Möwen auch in Kärnten beheimatet

Möwen gibt es nicht nur am Meer. Was viele nicht wissen: auch in Kärnten, etwa an der Drau oder an den zahlreichen Seen, sind sie zu finden. Die Artenvielfalt ist groß.

Wer glaubt, in Österreich gäbe es keine Möwen, der irrt. Die Vögel reisen extrem lange Strecken zwischen Nordeuropa und der Adria und lassen sich auch manchmal gerne im Land der Berge nieder. Remo Probst von BirdLife Österreich erforscht die Vögel mit großer Begeisterung.

Von Lach- bis Mittelmeermöwe

Es gibt nicht nur die eine Möwe. In Kärnten gibt es laut Probst ungefähr zehn Arten. Zwei davon kommen relativ häufig vor: „Eine ist die kleine Lachmöwe, die man von Spaziergängen auf der Draubrücke in Villach oder vom Metnitzstrand in Klagenfurt kennt." Sie war bis Ende des 19. Jahrhunderts Brutvogel in Kärnten. „Damals gab es noch ein großes Moorgebiet bei Maria Saal. Durch starke Entwässerung ist dieser Vogel als Brutvogel verschwunden. Allerdings kommen die Lachmöwen im Winter zu uns, da die Bedingungen in Nord- und Osteuropa zu hart werden.“

Die zweite ist die Mittelmeermöwe, die man etwa in Kroatien und Italien immer wieder in den Häfen zu sehen bekommt. Bei dieser Art sei es genau umgekehrt, schildert der Vogelexperte: „Sie ist erst in jüngster Zeit bei uns eingewandert, ist als Brutvogel etabliert und wird immer häufiger.“

Möwen Rovinj

ORF/Daniela Winkler

junge Mittelmeermöwe

Probst schätzt, dass es an die zehn Brutpaare in Kärnten gebe: „Vor allem entlang der Drau, es wird aber jetzt auch bei den Seen häufiger. Bis 1980 sind wir noch von einer Großmöwenart ausgegangen, der sogenannten Silbermöwe, die dann 1981 in zwei Arten getrennt wurde, in die Weißkopfmöwe und die Silbermöwe.“ Seit 2001 werden drei Arten unterschieden: die Mittelmeermöwe, die Steppen- und die Silbermöwe.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Family/Cabrio, 8.8.16

Unterscheidung auch für Experten oft schwer

Die Bestimmung der unterschiedlichen Möwenarten ist auch für die Vogelexperten eine große Herausforderung. Man braucht viel Geduld und Erfahrung. „Das sind diffizile Unterschiede, zum Beispiel in der Flügelzeichnung, im Mauserzyklus, in der Helligkeit von Schnäbeln und Beinen, in den Proportionen wie Halslänge, Beinlänge, selbst die Augenfarbe spielt eine Rolle“ erklärte der Wissenschaftler.

Gebäude als Felsersatz

In Osteuropa und Skandinavien wird vor allem in Teichgebieten gebrütet, in Kroatien brüten die Mittelmeermöwen zum Beispiel auf kleinen Inseln oder in Felswänden. Aber auch in Kärnten gibt es viele Brutmöglichkeiten für die Möwe. „Zum Beispiel auf kleineren, vergrasten Inseln in Stauseen oder auch auf Gebäuden, die für die Möwe quasi Felsen sind.

Möwen Rovinj

ORF/Daniela Winkler

Im Urlaub etwa in Rovinj werden Möwen oft gesehen

Dabei fliegt sie dann auch oft sehr weite Strecken, um zu Gewässer zu gelangen“, erklärte der Vogelexperte. Gewässer sind für Möwen nämlich ungemein wichtig. „Sie können zwar auch am Acker Nahrung suchen, aber sie schlafen und ruhen am Wasser.“

Langstreckenflieger mit Allzweckschnabel

Denkt man an Möwen, haben die meisten ein ganz klares Bild vor Augen. Laut Probst haben praktisch alle Möwen lange, spitze Flügel. „Physikalisch bedeutet das, dass sie einen sehr guten Auf- und Vortrieb haben und das heißt, dass sie sehr weite Strecken sehr effizient überwinden können.“.

Markant sei auch der Schnabel, der zwei wichtige Funktionen erfüllt: „Es ist ein Allzweckschnabel, mit dem man Fische und Tiere öffnen und zerkleinern kann." Er diene auch der Kommunikation bzw. Signalgebung für die Artgenossen: "Zur Brutzeit wird der Schnabel besonders hellgelb. Das ist ein Zeichen für ‚Ich bin jetzt in Brutstimmung, ich bin bereit, ich bin aber auch aggressiv gegenüber jemandem, der meinen Brutplatz oder der mein Weibchen haben will.’“

Leben in der Gruppe

Es gibt natürlich auch andere Formen der Signalgebung. Manche Möwen brüten in Kolonien und müssen sich mit ihren Artgenossen verständigen. Diese Kommunikation erfolgt stimmlich und körperlich. „Die Möwe macht auch eine Form der Begrüßung oder stellt sich jemandem aggressiv entgegen und sagt ‚bis hierher und nicht weiter, das ist mein Nest, das ist mein Weibchen, das ist meine Nahrungsquelle‘ und da sie relativ intelligente Vögel sind, ist eben auch dieses System an Lautäußerungen, das gesamte Kommunikationssystem, ziemlich ausgereift“, so Probst.

Kärnten als Ausweichgebiet

Laut dem Vogelexperten kann man die Herkunft der Möwen zum Beispiel durch die Beringung feststellen. Durch die Ringfunde wissen sie, dass ostadriatische Vögel nach Norden ziehen, während zum Beispiel italienische Vögel, die dann ins Ackerland gehen, kaum nach Mitteleuropa ziehen. „Das ist eben so, dass im Mittelmeer mit dem Ansteigen der Temperaturen im Sommer die Nahrungsbasis, vor allem was Fisch anbelangt, sehr stark rückläufig ist."

Für die Vögel gebe es kaum Alternativen, wenn es nicht irgendwelche Müllkippen gebe: "Diese Möwen ziehen dann nach Norden, um hier bei uns ihr Glück zu versuchen und auch noch viel weiter in den Norden, nach Deutschland, usw.“, so Probst.

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