„Aufgezeigt“: Aus für Tagesstätte Ferlach

Die Tagesstätte in Ferlach soll stillgelegt werden, weil sie negativ bilanziert. Derzeit werden fünf Senioren aus dem Bezirk Klagenfurt-Land betreut. Werden noch fünf Senioren gefunden, könnte das die Rettung bedeuten.

Im Bezirksaltenwohnheim Ferlach werden zur Zeit fünf Senioren tagsüber betreut und gepflegt, sie müssen deshalb nicht ins Heim. Mit Ende Juni soll diese Tagesstätte aber stillgelegt werden, weil sie sich nicht rechnet. Das Minus beträgt rund 60.000 Euro. Für die Besucher und deren Familien ist das eine echte Katastrophe.

Aufgezeigt Tagesstätte Ferlach steht vor Schließung

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Margit Neussel bringt ihre Tante Hilde mit dem Rollstuhl in die Tagesstätte

Tagesstätte ist große Entlastung für Angehörige

Margit Neussel hat ihre Tante Hilde in der Tagesstätte ins Bezirksaltenwohnheim Ferlach/Rosental in Betreuung. Hildegard Wachtel ist 94 und leidet an Demenz. In ihrer Welt ist sie ein Kind: „Ich liebe die Schule. Die Lehrerinnen sind nett, die Schüler sind nett. Es ist nett in der Schule.“ Neussel: „Die Tagesstätte ist ihre Schule und die ist absolut wichtig für sie. Am Wochenende ist sie ganz traurig, dass keine Schule ist.“

Noch trauriger wäre Tante Hilde, wenn sie von der geplante Stilllegung der Tagesstätte wüsste. Ende Juni will der Sozialhilfeverband Klagenfurt das Wohnheim stilllegen. Margit Neussel weiß das seit Mitte Mai und weiß nun nicht, was sie nach der Schließung mit Tante Hilde tun soll. Neussel: „Das wäre der absolute Horror. Ich hatte sie bereits 13 Monate rund um die Uhr und war psychisch am Ende. Dann habe ich Gott sei Dank diese Tagesstätte entdeckt und bin so dankbar dafür gewesen.“

Aufgezeigt Tagesstätte Ferlach steht vor Schließung

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Tante Hilde und ihre Nichte Margit Neussel

Beschäftigung und soziale Kontakte

Auch für Maria Magdalena Bergmann ist die Tagesstätte sehr wichtig. Sie bringt ihren Mann zwei Mal die Woche halbtags in die Tagesstätte: „Das ist hier super. Daheim sind nicht so viele Leute, die sich mit ihm beschäftigen, weil eine andere Arbeit auch ist. Hier kommt er unter Leute und hat soziale Kontakte. Er ist sehr glücklich, dass er her gehen kann.“ Otto Just ist am längsten hier: „Meinen Frau ist gestorben. Hier bin ich nicht alleine. Die beiden Damen haben mich aus meinem Tief geholt. Es wäre schade, wenn sie das Heim auflassen würden.“

Aufgezeigt Tagesstätte Ferlach steht vor Schließung

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Gemeinsame Beschäftigung im Bezirksaltenwohnheim Ferlach

Leistbare Alternative zur 24-Stunden-Betreuung

Mit 40 Euro pro Tag ist die Betreuung für die Familien leistbar. Am Abend sind die Besucher bei den Familien zu Hause. Die Tagesstätte ist für sie eine sinnvolle und günstige Alternative zum Heim oder zur 24-Stunden-Pflege. Die drohende Schließung durch die zu geringe Auslastung sei selbst verschuldet, kritisierte Margit Neussel: „Wenn ich keine Werbung mache, wird es wahrscheinlich überall gleich sein. Vor allem darf man jetzt keinen Aufnahmestopp machen. Auf der einen Seite hat man zu wenig Leute und auf der anderen Seite gibt es den Aufnahmestopp. Da kann nichts werden.“

Aufgezeigt Tagesstätte Ferlach steht vor Schließung

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Der Bezirkshauptmann von Klagenfurt Land, Johannes Leitner

Das stimme so nicht, sagte Johannes Leitner, der Bezirkshauptmann von Klagenfurt Land. Er ist Geschäftsführer vom Sozialhilfeverband und verweist auf Werbung in Regionalmedien und im Bürgermeisterbrief. Wegen der Stilllegung habe man niemanden mehr aufgenommen, das wäre ja auch fahrlässig, gab er zu bedenken. „Die Tagesstätte ist für zehn Personen genehmigt. Es sind maximal fünf bis sechs Personen, die diese Tagesstätte besuchen und das auch nicht jeden Tag, oft nur ganz vereinzelt im Monat.“

Auf die Frage von „Aufgezeigt“-Redakteurin Gudrun Maria Leb, ob man denn nun die bisher Betreuten - zum Teil an Demenz oder Parkinson erkrankte Personen - einfach auf die Straße stellen könne, sagte Leitner, er habe dafür bedauerlicherweise keine Lösung an zu bieten. „Es tut auch den Eigentümern - das sind die Gemeinden im Bezirk Klagenfurt Land - sehr leid dass die Tagesstätte stillgelegt werden soll.“

Aufgezeigt Tagesstätte Ferlach steht vor Schließung

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Land nicht informiert: Frist bis Ende August

Aber ganz so einfach geht das doch nicht, denn das Land Kärnten zahlt bei der Tagesstätte kräftig mit. das Land hätte drei Monate vor der Stilllegung schriftlich informiert werden müssen, so sieht es das Kärntner Heimgesetz vor. Tatsächlich wurde das Land erst durch „Aufgezeigt“ von der geplanten Stilllegung informiert und reagierte sofort. Demnach muss die Tagesstätte zumindest noch drei Monate geöffnet bleiben, bis 31. August, sagte uns das Sozialreferat des Landes. In dieser Zeit soll nach Lösungen gesucht werden, wie das vom Sozialhilfeverband auch immer geplant gewesen sei. Leitner: „Der Verband bemüht sich, Lösungen zu finden, so dass es in absehbarer Zeit wieder zu einer Betreuung kommen kann.“

Sendungshinweis:

Aufgezeigt, 20. Juni 2017

Das bedeutet mit anderen Worten: Wenn sich bis Ende August zehn Senioren für die Tagesstätte finden, dann gibt es keine Stilllegung. Eine Evidenzliste wird ab sofort geführt. Die Tagesstätte ist ja, neben allen anderen Vorteilen, die kostengünstigste Betreuungsform für Seniorinnen und Senioren, die noch nicht ins Heim müssen.