossenschaft fährt, holte es sich den Rat einer Expertin ein. Architektin Christine Eder ist spezialisiert auf barrierefreies Bauen und bestätigt, dass die Rollstuhlrampe bei Frau Mosers Wohnhaus ganz leicht Platz hätte. Der behindertengerechte Parkplatz sei zu steil und müsse verlegt werden und die Eingangstüren sollten automatisiert werden. Das wäre kein allzugroßer Umbau.
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Bei der Wohnbaugenossenschaft „meine Heimat“ sagt Vorstand Helmut Manzenreiter: "Frau Moser hat von uns vor einigen Monaten eine Wohnung bekommen. Ihr Gesundheitszustand hat sich dann verschlechtert. Es hat auch verschiedene Wünsche der Frau Moser gegeben, die nun durch die Spezialistin Christine Eder im Auftrag der Baugenossenschaft ‚meine Heimat‘ geklärt werden. Ich habe sie mit der Lösung dieses Falles beauftragt.
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Genossenschaft sagt barrierefreien Zugang zu
Auf die Frage, warum bisher kein Förderungsansuchen gestellt worden sei, sagte Manzenreiter, die Mitarbeiter hätten angegeben, sie hätten keine verlässliche Auskunft von Frau Moser bekommen, welche Rampe sie möchte. „Hier ist möglicherweise durch Kommunikationsschwierigkeiten eine Verzögerung entstanden.“ Auf die Frage, ob es denn grundsätzlich das Ziel sei, einen barrierefreien Zugang für Frau Moser zu schaffen, sagte Manzenreiter, das sei nicht nur das Ziel, „das ist die Zusage.“
Expertin Eder soll nun im Auftrag der Genossenschaft „Meine Heimat“ planen und alle Unterlagen bei der Wohnbauförderung einreichen. Aber auch die Mieterin Birgit Moser kann um Förderung ansuchen. Einerseits beim Bund - beim Sozialministerium-Service - andererseits bei ihrer Sozialversicherung.
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Land übernimmt Koordination für Finanzierung
Weil das alles für Birgit Moser zu viel wird, ersuchte „Aufgezeigt“ das Land um Unterstützung in Form von Sigrid Samm aus der Sozialabteilung.
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Samm sagte zum aktuellen Fall: „Wir können in dem Fall nur eine koordinierende Funktion einnehmen, das heißt, wir leiten die Anträge weiter. Wir werden uns dann gemeinsam mit den Kostenträgern an einen Tisch setzen und versuchen, eine möglichst zufrieden stellende, aber vor allem auch kostenfreie Lösung für die Frau Moser zu erwirken. Ich kann aber schon vorab sagen, dass wir uns bereits mündlich vorgetastet haben und von den Kostenträgern positive Zusagen erhalten haben.“
Es gibt nun für die barrierefreie Rampe für Birgit Moser eine professionelle Planung, die Zusage der Genossenschaft „Meine Heimat“ und ein Fördermanagement des Landes. Der barrierefreie Zugang zu ihrem Zuhause könnte schon in wenigen Wochen gebaut sein.