Unfälle: Viele trauen sich nicht zu helfen

Wer zu einem Unfallort kommt, muss helfen, so der Grundsatz und die Verpflichtung. Zumindest muss man die Retter rufen, sie einweisen und die Unfallstelle sichern. Die Profis stellen fest, dass sich Laien oft nicht trauen, zu helfen. Das kann Leben kosten.

Die Notärzte und Sanitäter sind zwar mit Rettungswagen und Helikopter sehr schnell bei Unfallopfern, Ersthelfer sind oft aber noch wichtiger. Eine von ihnen ist Notärztin Helene Lercher mit vielen Jahren Erfahrung im Rettungswagen. Seit einem Jahr fliegt sie auch mit dem Rettungshubschrauber Alpin 1 mit. Die Anästhesistin aus dem Klinikum Klagenfurt weiß, wie wichtig Erste Hilfe ist, noch bevor die Spezialisten helfen können.

Helene Lercher Notärztin

Helene Lercher

Notärztin Helen Lercher

Bei ihren vielen Einsätzen machte sie die Erfahrung, dass oft zu spät geholfen werde: „Bei den meisten ist die Ausbildung im Rahmen vom Führerschein schon lange her, in Ausnahmesituationen wissen sie dann nicht mehr, was sie machen sollen. Sie denken, jemand anders wird schon helfen.“ Die Profis wünschen sich aber, dass sie vor Ort bleiben und dass man sie auch zu Hilfe heranziehen könne.

Viele erschrecken sich vor Blut

Zum Beispiel am Kopf kann schon eine kleine Wunde sehr schlimm aussehen und stark bluten. Das erschreckt viele Menschen, das kann auch Lercher verstehen. Hilfe sei aber gar nicht so schwierig: Man müsse nur mit einer sterilen Kompresse die Wunde abdecken und pressen. Man sei auch komplett davon abgegangen, verletzte Gliedmaßen abzubinden, Fingerdruck mit steriler Abdeckung reiche oft aus. Man dürfe nur nicht mehr lockerlassen, so die Notärztin.

Günter Steinwender

ORF/Peter Matha

Günter Steinwender ist Retter am Wasser und am Berg

Je mehr Routine oder Training man hat, desto leichter bekommt man auch bei der Ersten Hilfe Routine. Außerdem gibt es telefonische Hilfe vom Roten Kreuz. Die Landesleitstelle könne in Reanimationssituationen die Helfer vor Ort anleiten, bis die Retter kommen. Handy auf Lautsprecher schalten und den Anweisungen folgen.

  • A – Airway (Atemwege frei?
  • B – Breathing (Atmung, Sauerstoffsättigung)
  • C – Circulation (Kreislauf, Puls, Blutungen Brüche)
  • D – Disability (Neurologie, Pupillen, Bewusstsein, Blutzucker)
  • E- Environment/Exposure (Bodycheck, Entkleidung).

Lercher hat wie viele andere Notärzte ein Schema, nach dem sie vorgeht: Die ABCDE-Herangehensweise, das ist einfach zu merken, kann von Laien aber natürlich nicht verlangt werden. Sie müssen auf jeden Fall 144 wählen.

Gefahren am Wasser und in Bergen

Der Gailtaler Günter Steinwender ist Polizist, Berg- und Wasserretter. Er weiß, wo es am häufigsten zu Problemen kommt: „Am Wasser haben wir oft Insektenstiche oder wenn jemand stolpert und Platzwunden hat. Viele überschätzen sich im See und kommen nicht mehr zum Ufer zurück.“

Echte Ertrinkungsfälle seien am Pressegger See selten. Vor einigen Jahren habe es während eines Kurses einen Ernstfall gegeben, da konnte einem jungen Mann das Leben gerettet werden. Wenn jemand untergeht, habe er keinen Sauerstoff in der Lunge, da müsse man beatmen ggf. auch Herzdruckmassage machen. Seien Vitalfunktionen vorhanden, müsse man den Patienten in die stabile Seitenlage bringen, bis die Rettung kommt.

Erste Hilfe Kurs Kinder

ORF/Peter Matha

Früh übt sich, wer helfen lernen will

Kreislauf versagt bei langem Sonnenbad

Ein zu langes Sonnenbad sei oft kritisch, laut Steinwender. Viele fallen um, wenn sie danach aufstehen und die Blutgefäße erweitert seien. Beine hochlagern, damit das Blut zurückrinnt, die Menschen sollten dann im Schatten bleiben. Und dass man mit vollem Magen nicht Schwimmgen gehen soll, ist kein Ammenmärchen, sondern unter Umständen lebensrettend.

Auf den Bergen dauert es oft lange, bis Hilfe bei einem Verletzten ankommt. Da ist oft Improvisation gefragt, so Steinwender. Bei Stürzen sei die Bergung wichtig, wie könne man eine Wunde durch Steine oder ausgekugelte Gelenke versorgen. Da gehe es um Lagerung und Schmerzlinderung, bis die Retter kommen. Das Wichtigste bei jedem Unfall: Nerven bewahren.

Erste Hilfe Kurs Kinder

ORF/Peter Matha

Kinder lernen Erste Hilfe

Das Jugend-Rot-Kreuz bietet Erste-Hilfe-Kurse für Volksschulen an, zum Beispiel an der Friedensvolksschule in Klagenfurt. Zehnjährige lernen Verbände anzulegen oder Hilfe bei Nasenbluten. Sie lernen, was sich Erwachsene oft nicht trauen. Den Beginn macht ein richtiger Notruf unter 144, welche Informationen müssen die Retter bekommen: Name, Adresse, was ist passiert.

Sendungshinweis:

Radio Kärnten Thementag; 4.7.2016

Was ist zu tun, wenn jemand bewusstlos daliegt? Wenn jemand auf Berührung nicht reagiert, aber atmet, weiß eine Zehnjährige. Dann würde sie die Rettung rufen. Nasenbluten kann bei Kinder oft vorkommen. Viele Ältere lernten noch, dass man den Kopf nach hinten legen muss, das ist falsch. Kaltes Tuch in den Nacken und den Kopf nach vorne beugen ist die heute das Mittel der Wahl.

„Können auf jeden Fall helfen“

Die Kinder lernen sogar, wie man einen Druckverband bei einer blutenden Wunde anlegt. Elke Pauschitz unterrichtet sonst meist Erwachsene, die Kinder sind etwas ganz Besonderes: „Wir fangen schon im Kindergarten an. In der Volksschule gibt es Helfi 1 und Helfi 2. Die Kinder können auf jeden Fall helfen und sogar Erwachsenen Anweisungen geben“, so die Lehrerin. Ein Bub hat einen Vater mit Diabetes, in der Schule lerne er nun, wie er helfen könne.

Für Eltern und alle Interessierten gibt es auch Kinder-Notfallkurse, wo man lernt, Babys und Kinder im Notfall richtig zu versorgen.