Erneut Hausdurchsuchungen in Causa Baukartell

In den Ermittlungen gegen ein österreichisches Baukartell von rund 50 Baufirmen hat es erneut Hausdurchsuchungen gegeben. Ihren Anfang nahmen die Ermittlungen in Klagenfurt mit dem Fund eines fragwürdigen Aktenordners.

Die Ermittlungen werden gegen 220 namentlich bekannte Beschuldigte geführt, das bestätigte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Der Schwerpunkt der Ermittlungen liege in Kärnten, der Steiermark und in Niederösterreich. Illegale Preis-Absprachen soll es bei mehr als 350 Vergabeverfahren gegeben haben. Ermittelt wird unter anderem gegen die Unternehmen STRABAG, Porr und Teerag-Asdag. In den letzten zwei Tagen gab es weitere Hausdurchsuchungen bei zumindest zehn weiteren Standorten, darunter auch Standorte in Kärnten. Die STRABAG bestätigte auch Durchsuchungen in Privathäusern von Mitarbeitern, die Ermittlungen dürften sich also zuspitzen.

Thanner: „Kronzeugen unter Druck“

Es handle sich um „ein sehr, sehr großes Ermittlungsverfahren“, erklärte der Chef der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), Theodor Thanner, am Mittwoch im Ö1-„Mittagsjournal“. Es hätten sich „mehrere Kronzeugen gemeldet und ihre Informationen über dieses große Kartell offengelegt“. Er „höre, dass diese Firmen mittlerweile einem Druck in der Branche ausgesetzt sind“, also gezielt keine Aufträge mehr bekämen, sagte Thanner. Wer die Kronzeugen sind, könne er aus ermittlungstechnischen Gründen nicht sagen, aber man verfüge schon über sehr detaillierte Informationen zu diesem Baukartell und „eine große Menge an Unterlagen, insbesondere elektronischer Natur“.

Hinweise darauf, ob auch die oberste Hierarchieebene in den betreffenden Baufirmen involviert sein könnte, habe man derzeit nicht, so der Direktor der Wettbewerbsbehörde. Verteidigen würden sich Unternehmen - trotz der bei den Bilanzpräsentationen ausgewiesenen Gewinne - damit, dass es wirtschaftlich notwendig sei, Preisabsprachen durchzuführen, damit man im Markt bleibe.

„Geschädigte sind die Steuerzahler“

„Geschädigte bei diesen Preisabsprachen sind die Steuerzahler, weil es zum Großteil um öffentliche Aufträge geht“, sagte der BWB-Chef. Man könne - entsprechend internationalen Daten - sicher davon ausgehen, dass bei Kartellen und Preisabsprachen die Preise um ungefähr 20 Prozent steigen. In den konkreten Fällen müsse man die Gerichtsverfahren abwarten.

Fragwürdige „Topf“-Notiz

Mit dem Fund eines fragwürdigen Aktenordners begannen die Ermittlungen vor rund zwei Jahren in Klagenfurt – mehr dazu in Causa Baukartell zieht weite Kreise. Steuerfahnder fanden in dem Ordner Tabellen zu 54 Bauvorhaben mit handschriftlichen Notizen - wie etwa der Notiz „Topf“. Aus diesem „Topf“, so interpretierte der Oberste Gerichtshof (OGH) in einem Urteil, erhielten in einem Bieterverfahren unterlegene Baufirmen Geld. Die Baufirmen vereinbarten demnach vorab, welche Firma ein Bieterverfahren gewinnt. Diese Firma musste Geld in den „Topf“ einzahlen, aus diesem erhielten dann die anderen Unternehmen Geld.

Ein anderer handschriftlicher Vermerk lautete „hat etwas gut“. Das könnte laut OGH so interpretiert werden, dass sich eine Firma beim Legen eines Angebots zurückhält und dafür einen Subauftrag von jener Firma erhält, die im Bieterverfahren das Rennen macht. In Klagenfurt gefunden wurde auch die Notiz „Abtausch“. Ein mögliche Interpretation ist hier laut OGH der Tausch von Aufträgen: Ein Baukonzern bekommt einen Auftrag, der unterlegene Konzern kommt dafür bei einem der nächsten öffentlichen Aufträge an die Reihe.

Jahrelange Absprachen werden vermutet

Grundlage für das Urteil des OGH war eine Beschwerde des Swietelsky-Konzerns gegen die Hausdurchsuchungen vor einem Jahr. Der OGH lehnte die Beschwerde in seinem Urteil ab. Darin sprach der OGH auch von einem österreichweiten Baukartell und jahrelangen Absprachen. Der Ordnerfund in Klagenfurt hatte jedenfalls weitreichende Folgen: Vor einem Jahr gab es von Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und Bundeswettbewerbsbehörde Hausdurchsuchungen bei rund hundert Firmenstandorten in Österreich.