Frauen beim Heer: Der lange Weg zur Integration

„Teils ein Fremdkörper“, „plötzlich war es im Speisesaal leise“: Die Anfänge der Frauen beim Bundesheer vor 20 Jahren waren nicht immer leicht, erzählt die Kärntner Pionierin Marianne Fanninger. Heute sieht sie Frauen weitgehend integriert.

„Frau Oberstabswachtmeister“, so lautet der offizielle Dienstrang von Marianne Fanninger. Sie ist eine von 185 weiblichen Unteroffizieren in Österreich. Schon vor 17 Jahren entschied sich die Klagenfurterin für das Bundesheer. Damals seien weibliche Soldatinnen noch eine Seltenheit gewesen, sagt sie. Vieles habe sich seitdem verändert: „Frauen beim Heer sind mehr zur Selbstverständlichkeit geworden. Wenn heute eine Frau über den Kasernenhof geht, dann ist das nichts Besonderes mehr.“

Bundeslandfenster Bundesheer Frauen Fanninger

Bundesheer/Debelak

Oberstabswachtmeister Marianne Fanninger

Anders war das, als Fanninger vor 17 Jahren beim Heer begann, damals gab es in Kärnten insgesamt sieben Soldatinnen. „Wenn eine Soldatin in den Speisesaal kam, dann war es da plötzlich leise.“ Vorbehalte gab es „selbstverständlich“, sagt Fanninger. „Man hat sich teils schon als Fremdkörper gefühlt.“ In der eigenen Einheit waren die Vorbehalte aber rasch abgebaut, „man musste eben schnell Zugang zu den Kollegen finden und sich schnell in den täglichen Dienst integrieren.“

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Fanninger bei einer Übung im Scharfschießen

Am 1. April 1998 rückten die ersten Frauen ein, österreichweit sind es derzeit 612 Soldatinnen, in Kärnten sind es 74. Insgesamt zählt die Truppe - ohne Grundwehrdiener - etwa 16.000 Soldatinnen und Soldaten. Der Anteil der Frauen beläuft sich damit auf weniger als vier Prozent – mehr dazu in 20 Jahre: Immer noch wenige Frauen beim Heer (oesterreich.ORF.at).

„Man möchte sich im Männerjob beweisen“

Leicht war die Integration vor allem außerhalb der eigenen Einheit allerdings nicht immer, erzählt Fanninger: „Es war teils schon schwierig, sich zu integrieren, ein Teil vom Team zu werden und sich als Teammitglied zu beweisen.“ Auch habe sie sich selbst viel Druck gemacht: „Man möchte sich als Frau in einem Männerjob schon beweisen, man möchte zumindest so gut wie die Männer sein – und das kostet Kraft und Ausdauer.“ Eine Bevorzugung lehnt sie strikt ab: „Ich hatte vom ersten Tag an nie das Gefühl, als Frau bevorzugt zu werden. Das wollen auch wir Frauen auch nicht.“

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Heute bildet Fanninger beim Heer Rettungssanitäter aus

„Ganz ohne Probleme“ verliefen auch die Eignungstests nicht, gesteht Fanninger. „Vor allem die körperliche Eignung und Belastung sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen, auch später bringen die Ausbildung und der tägliche Dienst dich manchmal an die Grenzen.“ Acht Liegestütze (Männer 15), 28 Zentimeter Hochstrecksprung (Männer 37 Zentimeter) und sechs Klimmzüge im Schräghang (Männer 10) gehören zum Beispiel derzeit zum körperlichen Eignungstest für Frauen.

Weibliche Stärken in der Männerdomäne

Dass Soldatinnen nun beim Heer selbstverständlicher sind, freut die Berufssoldatin: „Soldatinnen sind mehr Teil des Ganzen, sie bringen Abwechslung und Balance in das Heer.“ Auch für den Teamgeist und das Miteinander könnten Frauen einen wichtigen Beitrag beim Heer leisten.

Girls Day 2018

Am 26. April veranstaltet das Militärkommando Kärnten wieder eine Girls Day in den Kaserne Lendorf und informiert über die Einstiegsbedingungen.

Frauen haben beim Heer – auch bei Auslandseinsätzen - getrennte Räume und Sanitäranlagen zur Verfügung haben, das sei sinnvoll und wünschenswert, sagt Fanninger, „nicht nur für uns Frauen, auch für die männlichen Kollegen.“

Traumatischer Einsatz im Bürgerkrieg

2001 rückte Fanninger beim Artillerieregiment 2 ein. Sie war ausgebildete Altenfachbetreuerin und Pflegehelferin, bevor sie sich mit 21 Jahren für eine Karriere beim Bundesheer entschied, auch durch eine „familiäre Vorbelastung“, sagt sie. Vor allem, die Möglichkeit für Auslandseinsätze war Motivation für Fanninger. „Das war mein oberstes Ziel, darauf habe ich mich vorbereitet.“ Vier Auslandseinsätze in Syrien, Bosnien und dem Kosovo absolvierte sie bislang.

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Auslandseinsatz in einem Medical Center

Heute ist Fanninger Lehrunteroffizier in der Sanitätslehrkompanie in Klagenfurt. Nicht immer eine leichte Zeit: „Als Sanitätsunteroffizier sieht man viele dramatische Dinge, etwa im Bürgerkrieg in Syrien. Plötzlich wurden die Bilder aus der Lehrmappe real.“

Zahl der Soldatinnen steigt an

Die Zahl der weiblichen Soldaten stieg in den letzten zwei Jahren rasant an. Waren es 2016 bundesweit noch 394 Soldatinnen, stieg ihre Zahl 2017 auf 519 an und 2018 bislang auf 612. Bedingt sei der Anstieg durch einen Imagewechsel nach der Flüchtlingskrise, sagt Pressesprecher Hauptmann Christoph Hofmeister. Die Soldatinnen seien in allen Bereichen tätig – von der Sanitäterin bis zur Pilotin. Zum Generalstabsoffizier schaffte es beim österreichischen Heer bislang eine Frau.

Generell sei die Zahl der Frauen im Heer also steigend. "Wir freuen uns darüber. Frauen können beim Heer viel einbringen“, so der Hauptmann. Die Herausforderung sei natürlich, sich in einer Männerdomäne zu behaupten. „Jede Frau muss bei uns ihren Mann stehen.“

“Ich will die Gleichbehandlung weitergeben“

Marianne Fanninger erfüllte sich mit ihrem Job jedenfalls einen Lebenstraum. Als Ausbildnerin versucht sie nun, keinen Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Soldaten zu machen. In ihrer Laufbahn sei sie immer fair behandelt worden, „und diese Gleichbehandlung will ich weiter geben.“

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