Sachwalterschaft: Klient fühlt sich entmündigt

Seit drei Jahren hat ein pensionierter Klagenfurter eine Sachwalterin. Diese hätte ihm aber weder Kontoauszüge noch andere Informationen zukommen lassen. Er stellte beim Bezirksgericht den Antrag, um wieder selbst über sein Geld verfügen zu können.

Roman Frutschnig fühlt sich entmündigt. Er hat 1.500 Euro Einkommen, kann aber nur 250 Euro pro Monat für seine persönlichen Bedürfnisse nutzen. Seit drei Jahren kümmert sich eine Sachwalterin um sein Vermögen und verwaltet sein Konto. Roman Frutschnig war spielsüchtig und hatte aus dieser Zeit Schulden angehäuft. Der pensionierte Müllmann kritisiert die Sachwalterin. „Mich stört, dass man nix erfährt. Die geben einen nicht einmal Geld, wenn man es braucht.“

4.000 Besachwalterte in Kärnten

Mehr als 4.000 Kärntnerinnen und Kärntner haben vom Gericht einen Sachwalter zugewiesen bekommen. Sachwalter sollen die Betroffenen unterstützen, wenn sie im Leben nicht mehr allein zurecht kommen.

Die Sachwalterin wurde ihm vom Verein „VertretungsNetz“ zur Seite gestellt. Der österreichische Verein ist für Menschen tätig, die aufgrund einer psychischen oder intellektuellen Beeinträchtigung nicht selbst für ihre Rechte eintreten können.

Nur einen Kontoauszug erhalten

Die Sachwalterin von Roman Frutschnig kümmert sich um seine laufenden Ausgaben, um Miete und Fixkosten, seine Pflegerin, die drei Mal wöchentlich zum Beine verbinden und zum Putzen kommt, und um das Essen auf Rädern. Das alles habe die Sachwalterin mit ihm gemeinsam organisiert, sagt Roman Frutschnig. Aber was das alles genau kostet, das weiß Roman Frutschnig nicht.

„Seit ich die Sachwalterschaft habe, habe ich noch nie einen Bankauszug gesehen, weder ein Einkommensnachweis, noch ein Ausgabennachweis. Im vergangenen Monat ist sie einmal mit einem Zettelchen gekommen, aber da hatte ich meine Ausgaben schon selbst ausgerechnet.“ Frutschnig würde dennoch gerne wissen, ob auf seinem Konto ein Guthaben oder ein Minus verbucht ist.

Aufgezeigt Sachwalterschaft

ORF

Roman Frutschnig ist mit seiner Sachwalterin unzufrieden

Roman Frutschnig regte sich beim VertretungsNetz auf, er forderte auch eine Kontoübersicht ein. Bis auf diesen einen Kontoauszug bekam der Klagenfurter aber nach eigenen Angaben keine Unterlagen ausgehändigt.

Sachwalterschaft: So wenig Einschränkung wie möglich

„Aufgezeigt“ fragte beim VertretungsNetz nach und bekam von der Bereichsleitung klärende Antworten. Aber das Interview wurde einen Tag später zurückgezogen. Weil „Aufgezeigt“ dennoch objektiv berichten will, ersuchten wir das Vertretungsnetz um schriftliche Stellungnahme zu den drei Vorwürfen:

Zum Vorwurf, dass sich Roman Frutschnig entmündigt fühlt, heißt es in der Stellungnahme: „Sachwalterschaft schränkt tatsächlich - ähnlich einer Entmündigung - ein, diese Einschränkung ist aber so eng wie möglich gefasst und bewahrt den Klienten vor gravierenden Nachteilen.“

Zum Vorwurf, Herr Frutschnig müsse bei Anschaffungen immer zu seiner Sachwalterin „betteln gehen“ meinte das Vertretungsnetz schriftlich: „Für die täglichen Geschäfte verfügt der Klient selbst über die möglichen Mittel. Größere Anschaffungen müssen mit der Sachwalterin besprochen werden. Sie ist verantwortlich, dass das Konto nicht überzogen wird.“

Zum Vorwurf, dass Herr Frutschnig trotz mehrmaliger Urgenz keine Kontoauszüge erhielt und seit drei Jahren keinen Bericht über seine Vermögensverwaltung, schrieb der Verein: "Alle unsere Klienten werden laufend über ihre Finanzen informiert. Alle Kontoauszüge und Übersichten werden, auf Wunsch in Kopie an sie übergeben. Der Klient hat diesen Wunsch erstmals nach dem Kontakt zu „Aufgezeigt" geäußert.“

Aufgezeigt Sachwalterschaft

ORF

Aufgezeigt-Redakteurin Gudrun Maria Leb mit Roman Frutschnig auf dem Weg ins Bezirksgericht Klagenfurt

Sendungshinweis:

„Aufgezeigt“, Radio Kärnten, 24.10.2017

„Sachwalter brauchen Fingerspitzengefühl“

Aufgezeigt-Anwalt Felix Fuchs ist mit der Problematik vertraut. Bei einer Sachwalterschaft sei Fingerspitzengefühl notwendig. Vieles sei auch aus dem Blickwinkel der Menschenrechte zu sehen. Sachwalter seien aber auf Nachfrage verpflichtet, die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Außerdem müssten sie jedes Jahr einen Bericht beim Gericht abliefern und Rechenschaft über die Ausgaben ablegen.

Roman Frutschnig will jedenfalls keine Sachwalterschaft mehr und stellte beim Bezirksgericht ein dahingehendes Ansuchen. In wenigen Tagen will das Gericht entscheiden, ob er weiter von einem Sachwalter unterstützt werden soll oder ob er sein Geld alleine verwalten darf.

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